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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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von 13 Jahren und 9 Monaten erreicht hatte, wurden ihr von einer streng blickenden Angehörigen der Kirchengemeinde unter vier Augen zwei Tatsachen mitgeteilt. Sie sei jetzt alt genug, um ein Kind bekommen zu können, und Gott würde sie für immer aus seinem Herzen verdammen, wenn sie sich mit Jungens einlassen würde. Die Verbindung, die zwischen diesen beiden Fakten bestand, wurde nicht näher erklärt. Zufälligerweise bekamen Elly und Laura diese Informationen am selben Tag vorgebetet. Beide lauschten respektvoll im verdunkelten Zimmer den gleichfalls dunklen Worten. Als die »hilfreiche« Dame gegangen war, sagte Laura Lou mitleidig: »Viel hat sie ja nicht gerade gesagt. Vermutlich weiß sie selbst nicht mehr.« Instinktiv war es Laura Lou völlig klar, daß ihr Körper für bestimmte Zwecke so konstruiert worden war, und sie kündigte Elly an, daß sie schon herauskriegen würde, was das für Zwecke seien. Sie ging das Problem nach Art mathematischer Aufgaben an, die sie meist gut zu lösen verstand. Was sie aus
    den ihr zugänglichen mageren Informationen nicht schließen konnte, besorgte ihre Phantasie. Ihre Schlüsse waren natürlich nicht immer richtig, vor allem hatte sie ein falsches Bild von der Rolle des Mannes. Eines Nachts jedoch versicherte sie Elly mit Überzeugung:    »Männer können gar nicht so
    verschieden von Pferden sein.«
    Das Beste an Laura Lou war ihr nie ermüdender Enthusiasmus, ihre Begierde, Neues kennenzulernen. Sie studierte insgeheim die verschiedenen Männer, die das Waisenhaus besuchten. In langen nächtlichen Unterhaltungen verriet sie Elly, was sie von ihnen hielt. »Es müßte himmlisch sein, den jungen Geistlichen zu heiraten. Er ist angenehm und hört gut zu, seine Tischmanieren sind ausgezeichnet, und lachen kann er auch.« Über den Zimmermann sagte sie: »Dünne Männer mag ich nicht, weil sie meistens so nervös sind. Dieser Jack möchte uns an sich gern ansehen, traut sich aber nicht. Den würde ich nicht gern zum Mann haben.« Sie hatte als erste die Vorzüge des Metzgers Levi Zendt erkannt. »Er ist sehr gut gebaut, Elly. Wie ein starker Hengst. Man kann sich bestimmt auf ihn verlassen. Und er ist nicht verklemmt, bloß scheu.«
    Eines Nachts sagte sie ganz überraschend: »Elly, du hast dich in Levi Zendt verliebt. Ich habe es heute deutlich gemerkt.«
    Sie unterhielten sich häufig darüber, was ein Waisenmädchen ohne Mitgift und mit nicht einmal mittelmäßigem Aussehen tun könnte, um einen reichen Mann wie Levi Zendt zu kriegen. Laura Lou hatte eine Idee. »Ich glaube, daß Männer es gern haben, wenn man sie liebt. Man muß ihnen nur immer wieder sagen, daß sie einem mehr als alles andere auf der Welt bedeuten.«
    »Woher willst du das wissen?« fragte Elly erstaunt. »Ich habe das sichere Gefühl«, erwiderte Laura Lou überzeugt.
    In der Dämmerung fuhren die frisch Vermählten durch York, eine saubere deutsche Stadt, in der jedes Haus entlang der Hauptstraße so aussah, als gehörte es einem Bankier. Schließlich gelangten sie zu einem Stück Weideland, das von hohen Bäumen umgeben war. Levi spannte die Pferde aus und brauchte sehr viel Zeit, um sie zum Wasser zu führen. Danach hantierte er noch unnötig mit dem Zaumzeug herum. Elly wußte genau, warum.
    Sie schenkte ihm keine weitere Aufmerksamkeit, sondern ging ihrer eigenen Arbeit nach, ordnete ihre Habseligkeiten im Wagen und richtete auf dem leicht abgeschrägten Boden des Conestoga ihr erstes gemeinsames Lager. Dann holte sie einen Topf, um das letzte Eingepökelte zu kochen, das Levi mitgenommen hatte. Plötzlich bemerkte sie, daß er kein Holz für das Feuer hackte. »Was ist mit dem Holz, Levi?« rief sie. Als er antwortete: »Ich bin nicht hungrig«, packte sie schweigend das Kochgerät wieder ein und gab das Fleisch in das feuchte Tuch zurück. Levi mußte nach dem langen Tag eigentlich halbtot vor Hunger sein. Doch sie glaubte auch zu wissen, warum er nichts essen wollte. Ruhig nahm sie sich eine Näharbeit vor.
    »Du wirst dir die Augen ruinieren«, sagte Levi, als er zum Wagen trat. In seiner Stimme lag so grenzenlose Einsamkeit, daß sie beinahe in Tränen ausbrach.
    »O Levi, ich wünschte mir wirklich, ich wäre hübsch«, sagte sie leise. Er nahm sie in die Arme und küßte sie zum erstenmal. »Für mich bist du hübsch genug«, flüsterte er zärtlich. Mit viel Unbeholfenheit, Verwirrung und falsch angewandter Kraft nahm Levi Zendt Elly Zahm zu seiner Frau. So manche der

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