Colorado Saga
ihre Umgebung, um dem Druck von unten Luft zu verschaffen.
Die so entstandenen Berge zogen sich über einen großen Teil des mittleren Colorado hin und folgten ungefähr der Linie, die die Rocky Mountains später einnehmen sollten. Nach fünf bis zehn Millionen Jahren hatten sie sich zu einer ungeheuren Bergkette herausgebildet.
Vom ersten Augenblick ihrer Geburt an hatten die Berge an einer eindrucksvollen Reihe von Begebnissen teil. Kaum hatten sie ihre Kuppen über die ebene Fläche des Landes hinausgehoben, als kleine Wasserläufe an ihren Flanken zu nagen begannen und winzige Stein- und Sandfragmente davontrugen. Kräftige Winde rissen an ihren niedrigen Gipfeln, eiskalte Winter ebneten Vorsprünge. Immer wieder lösten Erdbeben lockere Felsbrocken, während zu anderen Zeiten Wellen von Binnenseen an ihren Fuß schlugen und das Gestein weiter abtrugen.
Während die Berge alterten, wuchsen die kleinen Wasserläufe zu breiten Flüssen, die, je größer sie wurden, um so mehr Kraft hatten, alles mögliche mitzureißen, so daß sie bald schon abgebrochene Felsblöcke von den Bergen herunterholten, sich tief in den Stein gruben und an den Hängen riesige alluviale Fächer schufen. Und die Berge fuhren ständig fort, sich im selben Maße in die Höhe zu schieben, in dem die Erosionskräfte sie wieder abhobelten.
Dann jedoch hörte dieser Druck von unten aus einem unerfindlichen Grund plötzlich auf, die ehemals riesige Bergkette wurde innerhalb einer Periode von vierzig Millionen Jahren von der Erosion vollkommen abrasiert. Nicht ein einziger Gipfel dieser Gebirgskette blieb übrig. Die legendären Ur-Rockies verschwanden, ihr Gestein wurde, zu Geröll zerkleinert, davongetragen und über die wachsenden Ebenen des östlichen Colorado, von Kansas und Nebraska verteilt. Aus Bergen, die das Land beherrscht hatten, waren Kieselsteine geworden.
Später dann, wie um auch die letzte Spur ihrer Existenz zu tilgen, wurde das Land, auf dem sie gestanden hatten, über einen Zeitraum von achtzig bis neunzig Millionen Jahren, während der Jura- und Kreidezeit, der Zeit der Dinosaurier, in unregelmäßigen Abständen überschwemmt. Ton, Schlamm und Sand wurden von Flüssen mitgetragen und in das Binnenmeer geschwemmt, wo sie langsam nach unten sanken und sich dort zu weichen Schichten sammelten. Im Laufe der Zeit jedoch verdichteten sie sich durch das Gewicht des Wassers und den Druck der Sedimente allmählich zu Tausende Meter dicken Gesteinsmassen.
Somit war die Bühne frei für einen Prozeß, der das Gestein wieder zu einer Bergkette hochschieben sollte. Dieser Prozeß nahm seinen Anfang, als sich die unterirdische Scholle, aus der später ein Teil des afrikanischen Kontinents werden sollte, ganz langsam nach Westen zu bewegen begann. Mit der Zeit wurde die Bewegung dieser Scholle so intensiv - und wurde vermutlich von einer gleichzeitigen Ostwärtsbewegung der amerikanischen Scholle begleitet -, daß ein Zusammenstoß nicht zu vermeiden war. Der Vorgänger des Atlantischen Ozeans wurde so stark eingeengt, daß er fast ganz eliminiert wurde. Die beiden Kontinente kamen tatsächlich miteinander in Berührung, so daß diejenigen Lebewesen, die damals bereits existierten, trockenen Fußes von Amerika nach Afrika und umgekehrt überwechseln konnten.
Während die gesamte Berührung fortdauerte, mußte es an den Rändern, die ja die Wucht des Anpralls auszuhalten hatten, zu Verwerfungen kommen. Der Rand der amerikanischen Platte wurde aufwärtsgedrückt und bildete die Appalachen. Unvermeidlicherweise begann sogleich wieder der Prozeß des Abbaues. Zunächst trieben die Kontinentalschollen auseinander, wobei Afrika und die beiden Amerika ungefähr an der Stelle landeten, wo sie sich heute noch befinden. Und schon vor einhundert Millionen Jahren begannen die Appalachen
- nur noch eine verstümmelte Erinnerung an ihre ursprüngliche Großartigkeit - ihre gegenwärtige Form anzunehmen. Zu jener Zeit machten die Rocky
Mountains den Appalachen noch keine Konkurrenz. Diese Bergkette war noch nicht entstanden, im Gegenteil, der größte Teil Amerikas, von den Appalachen bis nach Utah, war damals ein ungeheures Binnenmeer, aus dem sich das Festland erst sehr viel später erheben sollte.
Unter der Oberfläche dieses Binnensees aber kündigten sich große Ereignisse an. Das gemeinsame Gewicht von Sediment und Wasser, das auf ein relativ schwaches Gebiet des Beckens drückte, fiel zeitlich mit einem Aufwallen von Magma aus dem
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