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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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eine in der blassen Dämmerung kaum sichtbare weiße Fahne.
    »Möchte wissen, ob sie die weiße Fahne auch gezeigt hätten, wenn ich nicht geschossen hätte«, sagte Levi zu sich selbst, als die Indianer mit einem Ruck anhielten. Ein Staubschleier breitete sich über die Wagen, aus denen verschlafene Männer mit geladenem Gewehr stiegen.
    »Hallo!« schrie der Anführer der Indianer. »Speck?« »Jesus«, flüsterte Purchas. »Das ist Jake Pasquinel. Schaut euch die Narbe an seiner rechten Backe an.« Als Hauptmann Mercy den Namen hörte, hielt er den Atem an, trat einen Schritt vor und rief mit lauter Stimme: »Jake Pasquinel! Komm her! Wir haben
    Speck.«
    Die Sioux waren überrascht, daß der Weiße ihren Anführer erkannt hatte, und redeten aufgeregt durcheinander. Doch bevor sie sich noch entschieden hatten, was zu tun wäre, schrie Mercy: »Du auch, Mike Pasquinel. Komm her!«
    Diese weitere Identifizierung brachte die Indianer zum Lachen. Einige stießen andere vorwärts; die Pferde tänzelten, bevor die zwei etwa dreißigjährigen Männer abstiegen und zögernd auf die Wagen zuschritten. Sie sahen gut aus, wirkten zäh und waren auf indianische Art gekleidet. Ihre Haltung war lässig, doch die Hand hatten sie nah am Messer, falls es Ärger geben sollte. Mercy übergab Oliver Seccombe - für die Indianer sichtbar - sein Gewehr und trat vor, um die beiden Männer zu begrüßen. Die blieben stehen, schauten einander unsicher an und gingen dann weiter, bis sie vor dem Hauptmann standen. Mercy streckte die Hand aus. »Jake Pasquinel, ich habe viel von dir gehört.«
    Der Indianer nahm die Hand nicht, sondern fragte vorsichtig: »Woher weißt du meinen Namen?« Mercy packte mit einem schnellen Griff die rechte Hand des Indianers und hob sie in Augenhöhe. »Daran hab' ich dich erkannt«, erwiderte er und deutete auf einen verstümmelten Finger. Dann zeichnete er mit dem Finger die Narbe auf des Mannes rechter Backe nach und fuhr fort: »Und an dieser Schramme.« Er lachte freundlich und sagte: »Wie geht's dir, Jake!«
    »Wer bist du?«
    »Hauptmann Mercy von der amerikanischen Armee.« »Du kommst, um zu kämpfen?«
    »Nein, ich will ein Fort bauen. Ein ständiges Fort.« »Wo?« fragte Jake mißtrauisch.
    »Hol deine Krieger. Wir werden rauchen.«
    Also begann mitten in der offenen Prärie eine Versammlung - mit Hauptmann Mercy, Oliver Seccombe und Sam Purchas auf der einen Seite, den Pasquinel-Brüdern und zwei Oglala-Häuptlingen auf der anderen. In einer langen und sorgfältig formulierten Ansprache umriß Mercy seine Mission und versicherte den Indianern, daß die Regierung der Vereinigten Staaten lediglich die Garantie für eine freie Durchreise von Auswanderern nach Oregon wünsche. »Ihr nehmt uns unser Land?« fragte Jake.
    »Niemals!« versicherte ihm Mercy ausdrücklich. »Dieses Land wird euer Land bleiben, solange das Gras wächst und der Adler fliegt. Wir wollen nur eine Straße nach dem Westen.«
    An dieser Stelle fing einer der Oglala wild gestikulierend zu reden an; alle duldeten es schweigend. Dann dolmetschte Jake Pasquinel: »Wildes Pferd sagt, daß diesem da, Gespaltene Nase«, Jake deutete auf Purchas, »nicht getraut werden kann. Ein böser Mann. Er tötet Indianer.«
    Purchas lauschte teilnahmslos, während auch der zweite Häuptling eine Hetzrede gegen ihn hielt. Nachdem wieder übersetzt worden war, sagte Purchas: »Erzählt ruhig den Häuptlingen, daß ihr Pasquinels viel mehr weiße Männer getötet habt als ich Indianer. Sagt es ihnen.« Da Jake stumm blieb, versuchte sich Purchas mit Hilfe von Zeichensprache und indianischen Satzbrocken verständlich zu machen. Die Häuptlinge verstanden ihn anscheinend.
    Dieses Hin und Her dauerte einige Stunden; es wurde Pfeife geraucht und gesalzener Speck gegessen. Endlich fragte Jake Pasquinel: »Also, welches Land wollt ihr für das Fort?«
    »Das wissen wir noch nicht«, erwiderte Mercy. »Deswegen bin ich auch hergeschickt worden.« Es entstand langes Schweigen, das Mercy schließlich brach: »Ich wollte euch bitten, Jake und Mike, während der nächsten drei Monate meine Führer zu sein.«
    Mike Pasquinel übersetzte dies den sitzenden Häuptlingen, dann jenen, die standen. Das Angebot verwirrte sie. Als Zeichen seiner Aufrichtigkeit reichte
    Mercy Jake die Friedenspfeife. Jake überlegte Mercys Angebot ein paar Minuten. Dann erwiderte er ganz staatsmännisch: »Ich bin ein Halbblut. Wenn ich für dich den Führer mache, werden die Indianer

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