Colorado Saga
hatte in der Geschichte der Vereinigten Staaten keine einzige Vollversammlung jemals mit so viel gutem Willen auf beiden Seiten getagt. Die Weißen wollten aufrichtig einen Vertrag schließen, der gerecht und dauerhaft sein würde. Die Indianer waren mit offenem Herzen darum bemüht, Land und Rechte so zu verteilen, daß alle in Ehren miteinander leben könnten. Die
Besprechungen einiger Nebenfragen und auch manche großen Reden hätten so manchen europäischen Diplomaten zur Ehre gereicht.
Ein Crow-Häuptling, Tapferer Arm, war es, der den Ton der indianischen Beiträge festlegte: »Großer Führer, wir sind viele Tage weit geritten, um deine Rede zu hören. Unsere Ohren waren nicht verschlossen, unsere Ohren sind weit geöffnet, und was sie hören, macht uns Freude im Herzen. Wir sind hungrig, aber wir wissen, daß du uns Nahrung gibst. Wie die Sonne auf uns niederblickt, wie der Große Geist mich betrachtet, so sind wir willig, zu tun, was du uns befiehlst. Ich weiß, daß du uns das Rechte sagst, und was du befiehlst, wird gut sein für mein Volk. Es ist für uns ein großer Medizintag, wenn unsere Friedenspfeifen einig und wir alle in Frieden miteinander sind.«
Major Mercy sagte darauf im Namen der Regierung der Vereinigten Staaten: »Der Große Weiße Vater in Washington hat mich aufgefordert, von jedem eurer Stämme einen Häuptling einzuladen, der in sein Haus kommen und mit ihm sprechen soll. Er möchte, daß ihr auf euren Pferden zum Missouri hinunterreitet, wo ein Schiff auf euch wartet. Von dort geht ihr nach St. Louis, wo ihr die schönste Stadt des Westens sehen werdet.
Dann steigt ihr in einen Zug und reist quer durch unser weites Land nach Washington, wo der Große Weiße Vater mit euch reden und euch feierlich versprechen wird, daß dieser Frieden ewig dauern soll, daß das Land, das euch jetzt zugesprochen wird, euer ist, solange das Wasser fließt und das Gras wächst. Wenn wir in diesen nächsten Tagen miteinander verhandeln, dann soll jeder Stamm überlegen: >Welcher unserer Häuptlinge soll nach Washington fahren und mit dem Großen Vater reden?<, und am letzten Tag sollt ihr mir sagen, wen ihr gewählt habt, und wir werden alle miteinander nach Washington fahren.«
Verirrter Adler war es, der die Meinung der Indianer zusammenfaßte, mit voller Unterstützung der Sioux und der Crow, denn er war auch unter ihnen als verständiger Mann bekannt: »Wir können nicht selber dem Großen Weißen Vater sagen, wie wir seine Worte aufgenommen haben. Ihr Männer der Armee, die ihr mit uns gesprochen habt, ihr Kommissare, die ihr die Pfeife mit uns geraucht habt, ihr müßt ihm sagen, was ihr von unserem Tun denkt. Waren wir gerecht in den Verhandlungen? Hörten wir euch zu, wenn ihr uns sagtet, daß ihr bestimmte Trails haben müßt? Haben wir euch Orte vorgeschlagen, wo ihr eure Forts bauen könnt? Redet ihm von uns, wie ihr uns in diesen Tagen gesehen habt. Und wenn ihr davon geredet habt, dann redet ihm auch von drei Dingen, die Bestand haben müssen, solange die Sonne scheint. Wir brauchen den Büffel, denn ohne Nahrung wird unser Leib verderben. Wir müssen durch die offene Prärie reiten können, ohne daß die Trails des Weißen Mannes uns von unseren alten Gründen abschneiden, denn ohne Freiheit wird unsere Seele verderben. Und wir brauchen Frieden. Die Crow sind bereit, neben den Sioux zu sitzen, die Cheyenne sprechen mit den Shoshone. Und alle sitzen mit dem Weißen Mann zusammen wie mit ihrem Bruder. Wir werden Frieden haben.«
Während die Häuptlinge auf diese Weise verhandelten, ergingen sich ihre Stammesbrüder in Festen und Lustbarkeiten. Alte Stammesfehden wurden begraben, und eine Gruppe nach der anderen veranstaltete Festmähler und Tänze. In einer komplizierten Zeichensprache tauschten die verschiedenen Stämme Geschichten von Tapferkeit und Heldentum in den Prärien aus. Der Klang der Tomtoms drang durch den Tag bis lang in die Nacht hinein, es gab bis zu vierzig oder fünfzig Feiern gleichzeitig. Zu normalen Zeiten hätten diese Klänge den weißen Zuhörern eine Gänsehaut über den Rücken gejagt, aber hier mischten die Weißen sich unter die Tänzer und schlugen manchmal sogar die Trommeln, die ihnen angeboten wurden.
Der einzige Mißklang in dieser gehobenen Stimmung war der Mangel an Nahrung. Die Wagen befanden sich noch immer im Schneckentempo auf der Anfahrt von Kansas City, und Fleisch wurde so knapp, daß die nördlichen Sioux eine Abordnung von jungen Männern in
Weitere Kostenlose Bücher