Colorado Saga
auf einem weißen Pferd und neben ihm Mercy, Strunk und Bridger, vorsichtig auf das ausgedehnte Lager zu, die Pferde sprungbereit, die Büchsen geladen, falls es zum
Kampf kommen sollte. Aber als sie die große Menge erblickten, wo die Sioux neben den Assiniboin lagerten, wich die Angst von ihnen, und am Ende stellten sie ihre Zelte sogar neben denen ihrer Todfeinde, den Cheyenne, auf.
Als die anderen schon alle beisammen waren, kamen aus dem Südwesten die Poeten der Prärien, die großen, in sich gekehrten, vorsichtigen Arapaho, nicht so hochmütig wie die Cheyenne, nicht so eindrucksvoll wie die Sioux. Sie waren schöne Männer, von ernster Haltung und würdigem Auftreten. Sie waren die Philosophen, die Künstler, diejenigen, die zuhörten, wenn die anderen sprachen. Aber sie hatten einen eisernen Willen, waren bereit, ihre Zukunft und die Zukunft ihrer Kinder und Kindeskinder aufs Spiel zu setzen, wenn es notwendig sein sollte. Mit dem Stamm der Arapaho ließ sich nicht spaßen, denn diese Männer und Frauen hatten eine innere Würde, die bisher noch niemand anzutasten gewagt hatte. Ihre Häuptlinge, Adlerhaupt, Verirrter Adler, Weiße Krähe, Gespaltene Nase, Kleine Eule, waren Männer, die gekommen waren, um mit dem Weißen Vater zu sprechen, ihm ihre Probleme vorzutragen und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.
Als alle Stämme da waren und sich häuslich eingerichtet hatten, sollten die Verhandlungen beginnen. Da ertönte aus Nordwesten der Ruf eines Spähers: »Hier kommen sie! Mein Gott, seht sie euch an!« Aus dem Westen, die Gesichter von der Morgensonne beleuchtet, kam eine riesige Abordnung von dreitausend Crow, die viele für die besten Krieger hielten. Sie waren hellhäutiger als die meisten anderen; die Crow waren ein launisches Volk, zwischen tiefem Ernst und überschäumender Fröhlichkeit schwankend, und Händler, die mit ihnen zu tun gehabt hatten, berichteten von ihrer überdurchschnittlichen Intelligenz. Die Crow waren ein mächtiger Stamm, der durch die nördlichen Rocky
Mountains streifte und zäh an den Tälern festhielt, die von alters her ihm gehörten.
»Die können mit Pferden umgehen!« riefen die Berufssoldaten bewundernd, denn obwohl die Crow achthundert Meilen geritten waren, spornten sie jetzt ihre Pferde zu einem leichten Galopp und ritten über die Prärie heran, und es sah aus wie Wellen, die sich am Gestade brachen. Ihnen voran die vier Häuptlinge in herrlichen Gewändern, wie die Zuschauer sie noch nie gesehen hatten: jeder mit neun Kauriketten um den Hals, mit langen Schnüren mit Elchknochen, die von den Schläfen baumelten, Brustplatten mit Dutzenden Hermelinschwänzen, die Haare zu einem riesigen Pompadour in die Höhe gekämmt, dem Kiefernharz festen Halt gab.
Die vier Häuptlinge blickten schweigend geradeaus, aber die Krieger hinter ihnen blickten mißtrauisch um sich, denn sie befanden sich hier in fremdem Gebiet, wo sie jederzeit angegriffen werden konnten. In der Mitte der Schar ritten die Frauen, in schönen Gewändern, und an den Seiten, auf kleinen, schwarzweißen Pferden, die neun- und zehnjährigen Jungen, bereit, jedem Feind die Stirn zu bieten.
Auf ein Zeichen eines der Häuptlinge brach eine Reitergruppe von hinten aus und donnerte nach vorn, zweihundert fast nackte Männer, die ihre Pferde mit wildem Ungestüm ritten. Dann schwangen sie sich plötzlich, zum größten Erstaunen der Menge, an der rechten Flanke der galoppierenden Pferde weit nach unten, ein Bein um den Sattelbaum geschlungen, schmiegten sich an den Hals ihrer Tiere und feuerten aus alten Steinschloßgewehren Salutschüsse ab.
Bevor die Menge darauf reagieren konnte, zügelten sie ihre Pferde zum langsamen Trott. Die Sonne machte ihre erschöpften, staubbedeckten Gesichter deutlich sichtbar. Jetzt brachen sie in ihr Stammeslied aus, einen ergreifenden Gesang, der von den weiten Bergen erzählte.
Der erste Entschluß, den Ketchum und die Kommissare faßten, war durchaus vernünftig. Sie besprachen sich mit Mercy, Zendt, Strunk und Bridger und fragten:
»Wie viele Indianer haben wir jetzt beisammen?« »Ungefähr vierzehntausend, würde ich sagen«, antwortete Mercy.
»Und wie viele Pferde?«
»Vielleicht dreißigtausend«, schätzte Zendt. »Unmöglich«, knurrte Ketchum.
»Jedenfalls nicht weniger als
siebenundzwanzigtausend«, sagte Bridger.
»Wo nehmen wir das Futter für sie her?« ächzte Ketchum. »Was sollen wir tun?«
Mercy sagte zu den Kommissaren:
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