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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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schliefen zu dieser Stunde 1483 Arapaho und Cheyenne, die sich wie folgt aufteilten: 14 Häuptlinge, 389 kampffähige Männer, 427 Frauen über sechzehn, 653 Kinder. Eigentlich hätten sie keine Gewehre mehr haben sollen, aber ein paar Büchsen waren doch in den Zelten versteckt. Außerdem hatten sie etwa 400 Bogen, viele von ihnen nicht gespannt, weil Rehsehnen knapp geworden waren, und fast 2000 Pfeile, die aber keineswegs alle griffbereit lagen.
    Das Lager stellte in dieser Nacht keine Wachen auf, denn hier brauchte man keine. Die Indianer waren auf den ausdrücklichen Wunsch der amerikanischen
    Regierung in diese Sackgasse gezogen, und die Regierung würde sie nähren und sie beschützen. Endlich hatten sie Frieden gefunden.
    Um halb fünf trat ein junger Krieger aus dem Zelt, um Wasser zu lassen. Er sah sich, wie üblich, nach allen vier Himmelsrichtungen um, bemerkte jedoch nichts. Um fünf Uhr wälzte sich Häuptling Schwarzes Knie auf seiner abgewetzten Büffelhaut herum und glaubte, von den Hügeln her ein Geräusch zu hören, schlief aber gleich wieder ein.
    Sechs Minuten nach sechs, im Osten wurde es langsam hell, kam vom Kamm zwischen den beiden Hügeln plötzlich eine ohrenbetäubende Explosion, und fünf Kanonenkugeln schlugen im Lager ein, töteten vier schlafende Indianer und verwundeten sieben.
    Der Verirrte Adler war es, der von allen Indianern angesichts dieses Überraschungsangriffes die größte Selbstbeherrschung bewahrte. Er war sicher, daß hier ein grauenhaftes Mißverständnis vorlag - irgendein Durcheinander von Befehlen -, und an ihm war es, die Lage zu klären. Kein amerikanischer Soldat würde jemals in ein völlig unverteidigtes Lager...
    Bummmmm! Die zweite Salve bohrte sich in die Tipis. Mit zitternden Händen durchstöberte der Verirrte Adler seine Satteltasche, bis er seine blaue Offiziersuniform fand. Hastig zog er sie an und legte sich auch noch den bronzenen Buchanan um den Hals. Von dem Ehrenplatz über seinem Bett holte er die amerikanische Flagge, die Präsident Lincoln ihm gegeben hatte. Dann setzte er seinen spitzen Hut auf und trat aus seinem Tipi, gerade als die dritte Salve die Luft zerriß.
    Rund um ihn wankten verwundete Männer und Frauen aus den Zelten, darunter ein Mädchen, dem eine Kanonenkugel die Hüftpartie wegrasiert hatte. Die Tipis von zwei Häuptlingen waren fast zu Staub geworden, die Männer lagen mit ihren Frauen tot darunter begraben.
    Mit großer Entschlossenheit ging er unter seinen Leuten herum und rief ihnen zu: »Wartet! Ich werde herausfinden, was da los ist.« Junge Männer kamen zu ihm gelaufen und berichteten, daß sie hinter dem Kamm viele Soldaten gesehen hatten, und diese Nachricht beruhigte ihn beinahe, denn Major Mercy mußte unter ihnen sein, und der würde wissen, wie dieser furchtbare Irrtum aufzuklären war.
    In diesem Augenblick strömte die Hauptmasse der Miliz unter Oberst Skimmerhorn von den Hügeln herunter und ritt mitten in die Zelte hinein. Säbel schwirrten, Pistolen knallten Pferde ritten über Kinder hinweg, Soldaten mit lodernden Fackeln steckten die Tipis in Brand.
    Mitten in dem Schrecken stand der Verirrte Adler vor seinem Tipi, schwenkte die amerikanische Flagge und rief auf englisch:    »Hört auf! Das ist ein
    Mißverständnis!«
    Und wie er so dastand, fiel Oberst Skimmerhorns Blick auf ihn, und sofort glaubte er, in ihm den Kern der Rebellion zu erkennen. Er spornte sein Pferd und galoppierte auf den alten Mann zu, mit seinem Säbel nach ihm schlagend, aber die Klinge verwickelte sich in der Fahne und zerschnitt sie, der Feind jedoch blieb unverletzt.
    In einem weiten Bogen wendete der Oberst sein Pferd und ritt wieder auf den alten Mann zu, der immer wieder rief: »Oberst! Warten Sie!« Der Oberst konnte jedoch mit seinem Säbel keineswegs besonders gut umgehen, diesmal erwischte er nur den spitzen Hut des alten Häuptlings. Wütend zog er seinen Revolver und wollte eben ganz dicht an die Gestalt in der blauen Uniform heranreiten, um sein Ziel ja nicht noch einmal zu verfehlen, da stieg plötzlich von der rechten Flanke ein Schrei auf, und eine Ordonnanz rief: »Oberst! Dort kommt Tanner!«
    Vom Osten her kam jetzt Abel Tanner in das Camp geprescht, gefolgt von seiner kampferprobten Gruppe, die schon so manchen Strauß mit den Indianern ausgefochten hatte. Mit den Säbeln wild um sich schlagend, sprengten sie durch den Haufen. Junge Mädchen, Mütter mit Säuglingen an der Brust, alte Frauen, die zu schwach

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