Colorado Saga
würde.
Doch immer mehr peinliche Einzelheiten kamen im Umlauf, und im März 1865 erschien General Harvey Wade, ein kleiner Mann, der nicht mit sich spaßen ließ, in Denver, begleitet von fünf Assistenten, um die ernsten Beschuldigungen, die hier gegen das Vorgehen amerikanischer Soldaten erhoben wurden, auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen.
Mit geschickten Verhören ging er daran, in seinem Hotel in Denver den Nebel rund um diese unangenehme Geschichte zu lüften. Innerhalb von zwei Tagen hatte er sich selber sowie der Kommission klar bewiesen, daß General Asher sowohl auf militärischem wie auf moralischem Gebiet ein Versager war. Der Vermonter verließ den Verhandlungssaal als ein gebrochener Mann.
Hierauf nahm der General sich die Zendts vor. »Sie sind zur Hälfte indianischer Abstammung?« fragte er Lucinda, und als sie das bejahte, wies er das Gericht an, diesen Umstand bei der Beurteilung ihrer Aussage zu beachten. Die Zendts beschrieben, wie Oberst Skimmerhorn sie unter Arrest gestellt habe, damit sie die Indianer nicht warnen könnten.
»Um seine Motive habe ich Sie nicht gefragt«, schrie General Wade.
Zendt zeigte die Narbe von dem Säbelhieb vor, den Skimmerhorn ihm zugefügt hatte, und Wade fragte brüsk: »Sie geben aber zu, daß Sie auf ihn
losgegangen sind?« Als Levi nickte, knurrte Wade: »Dann hätte ich Sie auch angegriffen.« Aber als Levi das Schimpfwort wiederholte, das Skimmerhorn ihm gegenüber gebraucht hatte, gab Wade keine Antwort. Sodann lud er Maxwell Mercy vor und hörte aufmerksam zu, wie der Major Skimmerhorns Wahnsinnsakte einen nach dem anderen beschrieb, aber als er fertig war, stellte Wade ihm drei Fragen: »Sie sind ein Schwager der Brüder Pasquinel? Haben Sie sich vor der Schlacht mit ihnen verständigt? Haben Sie zu diesem Zweck Ihren Hausarrest gebrochen?« Mercys wahrheitsgemäße Antworten beeinträchtigten in den Augen der Kommission seine Glaubwürdigkeit, und er wußte es.
Dann begann Wade mit der Behandlung der eigentlichen Schlacht, und hier erwies sich Hauptmann Tanner als unschätzbar. Er sagte, er hätte unter vielen Kommandeuren gedient, aber keiner sei besser gewesen als Oberst Skimmerhorn. Er beschrieb den Schlachtverlauf sowie die heldenhaften Taten des Obersten bis ins kleinste Detail. Sechzehn seiner Männer seien jederzeit bereit, seine Aussage zu bestätigen. Und einer der Angeführten nach dem anderen betrat den Zeugenstand und berichtete von Skimmerhorns Tapferkeit vor dem Feind.
Als nächste Zeugen trat eine Reihe von Bürgern aus
Denver auf und versicherte, daß für irgendwelche Konfusionen im Kommando General Asher verantwortlich zu machen sei, niemals aber Oberst Skimmerhorn, und darauf traten zwei Pfarrer auf, die aus eigenem bezeugten, Oberst Skimmerhorn sei ein gottesfürchtiger Mann, der öfter in ihren Kirchen gepredigt hätte, ein Mann von unanzweifelbarer Integrität.
Die ganze Stadt stand hinter Skimmerhorn, sogar Farmer von der Platte-Region eilten herbei, um Skimmerhorn ihre Unterstützung anzubieten, falls er deren bedürfe. Mitglieder der Miliz, die sich ebenso unter Anklage stehend fühlten wie ihr Oberst, scharten sich um ihn, und man hatte allgemein das Gefühl, daß die Stadt in die Luft gehen würde, sollten General Wade und seine Kommission es wagen, Skimmerhorn zu verurteilen.
Zendt wollte wissen, warum man General Wade nicht bitten konnte, Hauptmann Reed in den Zeugenstand zu holen, damit er die Wahrheit sagen könne, aber Mercy erklärte ihm, daß Wade das niemals zulassen würde, weil ja Reed selber unter der Anklage der Feigheit vor dem Feind stand, die ärgste Beschuldigung, die gegen einen Offizier erhoben werden konnte. Nur Lisette Mercy war weiterhin davon überzeugt, daß es auf irgendeine Weise möglich sein müsse, diese lügenhafte Fassade zu durchbrechen. Einmal stand sie in einem Geschäft und wollte Stoff kaufen, da hörte sie eine der jungen Verkäuferinnen zu einer Freundin sagen: »Wenn sie die Wahrheit wissen wollen, dann sollten sie nur Jimmy fragen. Er sagt, es war entsetzlich.«
Mit größter Selbstbeherrschung nahm Lisette davon Abstand, Fragen zu stellen, die verraten würden, wie groß ihr Interesse war, sondern hastete nach Hause, um ihrem Mann zu sagen, was sie gehört hatte. »Wir müssen herausfinden, wer Jimmy ist«, sagte Mercy, und Lisette ging zum Geschäft zurück und fing mit dem Mädchen eine Unterhaltung an. Dabei erfuhr sie, daß Jimmy ihr Bruder war, ein junger
Weitere Kostenlose Bücher