Colorado Saga
Canby: »Brauchst du noch einen guten Mann?« Poteet: »Noch sieben.« Darauf schlug Canby vor: »Vergiß nicht auf Mike Lasater.« Poteet: »Lasater hat Pferde gestohlen, mit ihm will ich nichts zu tun haben.« Aber Canby gab nicht nach: »Das ist weiß Gott wie lang her, Mr. Poteet. Einen besseren Cowboy als ihn findet man in ganz Palo Pinto nicht.«
»Ich suche mir den Rest in Jacksboro«, sagte Poteet trocken.
Als sie die Ranch erreichten, kam ihnen ein schlaksiger Mensch mit einem säuerlichen Gesicht, zwei Pistolen, einem Schlafsack und einem gedrungenen Pony entgegen. »Morgen, Mr. Poteet. Ich bin Mike Lasater.«
»Ich weiß, wer du bist«, knurrte Poteet, ärgerlich darüber, daß dieser Mann von zweifelhaftem Ruf sich derart aufdrängte.
»Ich möchte mit Ihnen reiten.«
»Ich brauche niemand mehr.«
»Doch, Mr. Poteet, Sie brauchen ein gutes Dutzend, aber Sie haben erst vier.«
»Fünf«, fuhr Poteet ihn an, auf Nacho deutend, der in der Tür stand, und bereute sofort, daß er sich mit diesem Rowdy auf eine Unterhaltung eingelassen hatte.
»Sie brauchen mich, Mr. Poteet«, drang Lasater weiter in ihn. Er war ein hagerer, noch jüngerer Mann. Zu Pferd machte er eine gute Figur. Bevor Poteet ihn noch einmal abweisen konnte, sagte er: »Ich reite Drag. Sie brauchen einen guten Mann da hinten im Staub.«
»Nimm ihn«, sagte Canby.
»Meinetwegen«, gab Poteet nach, aber ihm war nicht wohl dabei. Schon auf dem Weg zum Wohnhaus wendete er sein Pferd noch einmal und rief Lasater zu: »Bei uns wird nicht gespielt und nicht getrunken.« Lasater brauste auf: »Zum Teufel, Poteet, wenn ein
Mann einen neuen Anfang macht, muß er irgendwo anfangen. Nehmen Sie mich, wie ich bin, denn ich bin der beste Reiter, den Sie auf Ihrem Trail haben.« Poteet lächelte. »Wenn Sie ein so guter Reiter sind, Lasater«, gab er schnell zurück, »dann werde ich stolz darauf sein, daß Sie bei uns sind.« Und er streckte dem Jüngeren die Hand hin.
Noch am selben Nachmittag ritten sie nach Norden, sechs Männer, die sich im Sattel wohler fühlten als zu Fuß, mit dreizehnhundert Langhornrindern und
einundneunzig Pferden in der remuda de caballos, die vorläufig von Nacho betreut wurde. In Jacksboro sollte ein erfahrener Wrangler geheuert werden, dessen Aufgabe es dann sein würde, in den nächsten vier Monaten die Pferde zu übernehmen. Außerdem fehlten noch sechs Cowboys. Da die bereits vorhandenen Mitglieder der Mannschaft Veteranen des Geschäfts waren, genügten für die restlichen Plätze junge Farmburschen, Sechzehn- und Siebzehnjährige, die auf Trail-Erfahrung scharf waren. Wenn er Glück hatte, hatte Poteet dann mit diesem Dutzend eine brauchbare Mannschaft, die bereit war, achtzehn
Stunden am Tag zu arbeiten und von knappen Rationen zu leben. Wenn sie gut aufeinander
eingespielt waren, genügten wenige Worte, wenige Anordnungen. Das Ziel war klar: sie mußten
zweitausendachthundert störrische Langhornrinder sicher über eintausenddreihundert Meilen durch den härtesten Westen führen.
Um das Jahr 1868 war Jacksboro eine respektable Pionierstadt, rund um einen geräumigen Platz erbaut. Hier kamen die Straßen des nördlichen Texas zusammen, hierher kamen die Rinderhirten aus den abgelegensten Gegenden, um zu kaufen, was sie brauchten, und zu verkaufen, was ihre Frauen gesät und geerntet hatten. Und hier verkauften sie auch Rindfleisch an die Soldaten vom nahen Fort Richardson.
Jacksboro war eine wilde Stadt mit nicht weniger als sechsundzwanzig Bars mit Alkoholausschank, und ihre Einwohner waren neuen Ideen und Erfindungen gegenüber durchaus aufgeschlossen. Als R. J. Poteet zum Beispiel die Werkstatt eines Wagners betrat und sagte: »Was ich brauche, Sanderson, ist ein ganz besonderer Wagen«, da jammerte Anderson nicht etwa und sagte: »Also, ich weiß nicht recht...« Und als Poteet fortfuhr und sagte: »Hinten stelle ich mir so etwas wie einen Schreibtisch vor, mit vielen Schubladen, in denen allerhand Platz hat, dazu einen Tisch, den man herausklappen kann, wenn wir haltmachen«, da studierte Sanderson den Vorschlag und sagte dann:
»Klingt vernünftig.«
»Fang an damit«, sagte Poteet.
»Die Laden muß man herausziehen können, so etwa?«
»Große Laden.«
»Wer hat von kleinen Laden geredet? Ich mache keine Schatullen.«
»Ich lasse dir den Mexikaner da.«
»Ich brauche keine Hilfe.«
»Er ist mein Koch, das hier wird sein Wagen.«
»Aha, ein Küchenwagen! Warum hast
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