Colorado Saga
auf.
»Wie möchtest du, daß man dich ruft?« fragte Brumbauch. Soweit der Mann sich zurückerinnern konnte, war dies das erste Mal in seinem Leben, daß ein weißer Mann ihm die Wahl über irgend etwas überlassen hatte.
»Tranquilino.«
»Hast du zwei Freunde?«
Tranquilino sah sich in der Schenke um und deutete dann auf zwei Männer. Brumbauch ging zu jedem von ihnen hin und bot ihnen Arbeit an. Zu seiner Freude erklärten sich die Männer einverstanden und wollten wissen, wann Brumbauch sie brauchen würde. »Gleich«, antwortete er und meinte da mit, im Laufe der Woche, aber die Männer sagten »Gut«, und gaben zu verstehen, daß sie bereit wären.
»Wo soll ich euch abholen?« fragte Brumbauch. »Hier«, sagten die Männer.
»Wann?«
»Jetzt.«
Und sie meinten auch jetzt. Als Brumbauch wissen wollte, was mit ihren Zimmern sei, antworteten sie: »Im November sind wir wieder da«, und damit war die Sache erledigt. Sie verließen für ein paar Minuten die Schenke und kehrten mit kleinen Bündeln zurück. »Wir gehen«, sagten sie, in der Erwartung, jetzt einen Fußmarsch zum Bahnhof antreten zu müssen. Als sie das Automobil sahen und begriffen, daß sie damit fahren würden, riefen sie nach den anderen in der Schenke, um sich von ihnen bewundern zu lassen.
Auf der Straße wurde eine Fiesta improvisiert, und erst dann kletterten die drei Männer in den Ford, und Brumbauch machte sich auf nach Norden.
Die Fahrt war noch aufregender als das Automobil selbst, denn Brumbauch steuerte den Wagen, als ob die Straße für ihn allein gebaut worden sei. In der Straßenmitte dahinsausend, fluchte er nach allen Seiten und beschimpfte alles, was ihm den Weg streitig zu machen drohte. Als er das offene Land im Norden der Stadt erreichte, wurde er zur tödlichen Gefahr für Hunde und Hühner. Den drei Mexikanern gefiel die ausgelassene Art ihres neuen Herrn, und sie fingen an, wacker mitzuhalten, wenn es galt, Fußgänger und Katzen anzubrüllen.
Die erste Woche war um, und Brumbauch hatte richtig Angst, jemandem zu erzählen, wie gut die Mexikaner arbeiteten. Er fürchtete, man könnte sie ihm stehlen. Die Männer bebauten gern das Land, zeigten Verständnis für die Probleme des Bodens und hatten auch nichts dagegen, ihre Arbeit in gebückter Haltung zu verrichten. Sie hatten sich für die Zeit von März bis November verpflichtet, und was man ihnen in dieser Zeit zu tun schaffte, war nicht von Belang. Sie waren sanftmütige Menschen, stellte Brumbauch mit Befriedigung fest, ganz anders als diese überheblichen Russen, die sich nur ungern sagen ließen, was sie zu tun hatten, anders auch als die fleißigen Japaner, die einen mit herausquellenden Augen anstarrten, wenn man ihnen etwas in einer Sprache erklärte, die sie nicht verstanden.
Einem Japaner brauchte man etwas nur einmal zu sagen, und er vergaß es nie wieder. Die Mexikaner hatten es gern, wenn man es ihnen dreimal erklärte -nicht weil sie schwer von Begriff waren, sondern weil sie völlig sicher sein wollten, daß sie genau verstanden hatten, was der Herr von ihnen wünschte. Hatten sie einmal das Gefühl, daß zwischen ihnen und dem Herrn volle Übereinstimmung herrschte, leisteten sie in ihrer gleichmütigen Art gute Arbeit. Da sie im Gegensatz zu den Russen und Japanern keine Kinder hatten, die ihnen helfen konnten, entwickelten sie ihre eigene zermürbende Methode des Verhackens und Ausdünnens der Zuckerrüben. Es war eine sinnreiche und wirksame Methode, und sie bedienten sich dazu einer kurzstieligen Hacke. Tranquilino zum Beispiel bearbeitete zwei Reihen gleichzeitig. Das linke Knie fest auf den Boden zwischen den zwei Reihen aufstützend, verlegte er sein Körpergewicht auf das gebeugte rechte Bein. Damit hatte er die rechte Hand frei, um zuerst die eine, dann die andere Reihe zu verhacken, während er mit der linken, soweit er reichen konnte, die überflüssigen Büschel ausmerzte. Dann zog er das rechte Knie vor, beugte das linke Bein, und setzte in dieser Haltung die Arbeit des Verhackens und Ausdünnens fort. Diese Art der Fortbewegung war eine Kunst, die es seinen geschickten Händen ermöglichte, an einem
Zwölfstundentag einen ganzen Morgen Zuckerrüben zu verhacken und auszudünnen. Natürlich tat ihm der Rücken weh. Natürlich bildeten sich Krusten und Krätzen an den Knien, aber er sagte seinen Freunden immer wieder: »Es ist besser, als in den Silberminen die Leitern hinunterzuklettern.« Und er begann sich vorzustellen, um wieviel
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