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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Übertreibung vermied. Die darin gezeigten palastartigen Häuser gehörten tatsächlich Männern, die mittellos nach Centennial gekommen waren. Und jeder hart arbeitende Neuankömmling, der zwischen 1896 und 1910 bewässertes Land kaufte, erwarb einen Besitz, dessen Wert sich in den folgenden Jahren vervielfachte. Das war die Zeit günstiger
    Kaufgelegenheiten, als der letzte große Berieselungskanal gebaut wurde, als man die Wüste zum Blühen brachte.
    Mervin Wendells Grundstückgeschäft florierte. Indem er zuerst Kapital der Union Pacific ins Geschäft steckte und seine beträchtlichen Gewinne wieder anlegte, brachte er allmählich einen Teil des besten Bodens in seinen Besitz. Wurde irgendwo ein neues Gebiet aufgeschlossen und lieferte die Bahnverwaltung fünfzig oder hundert landhungrige Interessenten an, verkaufte er die minderwertigsten Parzellen zuerst und behielt die besten für sich.
    Er besaß jetzt nicht nur die Karpitz-Farm, die sein erster Kauf gewesen war, sondern auch noch weitere viertausend Morgen. Gewiß waren nicht alle bewässert, aber er hatte kein Land, auf dem sich nicht irgendeine Feldfrucht hätte ziehen lassen. Er wurde der größte Landbesitzer im Bezirk, wenn man nur das Ackerland rechnete, und er würde bald auch der reichste sein, wenn seine Felder nur genügend Regen bekamen.
    Mervin Wendells »elegantes Haus« war kein Neubau. Nachdem er Gribben durch Erpressung genötigt hatte, ihm das alte Haus zu überlassen, setzte er eine neue Fassade vor, baute einen Nordflügel an und leistete sich eine neue Veranda, neue betonierte Fußwege und eine neue schmiedeeiserne Einfriedung. Das Haus war jetzt doppelt so groß, und, wie das Foto zeigte, »elegant«.
    Die Bürger von Centennial waren stolz auf die Wendells. Sie hatten praktisch mit nichts angefangen, diese reizenden Menschen, hatten dabei noch anderen geholfen und waren gute Nachbarn und vorbildliche Bürger. Von der Renovierung ihres Hauses abgesehen, taten sie sich nicht durch große Ausgaben hervor. »Jeden Penny, den der Mann verdient, steckt er in Grundstücke«, sagte der Bankdirektor bewundernd. Lange bevor die Union Pacific ihren Plan für eine
    Grundstückstransaktion entwickelte, hatte Mervin Wendell genügend Land erworben, um selbst eine in Angriff zu nehmen.
    Je älter sie wurde, desto mehr wurde Maude Wendell zur Dame. Als Schauspielerin, die ihre eigene Truppe leitete, hatte sie immer schon den gewissen Spürsinn für Kleider und würdevolles Auftreten gehabt. Jetzt aber, dem selbstsicheren Mittelstand angehörig, blühte sie auf und erwies sich als in gesellschaftlichen Belangen tonangebende Persönlichkeit. Sie übte ihre Führungsrolle nicht kraft ihres Einkommens aus, das beträchtlich war, sondern weil sie eine Persönlichkeit war und aufrichtiges Interesse an der Gemeinde hatte. Für die Honoratioren der Stadt war das Dinner bei den Wendells der Höhepunkt der Woche.
    Über die Entwicklung ihres Sohnes Philip waren die Wendells nicht glücklich. Er studierte Musik an der Universität in Boulder, zeigte großes Einfühlungsvermögen für die Werke der Klassik und hatte es zu einem Violinisten von beachtlichem Können gebracht. Doch wenn er zu Hause war, weigerte er sich, die Eltern durch sein Spiel zu unterhalten. Wenn Mervin ihn drängte, zog er sich unter allen möglichen Vorwänden in sein Zimmer zurück. Auch bekundete er keinerlei Interesse am Grundstücksgeschäft. »Ich weiß wirklich nicht, was aus dem Jungen werden soll«, vertraute Mervin seinen Geschäftsfreunden an. Maude war überzeugt, daß der Mord an Mr. Sorenson, in den ihr Sohn verwickelt worden war, ihn tiefer berührte, als es damals den Anschein gehabt hatte. Trotzdem sprach sie nie mit ihm über die Last, die ihn bedrückte.
    Was sie und ihren Gatten betraf, so belastete der Mord in keiner Weise ihr Gewissen. Von ihrem Platz am Eßzimmertisch konnte Maude durchs Fenster zu der Stelle am Beaver Creek hinsehen, wo ihr Sohn die Leiche verborgen hatte, ohne daß der Anblick Gefühle irgendwelcher Art in ihr auslöste.
    Philips größtes Problem war sein Vater, in dem er immer deutlicher einen eitlen, aufgeblasenen Wichtigtuer erkannte. »Wenn er mir sagt, daß morgen Donnerstag ist«, vertraute er einmal einem Mädchen in Boulder an, »schaue ich im Kalender nach, ob es nicht Mittwoch oder Freitag ist. Er ist einfach nicht imstande, die Wahrheit zu sagen.«
    Bei Mervin hatte die Zeit die Momente der Angst nach jenem Mord völlig aus seiner

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