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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Grundstücksmaklers, der sich hier erbötig machte, ihnen beim Erwerb von Land rund um die neue Stadt, die er plante, behilflich zu sein, empfand sie die gleiche freudige Erregung, die auch ihren Mann beim Durchsehen der Broschüre gepackt hatte.
    »Es sieht wirklich gut aus«, sagte sie und blätterte in dem Büchlein.
    »Du würdest es nicht glauben, was Dr. Creevey auf so einem Boden zustande bringt«, erklärte Earl begeistert und erzählte ihr auch vom Turkey Red, diesem feinen, aus Rußland importierten Winterweizen, und von der phantastischen neuen Methode, die Feuchtigkeit einzufangen.
    Aber sie hörte ihm nicht mehr zu. Ihr Auge war auf das eine Bild gefallen, gegen dessen Veröffentlichung Mervin Wendell sich beharrlich gewehrt hatte. »Sie müssen den Leuten doch zeigen, wie das Land aussieht«, hatte der Vertreter der Eisenbahn gemeint. »Ich will aber nicht, daß die Frauen diese öde Gegend sehen«, hatte Wendell mit jener Voraussicht, die seine Geschäftstätigkeit kennzeichnete, entgegnet. »Wenn die Frauen in Iowa diese Prärielandschaft zu Gesicht bekommen, drehen sie durch.« Gegen seine Überzeugung war das Bild in die Broschüre aufgenommen worden, und als Alice Grebe es jetzt betrachtete, hatte sie eine böse Ahnung von der Einsamkeit, die sie dort erwartete, und von der unheimlichen Stille in den sternklaren Nächten. Sie war nicht mehr so geneigt, sich auf dieses Abenteuer einzulassen. »Hast du etwas?« fragte Earl, als er sah, daß sie blaß geworden war.
    »Nein, nichts«, sagte sie leise. »Es scheint sehr gutes Land zu sein.«
    »Ich will nach Westen gehen«, sagte er. »Ich will dort arbeiten, wo ich mein eigenes Land haben kann.«
    Alice Grebe unterdrückte ihre Besorgnisse. Wenn es ihren Mann danach drängte, sein Glück anderswo zu versuchen - so wie den Helden eines Buches, das sie vor kurzem gelesen hatte -, dann war es ihre Pflicht, ihn in seiner Absicht zu bestärken. Und so begaben sich zwei Familien aus Ottumwa in den letzten
    Sommertagen des Jahres 1911 zum Bahnhof, um ihre Reise nach dem Westen anzutreten: Earl und Alice Grebe und ein von zwei erwachsenen Kindern begleitetes, erfahrenes älteres Paar, das nicht zum ersten Mal auf Wanderschaft ging: Magnes und Vesta Volkema.
    Sie fuhren nach Omaha und stiegen dort in den Zug um, der sie nach Centennial bringen sollte, wo Mervin Wendell sie schon erwartete. Und während der Zug durch die lange Nacht ratterte, westwärts durch Nebraska und über die Grenze nach Colorado, saßen sie in ihrem Abteil und sprachen über ihre schöne Zukunft.
    »Es ist ein neuer Beginn«, sagte Alice Grebe mit einer Lebhaftigkeit, die nicht ganz ihren wahren Empfindungen entsprach. »Wie vor hundert Jahren auf dem Ochsenwagen. Es ist eigentlich sehr aufregend.« »Es ist eine Chance, schnell zu ein paar Dollars zu kommen«, meinte Vesta Volkema. »Ich möchte so schnell wie möglich so viel Land wie möglich besitzen. Mit Gewinn verkaufen. Und dann weiter nach Kalifornien.«
    »Ich sehe es mehr als günstige Gelegenheit, uns ein Heim zu schaffen«, entgegnete Alice Grebe. »Unsere eigene Stadt... Vielleicht wird einer unserer Söhne sogar Bürgermeister.«
    Während sie so sprach, beugte sie sich vor, als sehnte sie den neuen Kampf mit dem Land schon herbei. Sie legte ihre Hand auf die ihres Mannes, um damit zum Ausdruck zu bringen, daß sie bereit war, alles auf sich zu nehmen, was die Zukunft bringen mochte.
    »Unsere Familien werden die Kirche erbauen«, meinte Alice prophetisch. »Und mit unseren Büchern werden wir den Grundstock für eine Bibliothek legen.«
    »Du siehst zu weit voraus«, scherzte Vesta. »Im Augenblick erscheint mir ein gutes Lebensmittelgeschäft wichtiger.«
    »Wir werden eines finden«, entgegnete Alice. In
    Ottumwa, bei der Schlußfeier ihres Jahrgangs, hatte sie die Abschiedsrede gehalten. Sie war ein kluges Mädchen, und ihre Lehrer hatten ihr geraten, ans College zu gehen. Sie las Bücher von Upton Sinclair und träumte von einer gerechteren Gesellschaft. »Wir sind die Erbauer der Zukunft«, hatte sie in ihrer Rede gesagt. »Wir sind die neuen Pioniere.« Als sie die Rede aufgesetzt hatte, war sie sich der Bedeutung ihrer Worte nur vage bewußt gewesen, doch jetzt, da der Zug sich Denver und den großen Bergen näherte, glaubte sie sich im Mittelpunkt der Pionierbewegung und schwelgte in erwartungsvoller Erregung.
    »Es ist so aufregend!« flüsterte sie Vesta zu. »Bestimmt gibt es im ganzen Zug keine so glücklichen

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