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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Niederlage einzugestehen. »Sieh mal, Alice«, hielt er ihr entgegen, »wir besitzen mehr als tausend Morgen Land. Wir haben dieses schöne Haus. Wenn es wieder besser wird... «
    Alice bezweifelte, daß es je besser werden würde. Sie hätte nicht sagen können, woher sie es wußte, aber ihre Überzeugung wuchs, daß Städte wie Line Camp zu leeren, nur vom Winde bewohnten Geisterstädten werden mußten. Dennoch vermochte sie nichts zu unternehmen. »Wir werden sehen, wie wir am besten dabei wegkommen«, sagte sie ohne viel Hoffnung, denn sie sah, daß sich die Volkemas und die Grebes aus Selbstgefälligkeit und falschem Stolz an ein sterbendes Land gekettet hatten und an eine Stadt, die im Begriff war, sich aufzulösen. Ende 1925 schlossen zwei weitere Läden, und die Bevölkerungszahl sank auf unter hundert.
    Besonders bitter empfand Vesta Volkema ihre Gefangenschaft in Line Camp. Ihr Traum von Kalifornien zerfiel zu Staub und Asche. Als sie einmal bei den Grebes zu Besuch war, hätte sie beinahe geweint. »Magnes hatte recht«, gab sie zu, »damals, als er unser verdammtes Land für fünfundzwanzig Cents den Morgen verkaufen wollte. Teufel noch mal, wir hätten besser dran getan, es zu verschenken.« »Das könntet ihr immer noch«, erwiderte Alice erregt. »Wir könnten es auch. Einfach herschenken und fort von hier.«
    »Nein«, widersprach Magnes. »Wir sitzen in einer Falle. Das Land hält uns fest.«
    Und dann, als ob der Mut der Siedler noch weiter auf die Probe gestellt werden sollte, kamen die grausamen Jahre 1926 und 1927. Die Einkünfte aus der Landwirtschaft waren so niedrig, daß es manchmal den Anschein hatte, als müßten die Grebes auf dem reichen Land, das sie besaßen, verhungern. Zwei Jahre lang gingen sie in kein Kino und auch zu keinem Feierabend der Kirchengemeinde, weil sie zu arm waren, etwas dazu beizutragen. Sie waren richtige Habenichtse. Es ging ihnen schlechter als den Ärmsten in Klein-Mexiko, und Alice stellte sich manchmal die Frage, ob die glücklichen Zeiten, die sie im Grashaus verlebt hatten, je wiederkehren würden.
    In diesen kummervollen, schweren Jahren schenkte sie ihrem Mann zwei weitere Kinder, einen dritten Sohn und eine zweite Tochter, und die Last, ihnen ein vernünftiges Startkapital für ein gesundes Leben mitzugeben, lag allein auf ihren Schultern. Oft hungerte sie ganze Tage lang, um sicherzugehen, daß es ihnen nicht an Nahrung fehlte. Um sie gut anzuziehen, arbeitete sie die Kleider um, die ihre Geschwister getragen hatten. Sie nähte viel, oft bis ihr die Augen zufielen, und verbrachte Stunden damit, mit den drei Jüngsten im alten Grashaus zu spielen, ihnen von vergangenen Tagen zu erzählen und wie die Familie immer zusammengehalten hatte.
    Ihr einziger Trost war die Kirche, an der sie eine starke Stütze hatte. Manchmal brachte der Pastor einen Redner vom College in Greeley mit, und wenn Earl zu müde war, mitzukommen, ging sie allein nach Line Camp hinunter und kehrte ebenso allein, nur mit einer Taschenlampe bewaffnet, nach Hause zurück. Gelegentlich veranstaltete auch Mr. Bellamy
    Vortragsabende, wie zum Beispiel einen, bei dem eine Schauspielerin aus Denver über die neuen Theaterstücke in New York berichtete. Unter anderem erzählte sie auch von einem Stück, »Der große Gott Braun«, in dem sie eine Rolle gespielt hatte. Auf mehrfaches Ersuchen rezitierte sie einige Szenen. Sie war eine ebenso geistreiche wie liebreizende junge Frau, und Alice dachte, wie nett es doch wäre, wenn Mr. Bellamy so ein Mädchen heiraten würde.
    Und dann, 1928, kam alles zusammen, um den Grebes wieder auf die Beine zu helfen: es gab reichlich Regen, viel Schnee und ein warmes Frühjahr. Earl erntete die überraschende Menge von vierzig Scheffel pro Morgen und verkaufte den Scheffel um einen Dollar zweiunddreißig. Die Hypothek wurde abgelöst, alle Kinder erhielten neue Kleider, Ethan, jetzt sechzehn, seine ersten langen Hosen.
    Eines Abends in jenem Herbst kamen die Volkemas und die Larsens zum Abendessen herüber, und nachdem der Hauptgang gegessen, aber noch bevor die Nachspeise von Victoria aufgetragen worden war, räusperte sich Earl Grebe und bat seine Frau, den Champagner hereinzubringen. Er füllte die Gläser und ersuchte Ethan um einen Kübel, und als dieser vor ihm stand, holte er die Hypothek und eine Schachtel Streichhölzer aus der Tasche. »Unsere Familie ist einer großen Gefahr entronnen«, sagte er. »Ohne die Unterstützung unserer Nachbarn hätten wir

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