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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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vielleicht den Hof verloren.« Er zündete ein Streichholz an und hielt die Flamme an die Hypothek. Alle sahen gebannt zu, wie das gefährliche Dokument zu Asche verbrannte.
    Alice Grebe erhob ihr Glas und sagte: »Von jetzt an... immer nur gute Zeiten... für uns alle.«
    Der Frühlingsbeginn auf den großen Ebenen ist die teuflischste Jahreszeit in den Vereinigten Staaten. Da fällt nasser Schnee, und das Thermometer kokettiert tagelang damit, unter die rote Marke zu fallen. Keine Blüten zieren den Straßenrand, und die wenigen Vögel, die dem Wetter trotzen, hüpfen mit gesträubtem Gefieder im Gras umher, denn April und Mai sind oft kälter als Februar und März.
    Im Jahre 1931 kam neues Ungemach über Colorado. In den letzten Märzwochen setzte ein starker Wind aus Nordwesten ein und hielt fünf Tage lang an. Es hatte früher auch Wind gegeben, dieser aber ließ Böses ahnen, denn er blieb in geringer Höhe und hielt sich dicht am Boden, als wollte er diesem auch noch die wenige Feuchtigkeit entreißen, die der ungenügende Schneefall dieses Jahres zurückgelassen hatte. Aufmerksam studierte Walter Bellamy die Richtung und die Stärke des Windes. »Wenn der noch eine Woche anhält«, prophezeite er, »wird die Wirkung die gleiche sein, als ob wir siebzehn Zentimeter Regen verloren hatten.«
    Und der Wind hielt an. Noch schlimmer aber war sein Heulen, das die leeren Ebenen erfüllte. Es war leise und düster wie das Wehklagen eines verwundeten Coyoten und dauerte Tag und Nacht fort. Es war kein lautes, ohrenzerreißendes Heulen, aber es ging den Menschen durch Mark und Bein, und so war es nicht verwunderlich, wenn ein Farmer, oder noch häufiger seine Frau, plötzlich ausrief: »Dieser verdammte Wind! Hört der überhaupt nicht mehr auf?«
    Im Juni ließ das Heulen nach, und die Bewohner der über die Prärie verstreuten einsamen Höfe schüttelten einigermaßen belustigt den Kopf, wenn sie sich vergegenwärtigten, wie sie darauf reagiert hatten. »Meine Nerven waren wirklich bis zum Zerreißen gespannt«, gab Jenny Larsen zu. »War das nicht merkwürdig, wie der Wind wochenlang angehalten hat?« Alice Grebe, an die diese Frage gerichtet war, blieb stumm, denn es hatte im Mai Tage gegeben, da sie dachte, sie würde verrückt werden. Sie hatte Angst.
    Den Juni verbrachten die Männer damit, ihre Erdbohrer in den Boden zu stecken, um festzustellen, wieviel Schaden der Wind nun tatsächlich angerichtet hatte. Sie äußerten sich pessimistisch: »Wenn wir nicht noch einen richtigen Pladder bekommen«, prophezeite Magnes Volkema, »sieht es verdammt schlimm aus.« Es kam kein Regen. Dafür kehrte Ende Juni der Wind zurück, und diesmal mit entsetzlichen Folgen.
    Alice Grebe arbeitete gerade im Hof und versuchte, das Pfeifen zu überhören, als sie zufällig nach Westen, zu den Bergen hin, blickte und eine riesenhafte Wolke, so groß, daß sie den ganzen Himmel bedeckte, direkt auf sich zukommen sah. »Earl!« schrie sie, doch der war weit draußen auf dem Feld und in Erwartung des Regens damit beschäftigt, den Boden mit Grasmulch abzudecken.
    Als der gewaltige Sandsturm in furchterregender Stille über ihr zusammenschlug, glaubte sie, sie müsse ersticken. Den Staub aus trockenen Lippen spuckend, lief sie ins Haus, um ihre Kinder zu beschützen, die alle schon husteten. Zwei Stunden saß sie bei ihnen, zwei der seltsamsten Stunden, die sie je verbracht hatte, denn obwohl es Mittag war, wölbte sich ein nachtdunkler Himmel über dem Land, und eine unheimliche Düsternis bedeckte die Erde.
    Berge von Staub zurücklassend, ging der Sturm endlich vorbei, und nach einer Weile kehrte auch Earl spuckend und stampfend nach Hause zurück. »Das war eine tolle Sache!« meinte er, als er in die Küche trat.
    »Was war es denn!« fragte Alice mit verdutztem Gesichtsausdruck.
    »Nur ein Staubsturm.«
    »Es war schrecklich. Wie ein Wirbelsturm ohne Wind.« »Ja, vom Wind war nicht viel zu spüren.«
    Am Abend versammelten sich die Nachbarn, um Meinungen über diese seltsame Naturerscheinung auszutauschen, und auch Walter Bellamy kam herausgefahren, um sich mit ihnen zu besprechen. »Wir könnten echte Schwierigkeiten haben«, sagte er. »Ich habe gestern eine Zeitung aus Montana bekommen. Dort haben sie schon einige solcher Stürme erlebt.«
    »O Gott, nein!« stieß Alice unwillkürlich hervor.
    »Nur Ruhe, Alice«, sagte ihr Mann, »Es ist kein Hagelsturm und auch kein Tornado. Wir werden auch das überleben.«
    An diesen

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