Colorado Saga
bereit sein würde. An diesem Tag
versammelten sich alle jene jungen Männer, die mit dem Rücken die Bisonschädel hinter sich
hergeschleppt hatten, mit ihm im Kreis um den Altar, auf dem das Flachrohr ruhte, und begannen einen feierlichen Tanz. Zum Klang der Trommeln und dem monotonen Gesang der Stimmen bewegten sie sich feierlich, immer der Sonne zugewandt. So tanzten sie acht Stunden lang, angefeuert von ihren Stammesgenossen. Von Durst gepeinigt, hielten sie durch. Sie hatten schreckliche und schöne Visionen. Manche strauchelten, andere brachen zusammen, aber ständig forderten die Zuschauer sie auf, weiterzumachen, stark zu bleiben - bis endlich die Sonne unterging.
An jenem Abend kehrte der Lahme Biber in sein eigenes Tipi zurück, wo Blaues Blatt ihn erwartete. »Jetzt bin ich bereit zu gehen«, sagte er. Sie gab ihm zu essen, wusch seine Wunden und spendete ihm Trost für die Opfer, die er gebracht hatte. Vor Tagesanbruch machte er sich auf den Weg, still, lautlos und ohne Spuren zu hinterlassen - auf den Weg zu seinem einsamen Feldzug gegen die Pawnee. Mit kaum glaublicher Kraft ging und rannte er den ganzen Weg bis zum Zusammenfluß des nördlichen mit dem südlichen Platte, fand aber nirgends einen Pawnee. Er ging weiter nach Osten, tief in das Herz des feindlichen Territoriums, aber sie waren alle fort. Und als er in ihre Dörfer eindrang, waren sie ebenfalls verlassen.
Er wandte sich nach Süden in Richtung Kansas und ein ganzes Stück den Big Blue River entlang, aber kein Pawnee jagte dort. Dann witterte er weit im Westen
Bisongeruch. Das heißt, richtig riechen konnte er ihn natürlich nicht, dafür waren die Tiere viel zu weit entfernt, aber er schloß aus vielen Anzeichen, daß sich dort, ziemlich weit südlich des Platte, in Richtung auf das Apachengebiet, eine Bisonherde befand.
Im Vertrauen auf seinen Instinkt schwenkte er ab zum Arkansas, bis er auf Sichtweite an das Jagdlager der Pawnee herangekommen war. Drei Tage lang hielt er sich versteckt, unterwarf sich freiwillig einer grausam strengen Disziplin, denn er war allein und ohne Pferd. Er wollte warten, bis alle Umstände zu seinen Gunsten sprachen, das war, wenn er auch nur die geringste Chance haben wollte, unerläßlich. Seine Kräfte wurden genährt von der Entdeckung, daß die Pawnee mehrere hundert Pferde besaßen.
Am vierten Tag entschied er, daß die kommende Nacht die besten Möglichkeiten bieten würde. Falls je ein einzelner Krieger eine Chance hatte, dann war sie jetzt gekommen. Die Pawnee-Jäger waren weit nach Westen geritten - sehr weit für die Pawnee, die gewöhnlich im Osten blieben - und würden sehr müde heimkommen. Im Lager wurde seit drei Tagen geschlachtet, und auch das war eine harte Arbeit. Heute abend wollte er zuschlagen.
Nachdem er diesen Entschluß gefaßt hatte, begann er tief und fest zu schlafen und wachte erst gegen Mitternacht auf. Die Sterne sagten ihm, daß er noch sehr viel Zeit bis zum Morgengrauen hatte, und die verbrachte er damit, sich genau die Stelle auszusuchen, wo es ihm gelingen konnte, ungefähr zwanzig Pferde herauszuholen und mit ihnen im Galopp in Richtung Platte River davonzujagen. Der Wachtposten würde sich am entgegengesetzten Ende des improvisierten Corrals befinden, so daß der Lahme Biber einen kleinen Vorsprung haben würde.
Er atmete tief ein, rief die Erinnerung an seine Opferung an die Sonne ins Gedächtnis zurück, berührte seine Brust und sprach: »Ich bin von
Unserem Volk Mann-Oben, hilf mir.«
Lautlos schlich er zum anderen Ende des Corrals. Zu seinem Schrecken mußte er feststellen, daß sich der Wachtposten nicht dort befand, wo er in den vorangegangenen Nachten gestanden hatte, sondern hier, wo er die größte Gefahr bilden konnte. Er würde ihn also töten müssen, eine andere Lösung gab es nicht. Doch gerade als sich der Lahme Biber an den Wachtposten heranschleichen und ihm die Kehle durchschneiden wollte, heulte irgendwo ein Coyote drei tiefe Töne, die in einem höheren endeten. Der Posten blickte in die Richtung, aus der das Geheul gekommen war, nahm einen Stein und warf ihn ins Gebüsch. Dann warf er noch einen zweiten Stein, und wieder heulte der Coyote. Rasch hintereinander weitere Steine werfend, lief der Pawnee hinter dem Tier her, und in diesem Moment setzte der Lahme Biber über die Einzäunung, packte einen schönen Rotfuchs bei der Mähne, warf sich auf den Rücken des Hengstes und trieb etwa
Weitere Kostenlose Bücher