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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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und den verschiedenen anderen Verwandten. Wie die meisten Arapaho war er im Grunde seines Wesens sanftmütig und vermied den Kampf, soweit es ging, sah aber ein, daß der Wert eines Mannes von seiner Fähigkeit, Taten zu setzen, abhing. Menschen hatte er noch keine getötet und scheute davor zurück, sich zu überlegen, unter welchen Umständen er eines Tages dazu gezwungen sein könnte; er zog es vor, lieber gar nicht daran zu denken. Natürlich würde er sich der Notwendigkeit stellen, wenn sie sich einmal ergeben sollte, herbeirufen würde er sie aber nicht. Denn er litt an einer tiefen Furcht, daß er sich im kritischen Augenblick als Feigling erweisen könnte.
    Er fühlte sich eins mit den anderen Wesen der Natur. Nachdem er einmal im Fluß einen Fisch hatte springen sehen, den kräftigen Rücken zu einem herrlichen Bogen gespannt, ging er immer wieder ans Wasser hinunter und hoffte, dieses Schauspiel noch einmal zu erleben. Er machte gerne Ausflüge, um Holz für die Zeltstangen der Tipis zu schlagen, und wußte genau, welche Baumarten gute, haltbare Stangen lieferten. Er wußte viel über den Bison und verstand es, den
    Spuren von Reh und Hirsch zu folgen. Er kannte die Verstecke der Biber und wußte, wie man Adler fing, um an ihre Federn zu gelangen. Wenn es erforderlich war, dicht an den Rattlesnake Buttes vorbeizugehen, wußte er sich gegen die Giftschlangen zu schützen und dennoch einen Platz zu finden, von dem aus er die Präriehunde bei ihren Spielen beobachten konnte. Er mochte die Wölfe, weil er das Gefühl hatte, daß sie zur Erhaltung der Gesetze der Natur beitrugen. Bisweilen identifizierte er sich sogar sehr stark mit dem Wolf und hatte oft überlegt, ob es nicht ratsam sei, seinen Namen in Sonnenwolf umzuändern, nachdem er eines Tages einen riesigen Wolf gesehen hatte, der nach der Sonne schnappte.
    Dies war der Mann, der, immer noch voller Zorn darüber, daß man ihm seinen Schecken genommen hatte, sich auf eine große Aufgabe vorbereitete, indem er rituelle Reinigung erstrebte. Um ausführen zu können, was er sich vorgenommen hatte, würde er alle seine Fähigkeiten zum Einsatz bringen müssen, und das war nur möglich, wenn er sich selbst der Sonne zum Opfer darbot. Nachdem er einige Tage lang nachgedacht hatte, trat er vor seine Frau hin und sagte: »Wenn der Sonnentanz abgehalten wird, werde ich mich als Opfer darbieten.«
    Blaues Blatt schauderte. Als der Lahme Biber das sah, runzelte er finster die Stirn. »Wir müssen das Opfer bringen«, verlangte er, ohne jedoch zu erklären, welches Ziel er verfolgte, indem er sich der Sonne darbot. Er versuchte sie zu trösten, aber sie wollte nichts hören. Sie war sich der Tatsache bewußt, daß immer dann, wenn sich ein Mann der Sonne weihte, Dinge geschahen, deren Folgen nicht abzusehen waren.
    Der Sonnentanz, wie er zu jener Zeit von den Arapaho ausgeführt wurde, zog sich über acht Tage hin und war von so großer religiöser Bedeutung, daß auch andere, oft weit entfernte Dörfer dazu eingeladen wurden. Das Flachrohr wurde herumgetragen und zahlreiche komplizierte Rituale abgewickelt. Am vierten Tag wurden Stangen in den Boden getrieben und damit ein Zeremonienplatz gekennzeichnet, am fünften Tag innerhalb dieses Platzes ein Kreis für das Heiligtum abgegrenzt.
    Er wurde von vierzehn rot bemalten Weidenstöcken markiert, die von einer niedrigen Palisade aus Pappelzweigen geschützt wurden. In die Mitte wurde das Flachrohr gesetzt, flankiert von zwei schweren Bisonschädeln, auf denen je ein sehr scharfer, hölzerner Bratspieß sowie ein längerer Riemen lagen. Kleine Jungen blieben in Gedanken an den Tag, da sie die Mannbarkeit erreichen würden, vor diesen Tierschädeln stehen und schüttelten sich.
    Zwei junge Krieger, bekannt für ihre Tapferkeit, traten vor, weihten sich der Sonne, traten in die Mitte der Palisade und hoben die massigen Schädel samt Bratspießen und Riemen auf. Dann überreichten sie diese einer Gruppe älterer Männer und warteten gelassen, während die Alten die Spießspitzen auf ihre Schärfe prüften.
    Nun gingen die älteren Männer auf den ersten Krieger zu, tasteten nach seinem Rückenmuskel und stießen einen Bratspieß darunter. Mit aller Kraft zwangen sie das Holz unter dem straff gespannten Muskel hindurch, bis er auf der anderen Seite zusammen mit einem Blutschwall wieder herauskam. Sie probierten, ob der Spieß hielt, befestigten ein Ende des Riemens an ihm und knüpften das andere an den Schädel, den sie

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