Colorado Saga
übrigblieben. Blaues Blatt und die Pawnee. Die Bisons existierten für ihn nicht mehr, sollten andere sie jagen. Der Biber und die Klapperschlange! Sollten sich von nun an andere damit herumschlagen. Über die Ute hatte er sich nie große Gedanken gemacht, sie waren zwar standhafte Krieger, wenn man jedoch seine Stellung hielt, konnte man mit ihnen fertig werden. Als der Herbst fortschritt, waren er und Blaues Blatt gezwungen, der schrecklichen Situation, in der sie sich befanden, ins Auge zu sehen, aber er wußte keinen Ausweg, und auch sie sah nirgends einen. Daher war sie darauf vorbereitet, als er verkündete: »Wenn wir gegen die Pawnee ziehen, werde ich mich anpfählen.« Damit beging er für einen edlen Zweck Selbstmord, und das wußte sie.
Die Tatsache, daß der berühmteste Krieger der Arapaho bereit war, sich zu opfern, um den Pawnee eine Lektion zu erteilen, löste beim ganzen Stamm eine Woge von Patriotismus aus, und der unentschlossene Ältestenrat konnte eine Entscheidung zugunsten eines Kriegszuges nicht mehr verhindern. Der Krieg wurde ohne seine Zustimmung und ohne seine Billigung beschlossen. Die nach der Ankündigung des Lahmen Bibers entstandene Kampfstimmung war jedoch so groß, daß alle den Sieg für sicher hielten.
In fliegender Eile wurden die Vorbereitungen
getroffen, denn der Schlag mußte noch vor dem
ersten Schneesturm erfolgen. Die jungen Krieger
pflegten ihre Pferde und ölten ihre Gewehre mit Bisonfett. Der Lahme Biber verbrachte die Zeit
ausschließlich mit Blauem Blatt - zwar ohne von seiner Liebe zu ihr zu sprechen, sie aber immer wieder auf andere Weise an das schöne Leben erinnernd, das sie miteinander geteilt hatten. »Weißt du noch - die Wildente in der Pappel?« fragte er sie. Wo war das gewesen, an welchem dahineilenden Bach, den sie einmal und nie wieder besucht hatten? Sie waren an so vielen Wasserläufen entlanggezogen, hatten ihr Tipi in so vielen Tälern aufgeschlagen, daß sie sich nicht mehr an alle erinnerten, einmal aber hatte sich eine Wildente in einer Pappel verfangen, er hatte sie schlachten und essen, Blaues Blatt sie aber freilassen wollen - und so war sie, Tage hinter den anderen zurück, doch noch nach Norden weitergeflogen.
Dann war da auch noch der zahme Elch, der sich im Norden ganz in der Nähe des Lagers aufgehalten hatte, und das Heulen der Coyoten am Arkansas, als die Arapaho gegen die Comanchen Krieg führen wollten, und die sandigen Uferstellen, an denen ihre Kinder spielten. Ein ganzes Universum endloser Horizonte und rotgolden-feuriger Sonnenuntergänge war ihnen beschieden gewesen.
»Weißt du noch, damals, als wir noch keine Pferde hatten?« fragte er sie, und dann sprachen sie von jener beschwerlichen Zeit, als Hunde und Frauen die Schlitten zogen, damit die Männer sofort jeden Angriff abwehren konnten. »Wie langsam kamen wir damals doch vorwärts!«
Dann kam der Tag, an dem die Krieger nach Osten ritten. Es war kalt, und die Pappeln hatten ihre Blätter verloren. Der Lahme Biber sagte seiner Frau Lebewohl, die Tochter, die ihnen zuschaute, beachtete er nicht. Er hatte sein gutes Pferd, sein Gewehr, seine Tasche. Das Signal wurde gegeben, und er verließ die Rattlesnake Buttes für immer.
Die Arapaho näherten sich vorsichtig dem Zusammenfluß des nördlichen und des südlichen Platte, wo sie jedoch keinen Feind fanden, denn die Pawnee hatten sich für den Winter weit im Osten niedergelassen. Sie marschierten also in jener Richtung weiter, bis sie auf ein ansehnliches Dorf stießen. Doch ob die Pawnee das Mädchen, das sie opfern wollten, hier oder in einem anderen Lager gefangenhielten, wußten sie nicht, es war seit ihrer Gefangennahme inzwischen auch so viel Zeit vergangen, daß sie vermutlich längst tot war - eine Tatsache, die alle anerkannten, nur der Lahme Biber nicht. Der wiederholte immer wieder: »Wir werden unser Mädchen befreien.« Er hatte sie niemals gesehen und konnte sich nicht einmal darauf besinnen, wessen Tochter sie eigentlich war. Befreit aber mußte sie unbedingt werden! Die Anführer der Krieger beschlossen, dieses Dorf anzugreifen, ob nun das Mädchen dort war oder nicht, also wurde wieder einmal ein Schlachtplan entworfen.
Die Rolle des Lahmen Bibers in diesem Kampf war eindeutig. »Ich werde mich anpfählen - dort drüben. Ich werde mit keinem Krieger kämpfen, der mich angreift, sondern auf den großen Häuptling Wildes Wasser warten und
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