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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Biber seine letzten Heldentaten zusprachen, fand in der Asche des zerstörten Pawnee-Dorfes eine Zusammenkunft statt, die weitreichende Folgen haben sollte. Bei der Bestattung ihres großen Häuptlings Wildes Wasser hatte einer der Pawnee entdeckt, daß der Tod durch eine goldene Kugel verursacht worden war. Kurz darauf stellte sich heraus, daß auch der Unterhäuptling an einer goldenen Kugel gestorben war. Da die Pawnee aufgrund ihres ausgedehnten Handels mit den Weißen den Wert des Goldes kannten, war diese Entdeckung eine Sensation.
    Die Kugeln wurden durch zwei Weiße den Missouri hinunter zum Handelsposten in Saint Louis geschickt und dort einem Händler übergeben, der über die Reinheit des Goldes und die offensichtliche Größe der Nuggets, aus denen sie geformt waren, staunte. Die weißen Männer plagten die Pawnee immer wieder mit Fragen, erhielten aber lediglich zur Antwort: »Lahmer Biber, großer Häuptling der Arapaho. Er hat die Kugeln geschossen.« Auf diese Weise entstand die Legende, ein Arapaho-Häuptling namens Lahmer Biber habe eine Mine mit purem Gold entdeckt, aus dem er seine Kugeln für die Bisonjagd gefertigt habe. »Durchsucht die Bisonknochen, dann findet ihr seine goldenen Kugeln. Noch besser, stellt fest, wo seine Goldmine liegt, dann werdet ihr unermeßlich reich.« Wohl tausend Goldsucher fielen daraufhin über die Prärie her, um die Berge zu durchwühlen und die Mine des Lahmen Bibers, des Indianers, der mit goldenen Kugeln schoß, zu finden. Doch keiner von ihnen hätte die Wahrheit geglaubt: daß der Lahme Biber diese Kugeln verschossen hatte, ohne zu wissen, wie wertvoll sie waren.
    Im Arapaho-Lager nahm nun ein grausames Kapitel indianischer Sitten seinen Anfang. Da Blaues Blatt nicht mehr die Ehefrau eines Kriegers und Mitoberhaupt einer Familie war, hatte sie nicht mehr das Recht auf ein eigenes Tipi; Frauen aus allen Teilen des Lagers fielen darüber her, um es für ihren eigenen Gebrauch zu plündern. Zuerst verschwanden die beiden Stangen, mit denen die Luftzufuhr durch die obere Rauchklappe geregelt wurde. Die schnappte sich eine Frau, deren Mann sie bereits seit langem begehrte.
    Als nächstes wurden die drei Hauptstangen gestohlen, die der Lahme Biber im Blue Valley geschlagen hatte. Sie wurden rücksichtslos aus dem Boden gerissen, die Abdeckung aus Bisonfellen heruntergefetzt, so daß der Rest des Tipi zusammenbrach. Auch die etwas kleineren Stangen fanden Abnehmer, denn überall war bekannt, daß der Lahme Biber die besten im ganzen Lager besaß.
    Die Bisonfelle waren kein lohnendes Objekt; sie waren alt und hätten bald ersetzt werden müssen. Die Taschen aber, die der Lahme Biber selbst gemacht hatte, waren stabil und sehr begehrt. Um die größten balgten sich zwei Frauen, von denen eine einen Messerstich in die Hand davontrug, der aber der Plünderung keineswegs ein Ende setzte. Gleich darauf war auch die Tonschale verschwunden.
    Das Bett, auf dem der Lahme Biber einen so großen Teil seines Lebens verbracht hatte, ging in den Besitz einer jungen Frau über, die es mit seinen bemalten Rückenlehnen für ihren Mann begehrte, und die schöne Bisonhaut mit den Abbildungen der vielen Heldentaten des Lahmen Bibers verschwand spurlos. Wer sie genommen hatte, vermochte niemand zu sagen.
    So wurde das Tipi allmählich zerstört, und Blaues Blatt besaß am Ende dieses Tages nur noch, was sie auf dem Körper trug. Tönerne Schale, ihre Tochter, fand wenigstens im Tipi ihres Onkels einen Platz zum Schlafen. Blaues Blatt hatte nicht einmal den, denn das Gesetz der Prärie war klar und eindeutig: Ältere Witwen, die keinen Mann mehr hatten, der für sie sorgte, waren eine unnütze Last, von der sich der Stamm nicht behindern lassen durfte. Für eine ältere Frau wie Blaues Blatt, die keinen Sohn hatte, der sie beschützte, und keinen Bruder, der sie in sein Tipi einlud, gab es kein Heim und konnte es keines geben. In jener Nacht fiel der erste Schnee. Blaues Blatt überlebte sie, weil sie sich ein Plätzchen zwischen den
    Pferden gesucht hatte. Tönerne Schale, die am folgenden Tag ihren Zustand sah, wollte sie in das Tipi mitnehmen, in dem sie selbst Zuflucht gefunden hatte; ihr Onkel aber, jener Bruder von Blaues Blatt, dem der Lahme Biber seinen Schecken hatte geben müssen, verweigerte ihr die Aufnahme.
    In der dritten Nacht tobte ein Schneesturm, und Blaues Blatt fand wieder nur Unterschlupf bei den vor Kälte zitternden Pferden. Sie hatte den ganzen Tag nichts gegessen

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