Colours of Love - Entblößt: Roman (German Edition)
Holzvertäfelungen manchmal ein bisschen düster, aber die Einrichtung ist sehr stimmig und geschmackvoll und irgendwie auch urig – ein echtes Stück Geschichte, das mich total begeistert. Wie kann Jonathan das alles nur so ablehnen?
Sarah geht mit uns durch die große Eingangshalle, von der eine geschwungene Holztreppe rauf in den ersten Stock führt, und dann weiter durch einen langen, leeren Saal mit mehreren Kronleuchtern an der Decke, an dessen einem Ende drei Männer gerade dabei sind, eine breite Bar aufzubauen.
»Hier findet morgen Abend der Ball statt«, erklärt mir Sarah. »Und da drüben das große Dinner«, sie deutet auf einen Durchgang in einen zweiten, ähnlich großen Raum, in dem Frauen mit Schürzen geschäftig die Tische decken.
»Essen wir dort heute Abend schon?« Die Tatsache, wie festlich das alles aussieht, beunruhigt mich.
»Nein, heute Abend kommen nur ein paar Leute – vor allem Bekannte hier aus der Gegend – zu einem kleinen Empfang, und mit denen, die bleiben, essen wir im Speisezimmer. Richtig los geht es erst morgen«, antwortet Sarah und führt uns über einen kleinen Flur in ein hübsches, sehr viel kleineres Zimmer, von dem aus man einen sehr schönen Blick in den weitläufigen Garten hinter dem Haus hat.
Die Wände sind mit einem glänzenden tiefroten Stoff bespannt, der auch für die Polster der zierlichen Sitzmöbel – ein Sofa, eine Chaiselongue und mehrere Sessel – verwendet wurde, weshalb der Raum, wie Sarah mir erklärt, auch der »Rote Salon« genannt wird. Auf dem niedrigen Tisch vor der Couch – der auch eine Antiquität aus einem sehr schön lackierten, glänzenden Holz ist – steht ein hübsches, unglaublich filigranes Porzellan-Teeservice, das offenbar auf uns wartet.
Die anderen setzen sich, doch mich zieht es an das Fenster. Neugierig betrachte ich den Garten. Er ist klassisch angelegt und typisch englisch, genau wie man sich das vorstellt, mit niedrigen Buchsbaumhecken und symmetrisch angeordneten Blumenbeeten in aufeinander abgestimmten Farben und Formen. Unwillkürlich muss ich an unseren Kräutergarten zu Hause in Illinois denken. Mom arbeitet den ganzen Tag in der Stadt, und Grandma hat auf der Farm viel zu viel zu tun, um sich wirklich darum zu kümmern, deshalb wächst dort grundsätzlich alles, wie es will. Verwildert wäre vermutlich der richtige Ausdruck, und der Gegensatz zu diesem feinen englischen Garten könnte tatsächlich krasser nicht sein. Es ist eine ganz andere Welt, denke ich und seufze tief, weil es mir wieder bewusst macht, wie wenig ich hier eigentlich herpasse. Und mit dieser Erkenntnis kehren auch meine Befürchtungen zurück, was das Fest angeht, für das auf der Wiese neben den Blumenbeeten schon mehrere große weiße Zelte aufgestellt sind.
»Ganz schön beängstigend, oder?«, sagt Alexander, der hinter mich getreten ist, ohne dass ich es bemerkt habe, und als ich mich überrascht zu ihm umdrehe, lächelt er. »Mir ging es ähnlich, als ich das erste Mal hier war«, erklärt er mir. »Aber man gewöhnt sich dran.«
Dankbar erwidere ich sein Lächeln. Ich hatte ganz vergessen, dass er – wie ich – aus einfachen Verhältnissen stammt und das hier auch nicht so selbstverständlich findet wie Jonathan und Sarah das tun, was mich ungemein tröstet. Denn wenn er jetzt damit zurecht kommt, dann schaffe ich das bestimmt auch, denke ich, während ich ihm rüber zum Tisch folge.
Ich setze mich neben Jonathan auf die kleine Couch und nehme die Tasse Tee entgegen, die er mir reicht.
Solange es nur Sarah, Alex und Jonathan sind, mit denen ich zusammen bin, finde ich das alles ohnehin noch recht entspannt und habe nur Stress, weil die Teetasse aus so dünnem und deshalb vermutlich überaus teurem Porzellan besteht, dass ich Angst habe, sie zu zerbrechen.
Sarah berichtet noch einmal ausführlich, was der Arzt zum Heilungsprozess ihres Beines gesagt hat, und erklärt mir dann haarklein, wie genau das mit dem Wohltätigkeitsball auf Lockwood Manor funktioniert.
»Die Teeparty am Nachmittag findet vor allem für die Bewohner von Lockwood statt. Es ist eine offene Veranstaltung, deshalb geht es da nicht ganz so formell zu. Zum Dinner und dem anschließenden Ball im großen Saal kommen dann nur noch Gäste, die dafür eine Eintrittskarte erworben haben. Es gibt einen Mindestbetrag, doch die Leute können natürlich auch mehr geben, wenn sie wollen. Der Erlös geht an die Lockwood-Stiftung, die meine Mutter gegründet hat, und die
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