Colours of Love - Entblößt: Roman (German Edition)
damals unter die Arme gegriffen und das Schlimmste abgewendet, und für eine Weile ging es. Ich dachte sogar, ich hätte das Problem im Griff.«
Er trinkt von seinem Whisky. »Aber jetzt haben mich die Sünden von damals wieder eingeholt«, fährt er fort. »Ein Haus wie Lockwood Manor kostet sehr viel Unterhalt. Ich musste über die Jahre immer wieder neue Kredite aufnehmen, und es hat sich so summiert, dass es mir endgültig über den Kopf gewachsen ist. Die Bank hat mir ein Ultimatum gestellt.«
»Sie sollen das Haus verkaufen?«
»Ich muss es verkaufen«, sagt er mit einem verzweifelten Unterton in der Stimme. »Nur der Erlös kann mich noch vor dem finanziellen Ruin retten. Ich hätte es schon vor Jahren dem National Trust überschreiben sollen, aber ich habe zu lange gezögert …«
»Dem National Trust?«, frage ich nach, weil mir das nichts sagt.
»Das ist eine Stiftung, die englische Kulturgüter übernimmt und erhält, um sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eigentlich eine gute Sache, viele Landhäuser hier bei uns konnten so vor dem Verfall bewahrt werden. Aber ich habe immer gezögert in der Hoffnung, dass Jonathan doch noch zur Vernunft kommt. Ich wollte Lockwood Manor für ihn und Sarah bewahren, schließlich ist es seit Hunderten von Jahren der Sitz unserer Familie.« Er legt die Hand an die Stirn, und ich kann sehen, dass ihn die Vorstellung, dass ausgerechnet er es sein wird, der das Haus verliert, sehr belastet. »Aber nun wird mir nichts anderes mehr übrig bleiben als zu verkaufen.«
»Es sei denn, Jonathan hilft Ihnen?«, frage ich.
Er trinkt den Rest von seinem Whisky, und als er mich wieder ansieht, wechseln sich Hoffnung und Resignation in seinen grauen Augen ab. »Mit seinen Mitteln wäre es ihm ein Leichtes, mir zu helfen und Lockwood Manor zu sanieren. Aber ich fürchte, er wird es nicht tun.«
Nein, denke ich, und der Earl tut mir leid, weil ich ihm auch kaum Hoffnung machen kann.
»Haben Sie mit ihm schon mal darüber gesprochen?«
Der Earl stößt schwer die Luft aus und lässt die Schultern nach vorn fallen. »Nein. Ich habe auf eine Gelegenheit gewartet, es ihm zu sagen, doch es hat sich nicht ergeben.«
Wie auch, denke ich, wenn die beiden jedes Mal streiten, sobald sie aufeinandertreffen.
»Und jetzt soll ich es ihm sagen?« Er nickt, aber ich bin nicht sicher, ob ich für diese Vermittlerrolle, die er mir da zugedacht hat, wirklich tauge. »Wäre es denn nicht besser, wenn Sie das selbst tun? Das ist doch eine Familienangelegenheit.«
Der Earl zuckt mit den Schultern. »Sie haben ihn doch erlebt«, sagt er niedergeschlagen. »Er würde mich vermutlich nicht mal ausreden lassen, bevor er ablehnt.«
»Und Sarah? Zu ihr hat Jonathan doch eine sehr enge Bindung.«
Er schüttelt den Kopf. »Sie hat schon so oft versucht, zwischen uns beiden zu vermitteln. Jonathan liebt sie sehr, aber er hört nicht auf sie.« Mit neuer Hoffnung sieht er mich an. »Deshalb müssen Sie für mich sprechen, Grace. Ich glaube, dass Sie die Einzige sind, die ihm klar machen kann, dass er das alles nicht aufgeben darf.«
Ich schlucke und sehe den Earl an, nicht sicher, was ich antworten soll. Denn er hat völlig recht: Jonathan wird es nicht tun. Er hat kein Interesse an seinem Erbe und schon gar nicht an dem Haus. Woran der Earl selbst ja nicht unschuldig ist, denke ich, sage es aber nicht laut. Ich habe das Gefühl, dass er weiß, wie viel Anteil er daran hat, dass das Verhältnis zu seinem Sohn so zerrüttet ist. Und es hilft ja jetzt auch nichts, darüber zu jammern. Es muss eine Lösung her, deshalb suche ich in Gedanken hektisch nach Alternativen.
»Ich weiß nicht, ich glaube, das ist wirklich schwierig. Aber wenn Jonathan nicht bereit ist, hilft Ihnen Alexander vielleicht«, schlage ich ihm vor. »Er ist Ihr zukünftiger Schwiegersohn, und es ist ja auch Sarahs Erbe. Es ist Alex sicher ein Anliegen, dafür zu sorgen, dass es nicht verloren geht.«
Doch der Earl schüttelt sofort den Kopf. »Nein. Ich möchte Alexander damit nicht behelligen«, erklärt er, und als ich die verzweifelte Entschlossenheit in seinen Augen sehe, begreife ich plötzlich, dass es um mehr geht als nur um die Rettung von Lockwood Manor.
Das fehlende Geld ist ein Problem, und seine desaströse finanzielle Situation setzt dem Earl wirklich zu, das ist alles nicht gelogen – er will Lockwood Manor nicht verlieren. Aber es ist ihm auch Mittel zum Zweck. Denn er hofft, dass Jonathan dadurch endlich in
Weitere Kostenlose Bücher