Colours of Love
bevor ich richtig darüber nachgedacht habe. Sie drängt einfach aus mir heraus.
Er hebt die Augenbrauen, dann schnaubt er leicht und schüttelt lächelnd den Kopf. Offenbar findet er mich ziemlich amüsant.
»Möchten Sie lieber in der Investment-Abteilung bleiben?« Er sagt das schon wieder mit diesem Unterton, der mir deutlich zu verstehen gibt, dass ich offensichtlich nicht ganz richtig im Kopf bin. »Wenn Sie diese Chance nicht wahrnehmen wollen, dann …«
»Doch, natürlich will ich.« Es ist der ehrgeizige Teil von mir, der ihm das hastig versichert, bevor der andere eine Chance hat, richtig darüber nachzudenken. »Ich … wundere mich ja nur.«
»Worüber?«
Dieser Mann treibt mich noch in den Wahnsinn. Fast verzweifelt sehe ich ihn an, weil ich nicht weiß, ob ich mich traue, das zu fragen, was mir auf der Seele brennt.
»Machen Sie das öfter?« Diesmal ist es die warnende Stimme, die sich durchsetzt und die Frage stellt. Wenn er so etwas oft macht, dann bin ich nichts Besonderes. Aber wenn nicht – wieso dann ich?
Wieder sieht er mich auf diese halb amüsierte, halb verärgerte Weise an und schiebt sich das Haar aus der Stirn.
»Was, ob ich oft nette Angebote mache? Nein, tue ich nicht. Und ich kann es in Zukunft auch lassen. Denn Sie scheinen ein echtes Problem damit zu haben, Miss Lawson.«
»Nein, das haben Sie missverstanden, ich …« Ich hole tief Luft. Und selbst wenn, denke ich, und schlage Annies Warnungen und meine eigenen Bedenken in den Wind. Selbst wenn er ein anderes Motiv hat, was immer das sein mag – will ich wirklich auf die Möglichkeit verzichten, die er mir bietet? Ich meine, hallo? Jonathan Huntington will nett zu mir sein. Da sagt man doch nicht nein. »Ich bin begeistert. Wirklich. Ich möchte das sehr gerne machen.«
Er schweigt für einen Moment und fixiert mich nur mit seinen viel zu blauen Augen. Prüfend. So als würde er erwarten, dass ich meine Meinung vielleicht doch noch ändere.
»Also«, sagt er schließlich und steht auf. »Dann sollten wir darauf anstoßen.«
Er geht zu einem der Schränke hinüber, der in der Nähe der Ledercouch steht, und als er ihn öffnet, sehe ich, dass es eine Bar ist. Überrascht schaue ich auf die Uhr. Es ist erst halb neun. Er will doch jetzt nicht ernsthaft schon Alkohol trinken?
Kurz darauf dreht er sich um. »Kommen Sie«, fordert er mich auf. In den Händen hält er zwei hohe Gläser mit einer dunkelorangenen Flüssigkeit. Als ich bei ihm bin, reicht er mir eins davon. Skeptisch betrachte ich es.
»Was ist das?«
»Ein Fruchtcocktail.« Einer seiner Mundwinkel hebt sich spöttisch. Offenbar hat er meine Gedanken erraten. »Meine Tage sind lang, und ein paar Vitamine am Morgen können nicht schaden. So früh trinke ich für gewöhnlich noch keinen Alkohol.«
»Nein, natürlich nicht«, erwidere ich und stöhne innerlich, weil ich so leicht zu durchschauen bin.
Es klopft kurz an der Tür, und einen Augenblick später kommt die schöne Schwarzhaarige herein. »Mr Huntington, ich müsste Sie kurz sprechen.«
»Einen Moment«, sagt er zu mir und stellt sein Glas auf den Glastisch vor der Couch ab. »Ich bin gleich zurück.«
Unentschlossen stehe ich mit meinem Fruchtcocktail in der Hand da, als ich allein in dem großen Büro bin. Ich bin immer noch völlig überwältigt, aber plötzlich spüre ich auch eine kribbelnde Aufregung. Erst jetzt wird mir wirklich klar, was das alles für mich bedeutet. Was für eine Chance!
Ein oder zwei Minuten rühre ich mich nicht von der Stelle. Aber weil es nicht so aussieht, als würde er gleich zurückkommen, sehe ich mich zum ersten Mal richtig im Raum um – und bemerke eine Tür an der Wand, die mir vorher noch gar nicht aufgefallen war. Sie steht einen Spalt weit auf.
Neugierig umrunde ich die Couch und trete näher heran, aber der Spalt ist so schmal, dass ich nicht hindurch sehen kann. Deshalb schiebe ich die Tür vorsichtig noch ein Stück weiter auf, und dann, als ich sehe, was dahinter liegt, ganz. Es ist – ein Schlafzimmer. Mit einem breiten Bett mit einem Gitterkopfteil, auf dem eine hellbraune Tagesdecke liegt, und hohen Einbauschränken an den Wänden. Eine weitere Tür scheint in einen Waschraum oder ein kleines Bad zu führen. Hier ist die Außenwand auch verglast, aber es hängen Stoffblenden davor, die sich bei Bedarf schließen lassen.
Staunend betrachte ich das Zimmer. Dass er in seinem Büro auch übernachten kann, hätte ich nicht gedacht. Aber vielleicht
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