Colours of Love
freut. Sie lächelt zwar, aber es wirkt neutral und professionell. Ich kann ihr nicht ansehen, was sie wirklich davon hält, dass ich hier bin, und das macht mich nervös.
»Kann ich reingehen?«
»Einen Moment noch«, erklärt sie mir und kehrt hinter ihren Schreibtisch zurück. Sie holt einige Papiere, die auf einem Klemmbrett befestigt sind, und reicht sie mir, zusammen mit einem Kugelschreiber.
»Bitte unterschreiben Sie das.«
Ich überfliege den Text. Es sind drei Seiten, eng bedruckt mit Paragraphen. Der Sinn ist klar. »Eine Verschwiegenheitserklärung?«
»Genau. Wir müssen uns absichern, ich denke, das werden Sie verstehen. Nichts, was Sie während Ihres Aufenthaltes hier erfahren, darf nach außen dringen. Sollten Sie sich nicht daran halten, wird unsere Rechtsabteilung sofort die entsprechenden Schritte einleiten.« Ihr Lächeln ist jetzt süßlich, und mir gefällt die Art nicht, wie sie »wir«, sagt. So als würde ich definitiv nicht dazugehören.
Ohne einen Blick auf die einzelnen Paragraphen zu werfen nehme ich den Stift und unterschreibe, dann reiche ich ihr das Blatt lächelnd zurück. Ich habe nicht vor, irgendetwas auszuplaudern, aber ich will dieser Frau auch nicht die Genugtuung geben, dass sie mich verunsichert hat. »Ist sonst noch was?«, frage ich betont gelangweilt.
»Sie können jetzt reingehen«, erwidert Catherine Shepard. Leider ist ihr auch nicht anzusehen, ob ich sie beeindruckt habe. Mit weit ausholenden Schritten marschiere ich zu Jonathan Huntingtons Bürotür und trete nach kurzem Klopfen ein.
Jonathan steht hinter dem Schreibtisch am Fenster und telefoniert mit seinem Handy. Als er mich sieht, macht er mir ein Zeichen, reinzukommen. Noch während ich auf ihn zugehe, beendet er sein Gespräch und kehrt zum Schreibtisch zurück, wo er einige Papiere nimmt.
»Noch mehr zum Unterschreiben?«, frage ich und bereue es sofort, weil ich klinge wie ein trotziges Kind.
Er hebt die Augenbrauen. Offensichtlich weiß er genau, was ich meine. »Diese Vereinbarung ist eine notwendige Absicherung.« Sein Tonfall ist ruhig, aber bestimmt. »Haben Sie ein Problem damit, Grace?« Ich spüre, dass von meiner Antwort abhängt, ob das Angebot weiter Bestand hat.
»Nein«, versichere ich ihm. »Ich hatte sowieso nicht vor, die Geschäftsgeheimnisse von Huntington Ventures in die Welt hinauszuposaunen.«
»Es würde Sie auch teuer zu stehen kommen, wenn Sie das tun.« Es ist eine Warnung, aber er spricht sie mit so viel Selbstbewusstsein aus, dass es mir den Unterschied zwischen uns noch einmal vor Augen führt. Er leitet ein extrem erfolgreiches Unternehmen. Würde ich mich gegen ihn stellen, hätte ich keine Chance. Nicht den Hauch einer Chance.
Dann wird mir plötzlich klar, was mich so ärgert. Dass er mir nicht vertraut. Was natürlich Unsinn ist. Er kennt mich nicht und muss vorsichtig sein, wenn er mir vertrauliche Einblicke in seine Geschäfte gewährt. Aber trotzdem beleidigt es mich. »Wie ich schon sagte: das hatte ich nicht vor«, wiederhole ich und wünschte, ich hätte von diesem Thema gar nicht erst angefangen.
Jonathan scheint das auch so zu sehen, denn er hält mir die Papiere entgegen. »Hier, die Unterlagen zu dem Projekt, zu dem wir gleich ein Meeting haben. Sie können sich da vorn hinsetzen und sie sich ansehen, damit Sie wissen, worum es geht.« Er deutet auf die Ledercouch und lächelt kurz, dann setzt er sich auf seinen Stuhl und greift erneut zum Telefon.
Ich befolge die Anweisung gehorsam und setze mich auf die breite Ledercouch. Während ich mich in die Unterlagen einlese, höre ich mit einem Ohr zu, was er am Telefon bespricht. Aber da ich ja nur die eine Hälfte mitbekomme, verstehe ich nicht, worum es geht. Es ist auf jeden Fall irgendetwas Geschäftliches.
Verstohlen schaue ich manchmal zu ihm rüber und lausche seiner Stimme. Sie klingt tief und entschlossen, und irgendwie bin ich sicher, dass er bekommen wird, was er will. Er hat die Ärmel seines Hemdes aufgekrempelt und hochgeschoben. Seine Unterarme sind kräftig, und ich sehe die Sehnen, die sich unter der Haut abzeichnen. Ich kann den Blick nicht davon lösen, und das hohle, ziehende Gefühl in meinem Magen kehrt zurück. Wie es wohl wäre, wenn er diese Arme um mich legt …
Ich schlucke, weil mein Mund plötzlich wieder ganz trocken ist. Er wird die Arme nicht um dich legen, Grace, also beruhig dich wieder, ermahne ich mich. Er beachtet mich ja nicht mal, fast so, als wäre ich gar nicht da. So
Weitere Kostenlose Bücher