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Columbus

Titel: Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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über seine Ideen disputieren und sich auf diese Weise mit Argumenten »fit machen« kann für seinen Auftritt vor dem Ausschuss, wenn dann sein Anliegen endlich geprüft wird. Außerdem hat das Kloster eine reiche Bibliothek, die er gewiss zu nutzen weiß.
    In den Diskussionen, die der Mönch und der Seefahrer geführt haben, wird mit Sicherheit auch die Rede davon gewesen sein, wie man mit den Menschen umgehen soll, auf die der Entdecker, wie er hofft, in den fremden Welten stoßen wird. Es galt damals als ausgemacht, dass man als Christ für die Verbreitung des Christentums zu sorgen hat - das bedeutet also, man tauft alles, was einem begegnet...
    Und schon sind wir wieder mitten in den Widersprüchen. Wir werden sehen, dass Columbus auf seiner ersten Fahrt nicht einmal einen Priester an Bord hat. Andererseits war er in seiner Haltung den »Heiden« gegenüber durchaus ein Kind seiner Zeit. Dass sie Menschen zweiter Klasse waren, dass man sie willkürlich ausbeuten, versklaven oder gar töten durfte, hielt er für so selbstverständlich wie jedermann in der christlichen Welt damals. Und gewiss hat ihm Fray Diego da nicht widersprochen.
    Welche unheilvollen Folgen Columbus’ Haltung in dieser Frage haben wird, werden wir später sehen.
    Mit dem Wohnsitz im Kloster hat es aber sicher noch eine andere Bewandtnis. Sicher ist es diplomatischer, nicht weiterhin auf Tuchfühlung mit Beatriz de Bobadilla zu hausen, um dem grassierenden Gerede nicht noch mehr Vorschub zu leisten. Ihre Treffen finden an einem dritten Ort statt.
    Hier in Salamanca endlich beruft Talavera sein Gremium ein und es kommt zur ersten Anhörung. Sie verläuft alles andere als günstig.
    Â 
    Columbus wirft den vornehmen Gelehrtentalar aus Samt, den er sich extra zu diesem Anlass besorgt hat, achtlos aufs Bett und lässt sich schwer auf einen Stuhl fallen. Hat zunächst keinen Blick für die Frau, die ihr Haar gelöst hat für die Stunden, die sie jetzt zusammen sein werden in dem verschwiegenen Zimmer, das sie gemietet haben für ihre gemeinsamen Nächte.
    Sie tritt hinter ihn, berührt seine Schultern, lässt ihre Finger kreisen, versucht, seine verkrampften Muskeln zu lösen. »Es ist nicht gut gegangen«, sagt sie, und es ist eigentlich keine Frage, sondern eine Feststellung.
    Er stößt einen Ruf des Unmuts aus. »Das ist nun die Elite Europas, die Herren von der berühmten Universität Salamanca! Ein Haufen Hohlköpfe und Doktrinäre! Sie haben mich nicht ernst genommen, Beatriz - kein einziges Argument von mir! Ich glaube, sie haben sich über mich lustig gemacht!«
    Er ist außer sich vor Zorn. Sie knetet weiter seinen Nacken und verschweigt, dass auch sie nicht immer in der Lage ist, seine Argumente ernst zu nehmen …
    Â»Womit wollten sie dich denn widerlegen?«, fragt sie.
    Â»Mit dem alten theologischen Unsinn! Der heilige Paulus soll gesagt haben, dass der Himmel sich wie ein Zelt über die Erde spanne. Also muss die Erde flach sein!« Wütend schnaubt er durch die Nase.
    Er hört, dass sie leise lacht.
    Â»Was ist jetzt gerade komisch?«, fährt er auf.
    Â»Und wenn du dich auf den Propheten Jesaja berufst, der etwas über Inseln sagt, dann ist das kein theologischer Unsinn?«
    Â»Willst du jetzt auch noch mit mir streiten? Bitte, ich bin gerade in Übung! Wie kannst du das auch nur im Entferntesten vergleichen! Das eine ist eine große Prophezeiung, das andere nur kleinliche Haarspalterei!«
    Â»Zu der du bekanntlich nicht neigst!«
    Er fährt auf, schüttelt ihre Hände ab. »Was ist in dich gefahren? Warum haust du in die gleiche Kerbe wie diese - diese arroganten Leute von vorgestern?«
    Sie seufzt. »Manchmal weiß ich nicht, ob ich dich bewundern soll oder belächeln«, sagt sie mit gerunzelten Brauen. »Du bist so unbedingt.«
    Â»Du meinst wohl einseitig?«
    Â»Das auch.«
    Er greift nach seinem Mantel. »Ich sollte wohl lieber wieder gehen. Hatte mir einen anderen Empfang erhofft hier bei dir.«
    Er fasst schon nach der Klinke, als sie ihm in den Weg tritt. »Verzeih, Colón«, sagt sie sanft. »Ich bin - nun, ich habe schlechte Laune. Ich wollte dich nicht kränken. Bitte, erzähl mir weiter von der Anhörung.«
    Er duldet es, dass sie ihm den Mantel wieder abnimmt. Fährt dann fort:
    Â»Ihr Hauptargument war, dass es keine Antipoden geben kann,

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