Columbus
Ungewisses. Ich muss die Inseln nur finden.«
»Hast du sie irgendwie verlegt in deiner Seekiste?«
Er will wieder auffahren, aber sie legt ihm die Hand auf den Mund.
»Was deine Frage von vorhin betrifft«, sagt sie dann ruhig, »die Antwort ist Ja. Ich bin die Geliebte des Königs. Ist das wichtig?«
»Nein. Nur dass es auch nicht gerade ungefährlich ist.«
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Der Expertenausschuss, den Hernándo de Talavera auf königlichen Befehl einberufen hat, setzt sich beileibe nicht nur aus bornierten religiösen Eiferern zusammen. Einige der wichtigsten Gelehrten der Zeit gehören ihm an und Talavera selbst ist ein Mann von groÃem diplomatischen Geschick und weitreichender Erfahrung. Dennoch: Von vornherein stehen die Chancen für das Unternehmen des Columbus in Spanien noch schlechter als in Portugal. Gegenüber dem weltoffenen Nachbarland trägt man hier theologische Scheuklappen. Immerhin hat die Majestät Wohlwollen angeordnet. Gut und schön. Nur zunächst macht sich die Kommission überhaupt nicht an die Arbeit. Talavera ist ein viel beschäftigter Mann und das Anliegen des Ausländers kann warten.
Und warten kann auch der Bittsteller mit der Minirente, kann seinen eigenen »Sommerfeldzug« am Hof führen, sich in die Kreise der Marquesa de Moya integrieren, die immer mal wieder ein gutes Wort für ihn einlegt bei ihrer königlichen Freundin, ihn in Erinnerung bringt und im Ãbrigen mit Unbehagen und Bangigkeit beobachtet, was sich da zwischen ihrer Nichte und diesem Seefahrer - nein, nicht entwickelt. Es spielt sich einfach vehement ab. Von Anfang an.
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Ungeachtet der Verwüstungen eines Kriegs und in der staubigen Dürre einer in der Sonnenglut verschmachtenden Landschaft sitzen sie beide wie auf einer Insel zusammen, zwei schillernde Gestalten, selbstbewusst bis zum Hochmut, um sich vor Verletzungen durch andere zu schützen, zwei Fremdkörper in einer von Etikette und Regeln bestimmten Welt - der obskure fremde Seefahrer ohne Rang und Namen mit seinen ungeheuerlichen Plänen dort. Und hier eine junge Frau, die es wagt, die Standesunterschiede zu leugnen, die Grenzen einfach überspringt, sei es nach oben, wenn sie einen König liebt, oder nach unten, ins Ungewisse der Herkunft dieses seltsamen Manns. (Beides wird man ihr gleichermaÃen verübeln.)
Und sie reden über seine Pläne.
»Deine Inseln«, fragt sie. »Wie kannst du so sicher sein, dass es sie wirklich gibt?«
Nein, nicht einmal ihr gegenüber wird er die Seekarte und das Bordbuch des Steuermanns Pedro erwähnen, der in seinen Armen auf Porto Santo gestorben ist. Er sagt indes ohne Zögern: »Es steht in der Heiligen Schrift.«
»Ach?« Sie schenkt ihnen beiden Wein ein und verschüttet dabei einiges. Ihre Stimme ist spöttisch.
»Was hast du in deiner Kindheit gelernt?«, gibt er scharf zurück. Und zitiert: »Die Inseln harren auf mich, und die Schiffe im Meer von längst her, dass sie deine Kinder von Ferne herbringen, samt ihrem Silber und Gold! - Das steht im Propheten Jesaja.«
»Nun verstehe ich gar nichts mehr«, entgegnet sie, lehnt sich zurück und wippt mit dem FuÃ. (Ihr Schuh baumelt an den Zehen, aber er sieht nicht hin.) »Wer sind denn die Kinder, die auf die Inseln gebracht werden sollen? Und das Gold - ich denke, das wollen die Majestäten von da holen , nicht es hinbringen .«
Er geht nicht auf sie ein. Wenn ihm danach ist, kann er über Einwände einfach hinweggehen, als hätte das Gegenüber gar nichts gesagt. Stattdessen bringt er ein anderes Thema aufs Tapet. »Hast du jemals das Buch dieses Venezianers gelesen? Marco Polo heiÃt er.« Und, da sie den Kopf schüttelt: »Dieser Mann hat auf dem Landweg Asien bereist. Er war in Ländern, die bei ihm Zipangu und Kathay genannt werden. Der König dort - er heiÃt GroÃkhan - ist unermesslich reich. Dort sind die Dächer der Häuser mit Gold gedeckt. Und von dort aus geht es direkt nach Indien, wo die Gewürze sind. Und die Berichte werden bestätigt von Rabbi Benjamin ibn Jona aus Tudela. Er war vor zweihundert Jahren in Asien.«
»Auf dem Landweg?«
»Auf dem mühsamen Landweg, ja. Ãbers Meer hin wird es alles viel einfacher und schneller sein.«
»Cristobal - du redest vom so genannten grünen Meer der Dunkelheit, nicht wahr? Es ist noch nie durchschifft worden.«
Doch,
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