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Columbus

Titel: Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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keine Bewohner einer Landmasse auf der entgegengesetzten Seite. Denn weil ja nun einmal kein Mensch den Ozean überquert hat bisher, aber nach der Bibel alle Menschen von Adam und Eva abstammen - wo sollten sie denn dort herkommen! - Diese engstirnigen, bornierten...« Ihm geht der Atem aus.
    Die Cazadora dreht ihn zu sich herum und schaut ihm in die Augen. Sie ist sehr ernst auf einmal. »Cristobal, das ist kein Spaß! Weißt du, dass dich das alles in die Nähe der Ketzerei bringt?«
    Â»Ich bin der gottesfürchtigste Mensch in ganz Salamanca!«
    Â»Das haben schon einige von sich behauptet - und sind auf dem Scheiterhaufen der Inquisition gelandet!«
    Â»Du malst den Teufel an die Wand!«
    Â»Das muss ich gar nicht mehr«, sagt sie und geht ans Fenster, lehnt sich an den steinernen Rahmen und schaut nach draußen. »Der Teufel hat schon seit geraumer Zeit Sitz und Stimme in Kastilien, im Kronrat von Isabel. Er heißt Tomas de Torquemada und ist seit neustem der Beichtvater der Majestät. Und sein Einfluss nimmt ständig zu. Sei auf der Hut, Colón! Mit diesem Mann ist nicht zu spaßen. Deine Abstammung, von der du und ich wissen, macht dich nicht gerade unverwundbar gegen die Anwürfe, die von seiner entsetzlichen Institution kommen. Wenn es ruchbar wird, dass du tatsächlich aus einer Familie von Conversos stammst…« Sie holt tief Luft. »Ich höre viel am Hof, und der eine oder der andere plaudert etwas aus, ohne es selbst zu merken. Du hast Feinde, Colón.«
    Â»Ich weiß!«, sagt er mürrisch. Er sieht vor sich hin.
    Â»Hat die Kommission entschieden?«, fragt Beatriz.
    Columbus schüttelt den Kopf. »Sie haben sich vertagt. Ich weiß schon, was geschehen wird. Sie werden immer wieder zusammenhocken und schließlich sagen, dass ich die falschen Gedanken habe und mein Plan undurchführbar ist.« Er lacht auf. »Und trotzdem werde ich eines Tages die Inseln finden. Sie werden alle beschämt sein. Sie werden sich vor mir verneigen müssen!«
    Â»Ich wünsche es dir!«, sagt die Frau, und sie sagt es ohne jenen Spott, den er sonst so häufig in ihren Augen lesen und aus ihren Worten heraushören kann. Liebevoll setzt sie sich neben ihn. Aber als er ihr das Kleid von den Schultern streifen will, schüttelt sie den Kopf.
    Â»Ich muss dir etwas sagen.« Sie beißt sich auf die Lippen. »Den Grund für meine schlechte Laune.«
    Er sagt nichts, wartet ab.
    Â»Ein junger Edelmann von den Kanarischen Inseln ist angekommen. Isabella hat ihn herbestellt. Er heißt Hernán Peraza. Irgendwie ist er mit den Bobadillas verwandt oder verschwägert.«
    Â»Ein entfernter Verwandter?«
    Â» Noch ein entfernter Verwandter.«
    Â»Was willst du damit sagen?« Er hat aufgehört, ihren Hals und Nacken zu liebkosen.
    Â»Die Königin will mich endlich aus dem Weg haben. Sie wird mich mit ihm verheiraten«, sagt sie ruhig.
    Er sieht sie an, sprachlos.
    Sie greift seine Hände. »Cristobal, es war abzusehen, dass sie sich die Konkurrentin irgendwann vom Hals schaffen würde. Eine Heirat ist schon immer das einfachste Mittel gewesen, eine hübsche Hofdame abzuschieben - in meinem Fall besonders weit weg, das ist ja verständlich. Die Insel, von der mein künftiger Gemahl kommt, heißt La Gomera. Ihre Majestät die Königin will sich übrigens nicht lumpen lassen und mich mit einer großzügigen Mitgift beglücken. Eine halbe Million Maravedis.«
    Columbus sieht sie an und seine grauen Augen lodern. »Nein. Nein«, sagt er tonlos. »Du darfst mich nicht verlassen. Ich bin bereit, dich mit einem König zu teilen, aber wenn du fortgehst... Wo auf der Welt gibt es eine Frau wie dich, so schön und klug, so voller Leben und Liebe... Und selbst wenn du dich über mich lustig machst, ist mir dein gescheites Lachen mehr wert als die Bewunderung der Majestäten. Ich würde sein wie in einer Welt ohne Farben und Geruch und Geschmack... Cazadora! Du und ich - wir gehören zusammen.«
    Â»Nichts weiß ich mehr als das! Aber niemand sonst auf der Welt weiß es oder darf es wissen. Wir sind auch hier auf einer Insel, Colón, auf einer Insel, wo wir wahrhaftig sein können. Aber es ist nur ein Versteck. Vor den Augen der Welt müssen wir uns jeden Tag neu erfinden, neu verstellen, ohne uns dabei aufzugeben. Und nun werde ich fortmüssen auf andere Inseln.

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