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Columbus

Titel: Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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Karte verzeichnet sind? Wir wissen es nicht.
    Zunächst einmal blicken die Männer der Expedition mit neuer Zuversicht, neuem Vertrauen auf ihren Anführer. Es gibt hier Land. Er wird es finden.
    Mehrere Tage lang dümpeln die Schiffe auf Westkurs weiter - wie wir heute wissen, längs der Inselkette, die sich in Richtung Florida erstreckt, aber ohne jemals in Sichtweite zu kommen. Das Land liegt greifbar nahe backbords. Aber da der Generalkapitän jeden Abend die Segelfläche verkleinern lässt, um die Schiffe vor möglichen Riffen oder unbekannten Driften zu sichern, werden sie Nacht für Nacht von der Strömung nach Westnordwest abgetrieben, ohne es zu merken.
    Da gibt es wieder Tang, Delfine, Vögel - aber kein Land.
    Pinzón dringt in den Admiral: Man solle doch endlich dem Schwarm der Küstenvögel folgen und sich nach Südwesten wenden! Columbus beharrt stur auf seinem Kurs.
    Er ist sich absolut sicher, dass er bald auf das Festland stoßen wird. Wer gibt ihm diese Sicherheit ein? Seine Seekarte (die Pinzón nun ja schließlich auch kannte)? Eine Vision? Oder nur Verbohrtheit und Unsicherheit? Das Faszinierende an diesem Mann ist ja diese Mischung von Ahnung und Erfahrung, von Tarnung und Selbstbetrug - und in einem Moment wie diesem ist er gewiss noch schwerer zu enträtseln als sonst.
    Noch einmal entdeckt die »Pinta« die Silhouette einer flachen Insel zwischen Wolken und Abenddunkel - Columbus zuckt die Achseln. Er lässt nicht beidrehen. Das könnte man ja alles noch »auf der Rückreise erledigen«. (Wahrscheinlich hatte die Flotte inzwischen die Jungferninseln hinter sich gelassen und trieb an der Caicosgruppe vorüber.)
    Die acht Tage sind vorbei, und wieder beginnen die Männer, unruhig zu werden. Noch stehen die Führungsoffiziere hinter dem Generalkapitän - Pinzóns Gespür für Gold und Geschäft ist den anderen ein Garant dafür, dass sie keinem Trugbild nachjagen.
    Am 7. Oktober erfolgt die dritte Landsichtung, diesmal von der »Niña« aus. Das Schiff dreht bei, die Rauchwolke eines fumo steigt auf, mit dumpfem Knall wird eine Bombarde abgefeuert. Doch bevor das Flaggschiff näher kommt, ist das Land wieder im Dunst verschwunden.
    Inzwischen liegen die Nerven der Crew bloß, an Bord der Schiffe herrscht fiebrige Hysterie. Ständig zwischen Hoffnung und Enttäuschung hin- und hergeworfen, brechen die Männer Streit vom Zaun, wo sie nur können - und natürlich hat sich die Stimmung wieder gegen Columbus gewendet, diesen starrköpfigen Geisteskranken, der sie am Land vorbei irgendwohin kommandiert.
    Bei der nächsten morgendlichen Lagebesprechung erklären die Brüder Pinzón, es sei unbedingt notwendig, Südwestkurs zu setzen und den Vogelschwärmen zu folgen. Sie haben ja so Recht! Aber nicht in Columbus’ Augen. Stur besteht er auf seiner Richtung.
    Am Abend des 8. Oktober reicht es Martín Pinzón. Ohne weitere Absprache mit dem Flaggschiff lässt er die »Pinta« schwojen und setzt Südwestkurs. Die »Niña« folgt nach kurzem Zögern. Der Generalkapitän sieht hilflos zu, wie sich die beiden Schiffe entfernen. Er hat seine Kommandogewalt eingebüßt! Was tun, um nicht vollends das Gesicht zu verlieren? Zähneknirschend lässt er ebenfalls beidrehen und folgt den beiden Ausreißern.
    Wir wissen, hätte er seinen Westkurs beibehalten, wäre er wahrscheinlich direkt auf Florida gestoßen.
    Aber so bringt dies Manöver nichts. Immer noch kein Land. -

Drei Tage Frist
    Sie haben nun, nach den Berechnungen der Kapitäne, 1230 Leguas zurückgelegt. Ist es nicht geradezu selbstmörderisch, weiter diesem Irren zu folgen, der sie alle ins Verderben reißt?
    Ein Freund von Yañez Pinzón beschreibt die Stimmung später so: »Die Männer an Bord erklärten dreist und in aller Öffentlichkeit, man habe sie betrogen und sie seien verloren, der König und die Königin hätten ihnen übel und grausam mitgespielt, indem sie einem Fremden vertrauten, der nicht wusste, was er tat. -
    Alle Kapitäne und die vielen Matrosen beschlossen, nach Kastilien zurückzusegeln, und sie sprachen untereinander davon, Columbus ins Meer zu werfen, weil sie glaubten, er habe nur sein Spiel mit ihnen getrieben...«
    Hier also wird das Murren der Mannschaft bereits zur Meuterei. Es ist übrigens bemerkenswert, dass sich die Nichtseeleute, also

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