Columbus
Kastilien zu bringen, wenn ihnen die Proben zusagen. Aber sie schwinden gleichsam dahin in der Fremde. Daraus wird nichts.«
Die Cazadora schüttelt langsam den Kopf. »Du hattest tatsächlich vor, diese Menschen zu exportieren wie Gewürze oder Perlen? Sie alle zu Sklaven zu machen? Es sind deine Untertanen, Herr Vizekönig!« Sie ist zum vertraulichen Du übergegangen, wie fast immer, wenn sie allein sind.
»Ach!«, erwidert er. »Es sind Wilde, querida ! Du würdest Augen machen. Sie laufen da drüben doch wirklich nackt herum, so wie ich es damals in dem Brief von deinen Guanchen behauptet habe - du erinnerst dich?«
»Ich erinnere mich sehr wohl, Colón! Zugegeben, ich bin auch nicht zimperlich mit meinen Eingeborenen umgegangen und habe den einen oder andern zwangsweise verfrachtet, und wenn das Señorio nicht in der richtigen Höhe geliefert wurde, dann habe ich auch wohl mal eine Strafexpedition ausgeschickt. Aber es gibt die Friedensbünde, und das, Herr Vizekönig, ist das Beste, was du machen kannst. Meine Guanchen sind ein verwegener Menschenschlag, kämpferisch, stolz, selbstbewusst. Wenn deine - wie nennst du sie? - deine âºIndianerâ¹ alle so weich und verschüchtert sind wie dein Diego hier, dann sieh dich vor! Geh behutsam mit ihnen um, das rate ich dir von Landesherrin zu Landesherr.« Sie trinkt ihren Wein aus. Zwischen ihren Brauen erscheint eine Falte. »Einmal«, sagt sie leise, »habe ich meine Soldaten ausgeschickt gegen einen Guanchenclan - ich weià den Grund nicht mehr. Die Männer haben sich verteidigt wie die Berglöwen, aber schlieÃlich hat man alle eingekesselt und sie aufgefordert, sich zu ergeben. Der ganze Stamm, Männer, Frauen und Kinder, hat sich von der Klippe gestürzt, Cristobal. Ich selbst habe sie da unten liegen sehen mit zerschmetterten Gliedern. Manchmal träume ich davon.« Sie schluckt. »Lade keine Schuld auf dich, mein Freund. Es sind Kinder Gottes wie wir.«
»Wenn sie denn erst getauft sind«, erwidert er hart.
Sie schweigen. Das Wasser plätschert gegen den Schiffsrumpf, irgendwo gieÃt jemand eine Pütt über die Planken aus. Das Holz schrumpft schnell unter den Strahlen der Sonne.
Die Cazadora erhebt sich. »Wären Euer Gnaden wohl so freundlich, mich an Land bringen zu lassen? Ich habe noch Amtsgeschäfte zu erledigen.«
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Am letzten Abend gibt die Gouverneurin einen Ball für ihren hohen Gast, ein Fest, bei dem man, der neusten Mode an Europas Höfen folgend, verkleidet daherkommt. Der Admiral nimmt sich nicht die Mühe, sich groÃartig zu verstellen, sondern bleibt bei seinem scharlachroten Samtmantel des Vizekönigs und dem Federbarett - was bösen Zungen Anlass zu der getuschelten Bemerkung gibt, das sei ja schlieÃlich auch eine perfekte Maskerade für einen Schiffskapitän zweifelhafter Herkunft⦠Die Bodadilla erscheint in einem Mieder aus bläulich schimmerndem Stahl, Pfeil und Bogen in der Hand, und ansonsten trägt sie Hosen. Schwarze Samthosen. Sie ist die Jägerin.
Das hohe Paar eröffnet den Ball mit einer Pavane, ein majestätischer, gesetzter Tanz, wie er an Höfen üblich ist. Danach beteiligen sie sich nicht mehr an der gespreizten, tänzerischen Würde. Sie sitzen nur nebeneinander, schauen den anderen zu und sich an. Starren sich an wie zwei verliebte Katzen, findet die kleine Hofgesellschaft, finden die spanischen GroÃen, die von den Schiffen zu dem Fest dazugeladen wurden.
Die Bobadilla war schon immer für einen Skandal gut, das wissen die vom Mutterland Spanien natürlich noch besser als die Gomeros. Und man erinnert sich an ihre Vorliebe für bläulich schimmernden Stahl, damals, als sie siebzehn und die Geliebte König Fernandos war. Damals, so flüstern die Herren, die das Hofleben in Kastilien kennen, den ahnungslosen Damen von La Gomera zu, während sie sie in weiten verschlungenen Figuren über den Tanzboden führen, damals trug diese zuchtlose Frau eine Art Ãberrock aus Stahl, der die Oberschenkel frei lieÃ, darunter schwarze Samthosen, so wie heute - die Schamlosigkeit in Person. Und da sie sich nicht bewegen konnte in dem Panzerkleid, lieà sie sich in einem Wagen fahren, der von zwei Zwergen gezogen wurde. Damals besaà König Fernando den Schlüssel zu dem Panzer... Aber da gab es noch andere... Namen werden geflüstert. Rodrigo Téllez de
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