Come in and burn out - Denglisch
Private Equity Global Star Crisis Development Fonds. Spreche ich mit Dr. Schmidt von Tulips Retail United?
Am Apparat.
Ja, ich bin der CEO.
Sie verkaufen Blumensamen übers Netz?
Sie sind der Shootingstar unter den Flowers- E-Commerce -Start-ups?
Wir versuchen es. Mit wachsendem Erfolg. Wir erwarten bereits für 2019 schwarze Zahlen!
Der Web-Shop ist ein absolutes High-Potential mit einer challenging Performance!
Egal. Wir wollen Sie gerne übernehmen. Wir kaufen gerade alle Netz-Vertriebsportale in Deutschland.
Fantastic! Wir bieten Ihnen einen Venture-Capital-Deal mit Complete-Take-away-Option!
Mein Kollege von »DerHasenfutterspezi.net« hatte so was bereits angedeutet. Was haben Sie denn alles gekauft?
Nice! Schon andere Netshopping-Burner in Ihrem Pool?
Ja, gerade eben habe ich »sterbebegleiter. de« gekauft: Der Sterbende kann gegen einen Anteil an seinem Erbe unbegrenzt mit einem persönlichen Sterbebegleiter sprechen.
Exactly! Der Number-one-Hit unter unseren Webcommerce-Stars ist »Die nicer dot com«! Auf Ihrem Last-Trip-Bed können Sie mit Ihrem Personal-Life-End-Coach am Laptop twittern, mailen und chatten – im Business-Premium-Tarif sogar skypen!
Interessant. Und was wird aus uns – nach der Übernahme?
Great! Und – haben Sie schon eine Longterm-Future-Strategy?
Ehrlich gesagt: Ihr Betrieb wird geschlossen. Wir haben letzte Woche erst »DerBlumenmann.org« gekauft. Beides zusammen rentiert sich nicht.
Unsere Corporate Governance committed sich zum balanced Scorecard Model, ein erweitertes Stakeholder Value Concept. Wir setzen auf Total Quality Management, Benchmarking und Six Sigma Control. Wir werden den Cashflow und den Return of Invest mappen und raten. Und dann heißt es: Fix, close or sell! Bleibt es beim Low-Performer-Status, ist die Close-Option als Exit-Strategie sicherlich Best Practice!
Artdirectors branden
MARKETING-DENGLISCH
In Alltagsgesprächen ist es gar nicht so schlimm. Das Gefühl einer Denglisch-Invasion erhält man erst, wenn man einen Katalog durchblättert, durch eine Einkaufspassage geht, vor einer Litfaßsäule stehenbleibt oder vor einem Kino. Linguisten mögen uns vorrechnen, dass Anglizismen nur 1 % unseres Wortschatzes ausmachen. Aber bei allem, was es in großen Lettern gibt und was Werber sich ausgedacht haben – Plakatüberschriften, Geschäftsnamen, Anzeigensprüche, Filmtitel –, hat Englisch längst das Deutsche überholt.
Das liegt daran, dass
Artdirectors
vor allem eine Zielgruppe im Auge haben, die »Modern Performer«: junge, studierte, schnell aufgestiegene, großstädtische
Workaholics
. Modern Performer shoppen in London, lieben amerikanischen
Lifestyle
und kommen sich mit zehn Bausteinen Business-English bereits wie Global Citizens vor. Sie machen zwar nur ein Zehntel der Bevölkerung aus, aber ihr Einfluss ist extrem hoch. Denn erstens haben sie Geld und geben es gerne aus: am liebsten für prestigeträchtige Smartphones
, Flatscreens
und
Townhouses
. Zweitens gelten sie als Meinungsführer und Multiplikatoren. In Denglisch: Sie sind die
Opinion Leader
, die Early Adopter, die First Mover. Sie laufen als Erste mit dem neuen UMTS-iPad herum. Deshalb ist es auch völlig egal, wenn ihre Mütter weder den Produktnamen noch dessen Werbespruch verstehen. Über kurz oder lang werden die nämlich das kaufen, was ihr erfolgreicher Sohn besitzt.
Es ist also sinnvoll, einem Modern Performer etwas auf Englisch anzupreisen. Weniger sinnvoll ist es, eine deutsche Strickzeitschrift ›The Knitter‹ zu nennen. 96 % der Zielgruppe verstehen darunter etwas, das sie nicht mögen. Oder der Lego-Katalog: Ganze Produktgruppen tragen nur englische Namen. Zielgruppe:4- bis 1 2-Jährige . Anteil der Englisch Sprechenden: unter ein Prozent. Hören Sie denen mal zu, wenn sie sich über das Rebel Trooper Battle Pack oder den Chopper Jump unterhalten. Und das natürlich deutsch aussprechen. Glauben die Lego-Katalogtexter wirklich, dass Modern Performer unter den Käufern sind? Dann wissen sie etwas, was wir nicht wissen.
>> Schlüsselbegriffe:
Claim
[ kläim ]
: Frank Wedekind begann als Erfinder von Reklamesprüchen für Maggi. Es ist also überhaupt nicht peinlich, so etwas von Beruf zu machen. Okay, ein bisschen peinlich ist es schon. Aber es wird nicht dadurch besser, dass man den Reklamespruch
Slogan
nennt. Und zwei Jahrzehnte später Claim. Claim heißt Anspruch. Mal ehrlich, anspruchsvoll ist
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