Commander Scott 03 - Die Rebellenwelt
gurgelte, als sich Saratows Hand um seinen Hals schloß. »Wir gehen zusammen«, sagte der Riese leise. »Deshalb habe ich dich ja aus der Kette herausgebrochen. Wenn du nicht willst, bleibst du hier liegen.« Er drückte wieder etwas fester zu.
»Die Wächter!« keuchte Lamin. »Wir müssen weg hier!«
Kugeln pfiffen ihnen um die Ohren, als sie geduckt um eine Gebäudeecke herumliefen. Links und rechts flankierten Wohnhäuser die Straße, Fen ster und Türen gegen die Kälte verrammelt. Noch mehr Polizisten erschienen am entgegengesetzten Ende der Straße. Lamin warf sich gegen eine Haustür. Sie gab nicht nach. »Laß mich mal ran« sagte Saratow. Die Tür kippte mit den Angeln und ein paar Ziegelsteinen nach innen, als Saratow sich dagegen warf. »Die Treppe hinauf?«
»Hinunter!«
Sie kamen in einen Keller, der mit Gerümpel vollgestopft war. Lamin schob Kisten und Kartons zur Seite, bis eine Falltür im Betonboden zum Vorschein kam. Sie bewegte sich nicht, als er daran zerrte. Man hörte schon den Tritt schwerer Stiefel oben auf der Treppe.
»Darunter sind die Abwasserkanäle - unsere einzige Chance«, sagte Lamin keuchend. Saratow schob Lamin beiseite und hob den Kanaldeckel samt Riegel mit einem Ruck aus der Fassung. Dann ließen sie sich beide in das Kanalrohr hinunter, während die Falltür sich wieder über ihnen schloß.
Der Gestank, der hier herrschte, war furchtbar. Bald hörten sie Stimmen hinter sich. »Sie müssen hier irgendwo sein!« rief ein Polizist. »Teufel, hier bekommt man ja kaum Luft!« Vier Polizisten stiegen jetzt hinunter in den Kanal. Sie teilten sich und suchten paarweise die Röhre in entgegengesetzter Richtungen ab. Saratow holte tief Luft, duckte sich in das stinkende Wasser des Abwasserkanals und tauchte unter. Mit kraftvollen Armstößen bewegte er sich in der trüben Brühe, und erst zwanzig Meter weiter wagte er, den Kopf über das Wasser zu heben. Wenn sie ihn dabei entdeckten, würden sie ihn vielleicht für einen weggeworfenen Kohlkopf halten.
Lamin war nirgends zu sehen. Saratow erreichte einen Querkanal und hob sich halb aus der Brühe, um nach links und rechts zu sehen. Dort war niemand, und kein Geräusch drang aus dem Seitenkanal. Dann blickte er in die Richtung, aus der er gekommen war.
Saratow gab einen knurrenden Laut von sich. Er sah schon das Unvermeidliche voraus. Lamin stand auf einem kleinen Sims und drückte sich gegen die gewölbte Decke des Kanals.
Einer flüchtigen Inspektion würde er entgehen. Aber im Licht der Handscheinwerfer würde er einen Schatten bilden, der den Wachen unbedingt auffallen mußte. Wieder sog er die Luft tief in die Lungen und tauchte in die Brühe hinein. Diesmal schwamm er direkt auf die Polizisten zu. In dieser Dreckbrühe konnte man natürlich unmöglich etwas sehen; doch er hatte ja lange in dunklen Maschinenräumen leben müssen und hatte ein Gefühl für Entfernungen. Er ertastete einen Stiefel, packte zu und hob ihn hoch. Das Schmutzwasser schäumte neben ihm auf, während er nach dem zweiten Polizisten suchte. Auch diesen riß er ins Wasser, und ein Schuß entlud sich an die Gewölbedecke. »Lamin!« rief Saratow, »wo, zum Teufel, steckst du denn!«
»Hier!« Der Mann ließ sich vom Sims herunter. »Das war Rettung in letzter Sekunde. Sie hatten mich entdeckt und bereits das. Gewehr auf mich gerichtet.«
»Hilfe, Hilfe!« schrie der eine Polizist.
Der andere war auf den Rand der Kanalröhre gefallen und trieb bewußtlos, die Nase nach oben, mit dem Wasser davon.
Saratow zog Lamin am Ärmel hinter sich her zu der Abzweigung. »Welche Richtung sollen wir nehmen? Der Polizist holt bestimmt Verstärkung.«
»Links.«
»Dann geh voran und versuch nicht noch mal, dich dünn zu machen. Sonst lasse ich dich hier in der Schmutzbrühe liegen.« Saratow schob den anderen fast gewaltsam vor sich her. »Beeile dich! Gleich wird wieder auf uns geschossen.« Sie erreichten eine andere Abzweigung. Lamin zuckte die Achseln und wendete sich wieder nach links. »Wie weit noch?« fragte Saratow.
»Keine Ahnung. Ich habe mich verirrt, verdammt noch mal. Dieses Kanalnetz ist der reinste Irrgarten.«
»Wonach suchst du überhaupt?«
»Ich habe Freunde. Sie werden nicht gerade begeistert sein, wenn ich dich mitbringe; aber daran läßt sich jetzt nichts mehr ändern.«
»Da hast du recht«, erwiderte Saratow grimmig, »nicht die geringste Chance, mich abzuschütteln.«
»Schließlich verdanke ich dir mein Leben«, meinte Lamin
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