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Commedia und Einladungsband: I.Commedia. In deutscher Prosa von Kurt Flasch II.Einladung, Dante zu lesen (German Edition)

Commedia und Einladungsband: I.Commedia. In deutscher Prosa von Kurt Flasch II.Einladung, Dante zu lesen (German Edition)

Titel: Commedia und Einladungsband: I.Commedia. In deutscher Prosa von Kurt Flasch II.Einladung, Dante zu lesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dante Alighieri , Kurt Flasch
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Thema. Wenn es bei Beatrice vorhanden war, wurde es durch nichts in Frage gestellt. Sie tritt erst auf, als alle Versuchungen und Abhängigkeiten schon vorbei waren. Die Frauen im D ecameron , jedenfalls einige leitende Figuren, müssen das erst erringen. Das können sie nur, weil sie todbereit sind. Billiger ist ihre Emanzipation nicht zu haben. Sie bestehen in der sozialen, in der sinnlichen Welt, weil sie sich und ihre Liebe von ihr intellektuell abgetrennt haben.
    5.
    Das Recht der Frau auf geschlechtliche Liebe
    Es lag Sprengkraft in diesem Selbstbewußtsein, in dieser Selbststilisierung der Frau zum freien Menschen. Das zeigt die Rede der Ghismonda, bevor sie sich den Tod gibt, ein Opfer der Liebe wie Dantes Francesca. Ghismonda war die Tochter des Fürsten von Salerno. Ihr Vater hat sie mit einem seiner Diener, Guiskard, im Bett angetroffen. Hier ihre Rede vor ihm aus Decameron 4, 1:
30 Ghismonda entnahm den Worten ihres Vaters, daß ihre heimliche Liebe entdeckt und daß Guiskard gefangen war. Sie fühlte unendlichen Schmerz, und sie war nahe daran, ihn, wie Frauen es oft machen, mit Schreien und Tränen zu zeigen. Aber ihr stolzer Sinn besiegte sofort diese niedrige Anwandlung. Mit bewundernswerter Kraft verschloß sie ihr Gesicht, und ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, für ihr Leben zu betteln, beschloß sie, ihrem Leben ein Ende zu setzen; sie war überzeugt, Guiskard sei schon tot.
31 Dann ergriff sie das Wort, nicht wie eine Frau, die der Schmerz überwältigt, oder wie eine, die man bei einem Vergehen ertappt hat, nein, sie sprach selbstbewußt und ohne auf die Folgen zu blicken. Mit tränenlosem, offenem Gesicht, in gar keiner Weise unsicher, sagte sie zum Vater: »Tankred, ich bin entschlossen, weder zu leugnen noch zu betteln. Leugnen würde mir nicht helfen; vom Betteln will ich nicht, daß es mir hilft. Außerdem habe ich nicht die mindeste Absicht, deine sanfte Natur oder deine Liebe zu mir in Anspruch zu nehmen und dich mir günstig zu stimmen. Vielmehr will ich dir die Wahrheit sagen. Ich werde zuerst meinen Ruf verteidigen, und zwar mit Gründen, die schlicht wahr sind. Danach werde ich handeln, mit äußerster Kraft, wie es der Größe meines Geistes entspricht.
32 Es ist wahr, daß ich Guiskard geliebt habe. Ich liebe ihn noch, und ich werde ihn lieben, solange ich lebe, was nicht mehr lange sein wird, und wenn es nach dem Tod überhaupt noch Liebe gibt, dann werde ich nie aufhören, ihn zu lieben. Ich habe das getan, nicht so sehr aus weiblicher Schwäche als wegen seines überragenden Wertes; schließlich war auch Euer Eifer, mich wieder zu verheiraten, ziemlich gering.
33 Tankred, es müßte dir doch klar sein, daß du, der du doch auch aus Fleisch und Blut bist, eine Tochter gezeugt hast, die nicht aus Stein oder Eisen ist, sondern auch aus Fleisch und Blut. Wenn du jetzt auch ein alter Mann bist, so solltest du dich doch daran erinnert haben, ja du solltest dich jetzt noch daran erinnern, was die Gesetze der Jugend sind und mit welcher Wucht sie wirken. Wenn du auch ein Mann bist, der seine besten Jahre mit Militärübungen verbracht hat, so solltest du trotzdem wissen, welche Wirkung Müßiggang und Wohlstand auf Alte wie auf Junge ausüben.
34 Ich bin also, da du mich gezeugt hast, aus Fleisch und Blut, und außerdem bin ich noch jung, habe ich doch noch nicht lange gelebt. Das sind zwei gute Gründe, warum ich voll bin von sinnlichem Verlangen. Dadurch, daß ich schon verheiratet gewesen bin, hat dieses Begehren ungeheuer zugenommen; schließlich habe ich erfahren, welche Lust es bringt, es zu befriedigen.
35 Das waren Gewalten, denen ich nicht widerstehen konnte, und ich als Frau, als junge Frau, habe beschlossen, ihnen dorthin zu folgen, wohin sie mich zogen. Deshalb habe ich mich verliebt. Gewiß, ich war entschlossen zu tun, wozu diese Sünde, die unsere Natur ist, mich trieb, aber ebenso habe ich alle meine Kraft darangesetzt, daß, soweit als möglich, weder dir noch mir Schande daraus erwachsen sollte.
36 Dazu hatten Amor in seinem Mitleid und eine wohlgesinnte Fortuna einen verborgenen Weg gefunden und mir gezeigt; auf ihm kam ich an das Ziel meiner Wünsche. Niemand hat etwas bemerkt. Gleichgültig, wer es dir gezeigt hat, gleichgültig, von wem du es erfahren hast: Ich leugne überhaupt nichts.
37 Ich habe Guiskard nicht aus Zufall, wie viele Frauen es tun, zum Liebhaber genommen, nein, ich habe ihn mit wohlüberlegtem Beschluß allen anderen Männern vorgezogen;

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