Commissaire-Llob 1 - Morituri
vom Fernsehen und der Theatermann Ai’t Meziane …
Entweder kann Abou Kalybse meinen Stil nicht leiden oder er liest keine Krimis, denn mein Name ist nicht für sein Festival nominiert.
Omar Malkom, auch Iks genannt, besitzt ein Elektrofachgeschäft in einem ruhigen Viertel. Sein Laden reicht bis auf den Gehweg hinaus, ist ansprechend aufgemacht und verfügt über ein riesiges Schaufenster und eine Tür, die klingelt, wenn man sie aufmacht.
Er kritzelt gerade etwas in ein Registerheft, neben sich hat er einen riesigen Stapel von Rechnungen liegen.
Serdj schließt die Tür, dreht das Schild open auf closed, damit uns niemand stört, und verschränkt die Arme.
»Was kostet der Kühlschrank?« melde ich mich.
Omar hebt die Hand, um nicht aus der Konzentration gebracht zu werden, tippt auf einem Taschenrechner Zahlen ein und überprüft seine Zettel, wobei er die Zunge in Schülermanier herausstreckt.
Er ist ein stattlich gewachsener Schwarzer mit Fäusten, die einen Esel locker sein Gebiß verschlucken lassen könnten. Er trägt einen Dreiteiler, wie die Banker sie tragen, eine goldene Armbanduhr und eine falsche Ray-Ban. Sein Kopf ist an den Schläfen und im Nacken streng ausrasiert, das verbleibende Viereck von Haaren oberhalb der Stirn ist phosphorgrün eingefärbt.
»He, Punk, gehen die Geschäfte gut?«
Er legt seinen Schreiber widerwillig hin.
»Welcher Kühlschrank?« fragt er.
Ich halte ihm meinen Ausweis unter die Nase. »Diese Art von Kreditkarte akzeptieren wir nicht. Hier zahlt man cash.«
»Ich hab’s aber eilig!«
Er fährt sich nervös mit der Hand über die Stirn.
»Polizei, das hat mir gerade noch gefehlt. Ihr bringt nur Unglück über mein Geschäft. Seid ihr hier in der Gegend bekannt? Wenn ja, werde ich wohl umziehen müssen.«
»Kein Grund zur Sorge«, beruhigt ihn Serdj.
Er zwängt sich hinter seinem Ladentisch hervor und tänzelt zu den Rolläden, um sie zu schließen.
»Wollt ihr mich verhaften oder nur ein bißchen quatschen?«
»Hängt ganz von dir ab.«
Er kichert und vollführt eine Art Breakdance.
»Tsss! Ich bin immun.«
»Eine Auffrischungsimpfung könnte nicht schaden.«
Er dreht sich um, mustert uns und begibt sich hüftschwingend hinter seinen Ladentisch zurück. So betont lässig, wie er sich gibt, ist er sicher ein Fan von Spike Lee.
»Hör mal, kho, ich bin sauber. Meine Buchführung ist so penibel wie das Strafgesetzbuch.«
»Mourad Atti war doch ein Kumpel von dir.«
Nicht die leiseste Regung auf seinem Ebenholzgesicht. Seelenruhig fährt er mit der Hand über seinen Rechner. Nach einer Schweigeminute für den Dahingegangenen beginnt er zu reden:
»Er war mehr als ein Kumpel. Aber er lebte sein Leben, ich das meine. Wenn ihr glaubt, daß ich mit dem, was ihm passiert ist, etwas zu tun habe, dann irrt ihr euch, kho, ich bin Geschäftsmann. Ehrlich. Ich kremple meine Ärmel auf, um Geld zu verdienen, aber ich ziehe doch keine Waffe. Ich bin kein Mörder.«
»In deiner Akte steht, daß du Kontakte zu fundamentalistischen Kreisen hattest«, testet ihn Serdj.
Omar bricht in übertriebenes Gelächter aus und läßt erneut seine Hüften kreisen.
»Das ist nicht mein Fach, kho. Ich im Gewand eines afghanischen Hirten, kannst du dir das vorstellen, ausgerechnet ich, wo ich mich so gern in Schale werfe?«
»Du hast doch mit Mourad zusammen …«
»Stop! Mourad war mein Kumpel, kho. Ein Kind aus meinem Kaff. Wir sind vor Hunger fast gestorben und haben gemeinsam den Gürtel enger geschnallt. Wir sind im selben Schlammloch geboren und unsere Mütter haben sich beim selben Makler abgerackert. Damals haben wir keine großen Dinger gedreht. Nur Lappalien. Gerade soviel, um mal die Hose zu wechseln oder in der letzten Spelunke im Ort was zu beißen zu bekommen.«
Er wirkt traurig. Es schmerzt ihn sichtlich, die Vergangenheit aufleben zu lassen.
»War keine schöne Zeit«, setzt er hinzu. »Wir haben uns nicht mal getraut, uns photographieren zu lassen.«
»Und deshalb hast du dich mit Kif vollgepumpt.«
»Ich rühre diese Scheiße nicht an. Träume habe ich, wenn ich klar im Kopf bin, kho. Wer hat euch so einen Schwachsinn erzählt?«
»Slimane … Slimane Abbou«, greift Serdj vor. Omar runzelt die Stirn. »Nie von ihm gehört.«
»Er verkauft Schnee in der Kasbah.« Er schüttelt den Kopf. »Kenn ich nicht.« Ich schiebe ihm das Phantombild von Didi unter die Nase.
»Das da ist kein Comic-Held«, warne ich ihn.
Er verzieht das Gesicht, fährt sich mit
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