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Commissaire-Llob 1 - Morituri

Commissaire-Llob 1 - Morituri

Titel: Commissaire-Llob 1 - Morituri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Auto ausgebrannt in der Nähe von Douar Nemmiche gefunden wurde. Der Inspektor dürfte bei einer fingierten Straßensperre entführt worden sein.«
    »Was hatte er in Douar Nemmiche zu suchen? Alle Welt weiß, daß das der reinste Höllenschlund ist, wo es vor Fundamentalistengeschmeiß nur so wimmelt.«
    »Er hat einen Anruf von seinem Bruder bekommen. Sein Vater ist am Vorabend verstorben.«
    Meine Hände greifen ins Leere. Meine Knie geben nach. Ich sinke auf einen Stuhl, alles um mich verschwimmt.
    Aus weiter Ferne höre ich, wie Bliss hinzufügt: »Die Brigade ist vor Ort. Sie durchkämmen das gesamte Gebiet.«
    Eine Stunde geht dahin, eine zweite, eine dritte. Der Direktor ist hilflos. Er pendelt pausenlos zwischen drittem Stock und Parterre hin und her, um sich über die Lage zu informieren.
    »Serdj würde sich nicht unterkriegen lassen«, flüstert ein Polizist auf dem Gang.
    »Sicher hat er sich gewehrt«, psalmodiert der Amtsdiener. »Serdj ist ein richtiger Mann. Der läßt sich nicht einfach so entführen … Hat sich verteidigt … Wenn er tot ist, dann haben sie ihn jedenfalls erschossen. Serdj ist doch kein Lamm.«
    Welch eine Zeit! Wenn ein Kollege erschossen wird, meint man, das sei noch das Beste, was ihm passieren konnte - angesichts der grausam zerstückelten Leichen, die die unglückliche Erde Algeriens überziehen.
    Gegen Mittag schrillt das Telefon und versetzt uns in kollektiven Starrkrampf.
    Bliss reicht mir den Apparat: »Die Brigade.«
    Der Hörer brennt in meinen Händen.
    »Kommissar Llob?«
    »Ja.«
    »Kommandant Hamid von der 13. Brigade. Es tut mir so leid.« Ich sinke auf meinen Stuhl zurück. »Wir haben ihn in einem Marabout gefunden.« [ * Für den Maghreb typische Kuppelgräber islamischer Heiliger]
    Ich möchte den Hörer zerschlagen, den Schreibtisch, die ganze Welt. »Sind Sie noch da, Kommissar?«
    »Leider!«
    »Es tut mir aufrichtig leid.«
    »Hat er sehr gelitten?«
    »Jetzt leidet er nicht mehr. Das bringt ihn zwar auch nicht zurück, aber meine Leute haben drei der neun Entführer erschossen. Den Rest der Gruppe verfolgen wir weiter.«
    »Danke, Kommandant.«
    Als ich den Hörer auflege, hält Baya sich den Kopf mit beiden Händen und stößt einen unerträglichen Schrei aus.
     
    Am späten Nachmittag wird Serdj überführt. Im Leichenschauhaus rät der Direktor mir dringend, den Chirurgen nicht bei der Arbeit zu stören. »Ich ziehe es vor, daß du von ihm das Bild des guten Mitarbeiters in Erinnerung behältst, Llob. Er ist so entstellt. Sie nähen ihm gerade den Kopf wieder an.«
     
    Am nächsten Tag versammelt sich die gesamte Mannschaft in Bab-el-Oued zum Begräbnis. Auf der Straße wimmelt es von Nachbarn, Jugendlichen aus dem Viertel, Greisen und Schaulustigen. Leutnant Chater hat zwei Sicherheitssperren errichtet und auf den Dächern der Umgebung Scharfschützen postiert. Die Terroristen haben uns an die unvorstellbarsten Scheußlichkeiten gewöhnt. Manchmal bringen sie eine Mutter um, nur um am Tag der Aufbahrung den Sohn in die Falle zu bekommen, oder sie ermorden einen Polizisten, nur um seine Kollegen niederzumähen, die sich an seinem Grab versammeln.
    Der Direktor, die Lokalpolitiker und Offiziere der 13. Brigade haben es sich nicht nehmen lassen, der Familie des Verstorbenen persönlich ihr Beileid auszusprechen.
    Ich komme als letzter an, weil Lino verschwunden ist.
    Auf der Straße spielt ein Junge mit einem Fahrradreifen, völlig unbeeindruckt von der ganzen Menschenmenge. Er ist fünf oder sechs Jahre alt. Serdjs Jüngster, erklärt mir ein Onkel. Er begreift nicht, daß alle diese Leute wegen ihm da sind.
    Man führt mich in eine Hütte. Ich kann jetzt verstehen, warum Serdj mich nie nach Hause eingeladen hat. Er wollte mich nicht in Verlegenheit bringen. Seine Bude ist dermaßen elend, daß ihre Bewohner noch durchscheinender als Geister wirken.
    Man vertraut den Freund einem heruntergekommenen Friedhof an. Gestern den Vater begraben, heute den Sohn. So ist das Gesetz des Lebens.
    Irgend jemand flüstert mir zu: »Gott ist groß.«
    »Die Hölle auch«, gebe ich zurück.
    Der Imam hat mit der Lesung der Fatiha begonnen. [ (arab.) »die (Er)öffnende«. Name der ersten Koransure, die bei den täglichen Gebeten und bei besonderen Anlässen rezitiert wird, also im religiösen Leben der Muslime eine dem Vaterunser ähnliche Rolle spielt.] Ich richte die Augen gen Himmel. Als sie beginnen, Erde auf den Körper meines Kollegen zu werfen, bleibt eine

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