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Commissaire-Llob 1 - Morituri

Commissaire-Llob 1 - Morituri

Titel: Commissaire-Llob 1 - Morituri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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interessieren. Mehrfach habe ich ihn dabei überrascht, wie er auf der Toilette Selbstgespräche führte, Nase an Nase mit dem Spiegel.
    Ich habe ihm vorgeschlagen, Urlaub zu nehmen. Wütend hat er mich angefaucht: »Ich brauche keine Erholung. Dafür ist die Ewigkeit da.«
    Er fing an, mit dem Personal Streit zu suchen, und fand unweigerlich immer einen Vorwand, um zu schimpfen. Er war nicht wiederzuerkennen.
    »Ich weiß, wie du dich fühlst«, sage ich zu ihm. »Ich fühle mich genauso. Serdj gehörte zu unserer Familie. Das Schicksal wollte, daß er als erster ging.«
    »Das nennst du Schicksal?«
    »Nenn es, wie du willst. Es ist nun einmal Tatsache: Serdj ist tot. Er hat es nicht verdient, so zu enden. Er war ein guter Kerl. Manchmal finde ich das so ungerecht, daß ich fast schon den Glauben verliere. Auch ich komme auf dumme Gedanken. Ich habe Lust, meine Pistole zu ziehen und den ersten Bärtigen, der mir über den Weg läuft, niederzuschießen. Ich tue es nur deshalb nicht, weil man das eben nicht tut. Ich bin kein Mörder. Ich weigere mich, ihr Spiel mitzuspielen. Wir müssen wir selbst bleiben, einfache Leute, aber Leute mit Herz.«
    Eine volle Minute lang findet Lino keine Worte. Er verkrampft die Hände ineinander. Er drückt mir einen Finger gegen die Brust, als wolle er ihn mir ins Herz bohren.
    »Nicht mit mir«, sagt er. »Ich weiß, was gut ist und was nicht. Deine Sprüche kannst du für dich behalten. Das ganze Drama kommt nur daher, daß manche die falschen Werte haben. Von jetzt an handle ich nur noch nach meinem Kopf.«
    Er geht und schlägt die Tür hinter sich zu.
    Ich kann nicht viel für ihn tun. Jedesmal, wenn ich mich ihm nähere, droht er, mir die Fresse einzuschlagen.
    Eines Morgens beschließt er mitten in einer Sitzung, zum Grab von Serdj zu fahren. Er sollte nie dort ankommen. Auf dem Weg überfährt er ein Stoppschild und verprügelt einen Polizisten.
    Nach vier Tagen habe ich ihn herausgeholt.
    Wir sind dann zu Da Achour hinausgefahren, um Merguez zu grillen. Lino hat sich abgesondert. Von frühmorgens bis zum Einfall der Nacht ist er am Strand geblieben und hat Kieselsteine in die Wellen geschleudert.
    Danach ging es besser. Das Meer hat ihn ein wenig beruhigt.
     
    Slimane Abbou hat wieder etwas Farbe im Gesicht. Sein Brustkorb ist bandagiert, seine Hand hängt an einer Art Wasserspülung, und er schneidet eine Grimasse nach der anderen, während er sich gegen sein Kissen lehnt.
    Der Arzt hat uns geraten, nicht zu übertreiben, um keine Verschlimmerung seines Zustands zu riskieren. Ich schwöre ihm, die Nerven zu bewahren, und warte, bis er aus dem Zimmer ist, um einen Stuhl an das wacklige Bett zu rücken, auf dem unser Dealer seiner Genesung harrt.
    »Nun, was macht die Lunge?«
    »Sie haben sie zurechtgeflickt, aber manchmal werde ich noch künstlich beatmet.«
    Lino interessiert sich mehr für die Weißkittel im Hof. Er brummelt, ohne sich umzusehen: »Du hättest ihm was zum Naschen mitbringen sollen, Kommy.«
    Slimane fährt auf. »Hat er was gegen mich, dein Wachtmeister?«
    »Kümmere dich nicht um den. Erzähl uns lieber deine Geschichte von Anfang an.«
    »Dafür reicht meine Spucke nicht aus. Und außerdem, mit meinen Beatmungsschläuchen …«
    »Wir haben uns kurz in deiner Behausung umgesehen.«
    »He, langsam! Das war nicht meine Hütte, das war die von Moh Lakja.«
    »Das Hinkebein, das du umgepustet hast?«
    »Das war ein Unfall. Ich wollte ihm aufhelfen, da hat sich der Schuß gelöst.«
    »Hast recht. War ein Unfall. Wir waren ja dabei, du kannst auf unsere Aussage zählen.«
    Er kichert. So zynisch, daß es einem das Zahnfleisch aufreißt.
    »Ich wußte ja, daß du ein prima Typ bist. Sonst hätte ich dich nicht verfehlt.«
    »Was hattest du bei Moh Lakja zu suchen?«
    »Ich habe ihm seine Ration gebracht.«
    »Der ist so sauber wie sein Schnee«, meint Lino ironisch, die Nase noch immer an die Scheibe gepreßt.
    Slimane wird wütend. Er stützt sich mit dem Ellenbogen ab und jault: »Jawohl! Ich bin sauber, und du kannst mich mal! Ich hab nicht wie du das Glück gehabt, Polizeioffizier zu werden oder Beamter.«
    »Vorsicht«, besänftige ich ihn, »sonst springt dir noch der Stöpsel aus dem Schlauch.«
    Es ist, als hätten meine Worte ihn aufgestachelt. Er richtet sich ein wenig höher auf und wettert in Richtung Lino los:
    »Dreh dich um, du Arschloch! Schau mir in die Augen, wenn du ein Mann bist! Du verachtest mich, weil ich keine Bildung habe, ja? Was

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