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Commissaire-Llob 1 - Morituri

Commissaire-Llob 1 - Morituri

Titel: Commissaire-Llob 1 - Morituri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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und trommelt wie wild auf seine Wunde ein. Die Schreie und Flüche hallen durch den ganzen Block. Im Nu sind der Arzt und eine Traube Schwestern im Raum und versuchen, den Leutnant mit Händen und Füßen von seinem grausamen Treiben abzubringen.
    Slimane fleht zu Tode erschrocken: »Bringt diesen Irren weg und ich werde alles sagen.«
     
    16
     
    In Algier gibt es Tage, an denen Himmel und Meer sich zusammentun, um ein Gefühl unglaublicher Fülle zu erzeugen. Alles ist blau bis in Neptuns Bett hinein, und die Sonne, dieser Schalk, bringt es fertig, im tiefsten Winter den Sommer wachzuküssen. Von allen Sonnen der Welt ist unsere die einzige, der dieses Kunststück gelingt.
    Alles wirkt unglaublich heiter. Man hört die Vögel zwitschern und die Blätter rauschen. Die Luft ist eine Hochzeitsgesellschaft aus lauen Winden und süßen Düften. Man möchte am liebsten einschlummern und niemals wieder aufwachen.
    Es gibt keinen Zweifel: Das Paradies ist Gottes Schöpfung, die Hölle dagegen von Menschenhand.
    Sie ist schön, unsere weiße Stadt, wenn die Luft so klar ist, daß man im Umkreis mehrerer Meilen eine Eiche von einem Johannisbrotbaum unterscheiden kann. Gäbe es da nicht diese greulichen Attentate und die Scharen der Erleuchteten, die wie Motten die Straßen und die Gehirne zerfressen, man würde Algier nicht gegen tausend Märchenstädte eintauschen.
    Ich sitze entspannt auf dem Balkon und betrachte die Kasbah, die sich an ihrem Riff festklammert, um der Plünderung durch die abziehenden Wogen zu entkommen, Bab-el-Oued, das an eine Kaserne am Ausgangstag erinnert, und weiter unten den Hafen, der dem Ladentisch eines Schankwirts gleicht, auf dem das Geld zusammenkommt, um sich munter zu vermehren.
    Wenn auch nicht alles Gold ist, was bei uns glänzt, faszinierend ist es trotzdem …
    Wäre da nicht noch Omar Malkom, genannt Iks, der aus der Nase blutet und dessen Geplärr meine Träumereien zerschlägt. Er krümmt sich mit blauem Auge und wackligen Zähnen am Boden, während Lino ihn hingebungsvoll bearbeitet.
    »Also wie war das, kho? Ehrlich währt am längsten? Das hat er doch gesagt, nicht wahr, Kommy?«
    »Wenn ich lüge, soll ich in die Hölle kommen«, bestätige ich vom Balkon her.
    Lino hebt den Fuß und zerquetscht mit seinem Schuh die Finger des Punks.
    »Ich mach einen Scheuerlappen aus deinem Luxusgewand!«
    »Ihr seid auf der falschen Spur, kho. Slimane ist neidisch auf meinen Erfolg. Hat er euch seine Märchen erzählt? Ich bin bloß Geschäftsmann. Ich verdiene mein Geld anständig.«
    »Wie hat er doch gleich gesagt, Kommy?«
    »Ehrlich währt am längsten!«
    »Offenbar liegt ihm doch nicht so viel an seinem verdammten Leben.«
    »Er denkt vielleicht, daß du ihm einen Bären aufbindest und ihn aus Mangel an Beweisen schon noch laufenläßt.«
    »Wenn er sich da nur nicht irrt.«
    Lino tritt erneut mit voller Wucht zu. Omar windet sich vor Schmerz und preßt seine Fäuste auf die getroffene Niere.
    »Ihr foltert mich ja. Dazu habt ihr kein Recht. Das Gesetz verbietet es.«
    »Wir werden uns später schämen. Mit der Fatwa, die deine Gurus gegen die Ausländer erlassen haben, hast du keine Chance, daß Amnesty dir zu Hilfe kommt.«
    Ich gehe ins Zimmer, packe den Punk bei seinem Haarbüschel und blase ihm meinen Atem ins Gesicht.
    »Ich habe alle Zeit der Welt. Ich werde dir schon noch die Zunge lösen, und wenn ich sie dir herausreißen muß. Es bringt dir gar nichts, die Spuren zu verwischen. Ich bleib dir am Arsch und laß nicht von dir ab. Je schneller du auspackst, desto schneller bist du erlöst.«
    »Ich bin Geschäftsmann.«
    »Ich will Abou Kalybse zu fassen kriegen. Das ist eine persönliche Sache, kapiert?«
    »Ich bin nur Geschäftsmann.«
    »Geh zur Seite, Kommy.«
    Ein Blutspritzer trifft mein Knie, als der Schuh des Leutnants auf das zerschlagene Gesicht des Punks niedergeht.
    »Ich bin Geschäftsmann«, wiederholt er trotzig. »Ich will ja nichts Unmögliches. Was ich habe, reicht mir. Ich bin kein Nimmersatt … Ihr täuscht euch, Leute. Ich bin bloß Geschäftsmann.«
    Wir heben ihn auf und binden ihn an einem Stuhl fest.
    »Es bringt dir nichts, die Spuren zu verwischen, sag ich dir. Du bist der Schatzmeister und vereidigte Anwerber von Abou Kalybse.«
    »Das ist nicht wahr.«
    »Und ob das wahr ist.«
    »Das ist nicht wahr, ist nicht wahr, ist nicht wahr Stundenlang wiederholt er denselben Refrain. Linos Fäuste sind an den Gelenken schon ganz wund. Sein Hemd ist

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