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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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recht verstehe, bist du ein Feuerkopf.«
    Der Blick des Targi bleibt kurz am Leutnant hängen, dann kehrt er in seine Ausgangsstellung zurück: »Kommt schon vor.«
    Da taucht Baya unter dem Vorwand auf, sie könne ein Wort in dem Bericht, den ich ihr in die Hand gedrückt habe, nicht entziffern. Während ich es ihr erkläre, macht sie dem Koloß schöne Augen.
    Linos Venen schwellen an vor Eifersucht: »Was ist los mit dir, Süße? Kannst du plötzlich die Schrift deines Chefs nicht mehr lesen?«
    Baya erwidert nichts. Sie nimmt das Manuskript und trollt sich.
    Ich schlage die Akte zu, nehme meine Jacke vom Nagel und erhebe mich: »Willkommen im Club Llob, Ewegh Seddig. Zeit für eine kleine Runde. Kannst dich gleich richtig einleben.«
    Unser kleiner Familienausflug führt uns nach Bab el Oued zur Hauptpost. Während der Fahrt lasse ich die Sektoren, in denen es ruhig ist, links liegen und konzentriere mich auf die heißen Zonen, die gegnerischen Kneipen und die illegalen Bordelle, in denen die Köpfe der Revolte hin und wieder Entspannung suchen.
    Ewegh sitzt in voller Breite auf der Rückbank und begnügt sich damit zu knurren. Von Zeit zu Zeit fährt er auf, woraus ich schließe, daß ihm ein Bärtiger [ Synonym für Islamist; auch das weiter unten spöttisch als »Nachthemd« bezeichnete lange Gewand (Qamis) gehört zu deren äußerlichen Attributen] aufs Radar geraten ist.
    »Sind die alle polizeilich erfaßt, diese Waldschrate im Nachthemd?« fragt er endlich.
    »Bis hin zu den Spitzbärten!« prahlt Lino, einen Fuß ungeniert gegen die Windschutzscheibe gestemmt.
    Der Koloß zieht den Reißverschluß über seinen Kauwerkzeugen wieder zu. Fortan ist weiter nichts als das Knacken seiner Fingergelenke zu vernehmen.
    Die Garküche von Sid Ali hat ein kariöses Loch in die Ecke der Rue du Pont gefressen, gerade gegenüber einem verkommenen Platz, der schwarz vor lärmenden Knirpsen ist. Eine Art Grotte, vier mal acht Meter groß, beidseits ein selbstgezimmerter Tresen, auf dem diverse Sorten von Spießchen höchst dubioser Natur der Kundschaft harren. Dazu Tische, die von altersschwachen Stühlen umzingelt sind. Hinten im Raum lächelt Cheb Hasnis Porträt ein Belloumi-Poster an [*Cheb Hasni = populärster algerischer Sänger; Belloumi = algerischer Fußballstar; Seite 19 oben: Mouloudia = beliebte Fußballmannschaft].
    Auf schwächlichen Regalen über der Kasse, inmitten von Wimpeln und Pokalen, zeigen fliegendreckbekleckste Fotos den Herrn des Hauses, wie er inmitten der Mouloudia-Mannschaft oder stolz grinsend Seite an Seite mit ehemaligen Box-Champions posiert.
    Kaum macht unsere Zivilkutsche am Bürgersteig halt, stopft Sid Ali sich schnell sein komplettes Sandwich in den Mund, um nur nicht mit uns teilen zu müssen, wischt mit der Schürze hinterher und hält sich für unseren Empfang bereit.
    Er springt mich mit der Begeisterung des ehemaligen, zum Imbißbudenbesitzer mutierten Polizisten an: »Na, wie geht’s, alter Komiker?« schreit er und sabbert mir die Wangen voll. »Wies gerade kommt.«
    Er tritt einen Schritt zurück, um meinen Bauch zu bewundern, boxt einmal liebevoll hinein: »Wann ist es denn soweit?«
    »Der Doktor sagt, es handele sich um eine nervöse Schwangerschaft.«
    Der Wirt wirft den Kopf wiehernd nach hinten, dann erkundigt er sich, sichtlich beeindruckt von Eweghs Statur: »Hast du den in einer Höhle aufgelesen?«
    »In einer Flasche!«
    »Was du nicht sagst! Und womit fütterst du ihn?«
    Dann wendet er sich Lino zu, der so tut, als inspiziere er seine Absätze, um sein Zöpfchen besser zur Geltung zu bringen. »Was ist denn das für ein Tarass Bulba, der ist wohl frisch aus dem Sahel entlaufen?«
    »O Mann, das ist doch der Lino!«
    »Im Ernst? Der hat sich ja wahnsinnig verändert. Und eine Tonne Schwarzpulver hat er sich in die Fresse geschmiert, wenn mich nicht alles täuscht.«
    »Wie kommst du denn auf so einen Schwachsinn?« knurrt Lino, der es haßt, vor einem Rivalen runtergemacht zu werden.
    »Na, die Lunte, die dir hinten im Genick hängt.«
    »Das ist ein Pferdeschwanz. Und außerdem nur der sichtbare Teil vom Eisberg. Du solltest mal den anderen sehen!«
    Ich stütze mich auf die Theke auf und gehe zum Ernst des Lebens über: »Und, wie sieht die Gegend hier aus?«
    »Des-in-fi-ziert, Kommissar. Ist eine halbe Ewigkeit her, daß wir hier zuletzt den Schatten eines erleuchteten Misthaufens haben herumhängen sehen. Nachdem damals der LKW hochgegangen ist, haben wir uns

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