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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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wobei er die Panzertür nicht
    aus den Augen läßt.
    Der Boß kommt zu mir ins Nebenzimmer, um
    den Verdächtigen durch den Spiegelspion zu beo-
    bachten. Er gesteht mir, daß das Telefon in seinem
    Büro pausenlos schrillt. Kaaks Freunde seien zu-
    tiefst beunruhigt. Ich empfehle ihm, ihnen zu sa-
    gen, daß ihr Schützling vermutlich von Terroristen
    entführt worden ist und man seine Leiche mit ein
    wenig Glück schon am folgenden Morgen in ir-
    gendeinem Treppenhaus entdecken wird. Der Boß
    hält meinen Zynismus für höchst morbide und er-
    innert mich daran, daß meine Methode in keiner
    Weise den Vorschriften entspricht. Ich entgegne
    ihm, daß ich weiter nichts tue, als mich den aktuellen Gepflogenheiten anzupassen. Er lächelt und
    verspricht mir, schützend die Hand über mich zu
    halten, falls es einem Ziegel gelingen sollte, vom
    Dach zu fallen. Ich beruhige ihn mit der Erklärung, daß eine kleine Gehirnerschütterung vielleicht
    nicht schaden könnte, um meine Gedanken in
    Schwung zu bringen.
    Gegen Mitternacht revoltiert der Knirps. Er hat
    Krawatte und Jackett abgelegt, die Hemdsärmel
    hochgekrempelt und fängt an, sich die Schuhsohlen
    an der Tür abzuwetzen.
    Um zwei Uhr früh gibt er auf, sinkt über dem
    Tisch zusammen und döst ein.
    „Keine Müdigkeit vorgeschützt da drinnen!“ quä-
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    le ich ihn. „Der einstweilige Gewahrsam ist kein
    Kuraufenthalt.“
    Kaak mobilisiert seine letzten Kräfte, um nicht
    loszuplärren. Er ist am Ende, seine Züge sind völ-
    lig erschlafft, seine Haare wild zerwühlt. Seine
    Augäpfel sind halb nach oben verdreht und streifen
    mich mit mildem Medusenblick. Er fährt sich mit
    der Hand übers Gesicht, zerrauft sich weiter die
    Mähne und sieht mich lange stumm an.
    „Ich werde diese Angelegenheit auf höchster E-
    bene zur Sprache bringen!“ keucht er schließlich
    erschöpft.
    „Ich stelle Ihnen gern meinen privaten Aufzug
    zur Verfügung. Doch vorher packen Sie erst mal
    aus. Wenn Sie meinen, Sie seien noch nicht reif
    dafür, komme ich gerne später wieder. Ich hab’s
    nicht eilig.“
    Er hält mich mit einer entkräfteten Handbewe-
    gung zurück. „Kommen wir zum Ende. Ich will
    nach Hause.“
    Ich lasse mich auf der Tischkante nieder, die ge-
    ballten Fäuste auf die Knie gestützt.
    „Ben war mein Freund“, fängt er nach langem
    Nachdenken an. „Er war anders. Die übrigen, das
    waren alles Betrüger oder Betrogene … Bei Ben
    fühlte ich mich wohl. Das passierte mir nicht oft.
    Hinter der Fassade meines Erfolgs war ich der ar-
    me Teufel aus der Vorstadt geblieben: kläglich an
    Herkunft, Verstand und Körperbau … Gewiß, ich
    hab es durchaus zu etwas gebracht – aber erst Ben
    fügte meinem Reichtum eine gewisse – nun, sagen
    wir – Ethik hinzu. Es gefiel mir, einen geschätzten Literaten zum Freund zu haben, ich, der ich als

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    Kinokassierer im Armeleuteviertel angefangen
    hatte … Mit Ben war das Geld weiter nichts als
    eben Geld. Es gab im Leben noch anderes, das
    zählte. Ben war ein anderes Kaliber. Er hatte For-
    mat. Er hatte Talent. Klar, manchmal machte er
    mir auch Kummer, aber das hatte mit Mitleid
    nichts zu tun. In einem Land, wo die Habgier alles
    beherrscht, macht das Genie eine kümmerliche
    Figur. Ich verstand ihn. Ich achtete ihn. Nie im
    Leben hätte ich ihn verraten. Er war alles, was ich zu meinen Gunsten vorweisen konnte.“
    Traurig betrachtet er seine Fingernägel. Sein
    Kinn stößt mehrfach vor ins Leere wie bei einem,
    der unerträgliche Erinnerungen ausgräbt.
    „Er langweilte sich zu Tode. Er war voller Ideen
    nach Algerien zurückgekehrt. Sein Diplomatenda-
    sein hatte jede Menge Illusionen in ihm genährt. Er begriff nicht, warum man bei uns der Raubritter-mentalität mehr als dem Transzendentalen huldigte
    … Ben war ein Idealist. Er sagte stets, schlimmer
    als jeder Weltuntergang sei der Untergang der Kul-
    tur. Er brachte seine Zeit damit zu, Dichterlesun-
    gen, Ausstellungen, Begegnungen mit Intellektuel-
    len zu organisieren, aber es war jedesmal dasselbe.
    Keiner interessierte sich für seine Bemühungen,
    alle machten sich über seinen Eifer lustig. Die we-
    nigen Neugierigen, die zu ihm kamen, kamen nur,
    um zu sehen, ob es nicht irgend etwas abzustauben
    gab, und ließen sich dann nie mehr blicken. Um
    nicht als Narr verschrien zu werden, begann er mit
    der Zeit, es den anderen gleichzutun. Er versuchte
    sich als Geschäftsmann. Das machte ihn aber auch
    nicht glücklich. Einmal mehr

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