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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Detail durchgeplant. Das
    Programm zur Ausschaltung des Staates berück-
    sichtigte sämtliche Eventualitäten und traf eine
    Fülle von Vorkehrungen, um aller Imponderabilien
    Herr zu werden: Sabotage und Erpressung, Korrup-

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    tion und Mord sind die regulären Handlungsanwei-
    sungen der Direktive H-IV – denn um eine Direk-
    tive handelt es sich in der Tat.“
    „Steht das Mißgeschick, das Athmane Mamar
    passiert ist, in irgendeiner Beziehung zu …“
    „Stop! Bitte keine Namen, Kommissar! Ich glau-
    be, die Müdigkeit fängt allmählich an, mir üble
    Streiche zu spielen … Ich will jetzt endlich nach
    Hause, und zwar gleich.“

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    Athmane Mamar befindet sich in seinem zum Re-
    habilitationszentrum umgebauten Swimmingpool.
    Ich habe kürzlich eine solche Anstalt für Kriegs-
    versehrte besucht, die kaum besser ausgerüstet war.
    Verchromte Apparate funkeln und blitzen derma-
    ßen verlockend im Dämmerlicht, daß man schier
    Lust bekommt, sich zu verstümmeln, um sie aus-
    zuprobieren; daneben Fitnessgeräte, die einen mit
    Hanteln, die anderen mit Polstersitzen; oder raffi-
    nierte, an Schalttafeln angeschlossene Prothesen;
    und überall Software, ein Haufen technischer
    Schnickschnack – aneinandergereiht wie am Mon-
    tageband –, der einen Beinamputierten wieder zum
    Laufen brächte.
    Bis zum Hals steht er im Wasser, unser Patient,
    und hantelt sich längs einer Rampe voran. Von Zeit
    zu Zeit geben seine Knie nach, und er stolpert. Sein Pfleger, ein schweißglänzender schwarzer Riese,
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    kauert über ihm und hält den Arm einsatzbereit
    ausgestreckt.
    „Sehr schön, Monsieur“, ermuntert er ihn, „noch
    sechs Meter, dann machen wir Pause. Schauen Sie
    nicht nach unten. Halten Sie die Augen auf das
    Sprungbrett gerichtet. Verlassen Sie sich nicht nur auf Ihre Arme. Ihre Beine müssen auch funktionieren.“
    Mamar nickt gehorsamst und fährt fort zu mo-
    geln. Das liegt in seiner Natur. Von dort, wo ich
    stehe, sehe ich, wie er mit den Armen rudert und
    die Beine schleifen läßt. Er bleibt unter dem
    Sprungbrett stehen, um Luft zu holen und sich eine
    Flasche Mineralwasser zu angeln. Als er gerade
    zum Trinken ansetzt, fällt sein gequälter Blick auf mich. Kein Elektroschock hätte ihn stärker durchschütteln können.
    Er stellt die Flasche ohne zu trinken ab, ganz
    schön irritiert von meiner Unverfrorenheit.
    „Wer hat dich denn hereingelassen?“
    „Ein Luftzug.“
    Der schwarze Riese stützt die Hände gegen die
    Knie und richtet sich auf. Seine Muskeln treten
    mächtig hervor, sie sind von dicken Adern durch-
    zogen. Er stemmt seine Pranken in die Hüften,
    führt mir seinen pflastersteinharten Brustkorb vor
    und treibt mich mit seinem Blick in die Enge. Die
    Ohren hat er leicht angelegt und lauert nur auf den Befehl, aus mir Hackfleisch zu machen.
    „Laß uns allein, Babay“, beschwichtigt Mamar
    ihn.
    Der Riese beißt grunzend die Zähne zusammen,
    schnappt sein T-Shirt, wirft es sich über die Schul-141
    ter und verschwindet in Richtung Garderobe.
    Mamar schiebt sich bis zu den Stufen zu seiner
    Linken vor und läßt sich erschöpft niedersinken. Er ist von seinen akrobatischen Verrenkungen total
    geschafft und legt erst einmal zwei Minuten Ver-
    schnaufpause ein. Sein Körper weist noch immer
    Brandspuren auf, große rötliche Flecken, die
    höchst unerquicklich zu betrachten sind.
    „Bist du schon lange hier?“ fragt er mich.
    „Seit einer Viertelstunde etwa. Du bist ja wieder
    gut drauf. Am Anfang hätte ich keinen müden Di-
    nar für deine Haut gegeben.“
    „Der Kurs hat eben gewechselt … Ich dachte, ich
    hätte dir schon einmal gesagt, daß deine Besuche
    mir auf den Geist gehen. Du gefährdest meine Ge-
    nesung.“
    „Das hast du mir gesagt? Muß ich glatt vergessen
    haben.“
    Ich nehme mir einen Rollstuhl, wirble ihn um
    seine eigene Achse und setze mich hinein.
    „Eine echte Revolution, Donnerwetter!“ bewun-
    dere ich das Gerät. „Schalttafel, Gangschaltung,
    Hupe, Rückspiegel. Deinem Flitzer fehlt nur noch
    die Stereoanlage. Woher ist der denn importiert?“
    „Inländische Produktion, jederzeit bestellbar.
    Willst du einen für deine alten Tage?“
    „Schätze, den kann ich mir nicht leisten.“
    Mamar tupft sich höchst behutsam mit einem
    Badetuch trocken und macht dabei einen großen
    Bogen um seine lädierten Körperpartien.
    Ich steuere das Gefährt um den Swimmingpool,
    im Slalom durch das medizinische Arsenal hin-
    durch, vollführe ein

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