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Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Titel: Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Freude breitmacht, sofort in eine Ecke,
    in der ich mich ausgeschlossen fühlen kann.

    Wir kommen mit vierzig Minuten Verspätung in
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    Hydra an. Eine Straßenschlacht zwischen Polizei
    und einer Terroristengruppe hatte uns zu einem
    Umweg genötigt.
    Madame Rym bewohnt ein imposantes Herren-
    haus an der Rue de la Paix, gegenüber einem Platz
    voller Palmen, der wie eine Oase wirkt. Die Ge-
    gend scheint idyllisch. Kein einziges Auto am
    Straßenrand, keinerlei Lärm. Eine Gruppe Jugend-
    licher albert unter einer Mimose herum. Ihre Ge-
    sichter sind rosig, manche haben sich die Schläfen
    ausrasiert, andere haben einen Pferdeschwanz, bei
    allen funkelt ein Ring im linken Ohr. In Algier
    nennt man sie die Tchitchi -Bruderschaft. Sie sind in der Lage, einen Krieg zu durchleben, ohne das
    Geringste davon mitzubekommen.
    Madame Rym ist erleichtert, als sie uns endlich
    auftauchen sieht. Sie wollte schon fast die Hoff-
    nung aufgeben, gesteht sie uns, während sie mich
    am Arm nimmt, um uns ihren Freunden vorzustel-
    len, die sich sichtlich wohl fühlen inmitten all der Pracht. Da gibt’s Miezen, die sind so liebreizend
    wie Brokatstickerei, Frauen wie gefüllte Puten und
    Herren von distinguiertem Äußeren. Hier und da
    lagern ältere Damen mit der Reglosigkeit heiliger
    Kühe auf dem Diwan, damit beschäftigt, ihr fettes
    Vermögen wiederzukäuen und Gleichgültigkeit
    gegenüber dem Charme ihrer Gigolos zu heucheln,
    die bereit sind, ihnen für ein wenig Taschengeld
    den Hengst zu machen. Weiter hinten dann die
    Crème de la Crème, darunter, soweit ich erkennen

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    kann, Baha Salah, ein Großindustrieller, der ein
    Erdbeben auslöst, wenn er sich nur einmal
    schneuzt; Amar Bouras, ein verstockter Regiona-
    list, der es verstanden hat, in der richtigen Sippe das Licht der Welt zu erblicken und sich strikt an
    den Wahlspruch der Seinen hält: sich schnell be-
    reichern und lange herrschen. Er steht an der Spitze einer mafiösen Partei. Sodann Doktor Lounes Bendi, renommierter Gelehrter und eingefleischter Op-
    portunist, der nicht zögern würde, seine eigene
    Mutter den Flammen auszuliefern, nur um von sich
    reden zu machen; Omar Daïf, heruntergekommener
    Filmemacher, den man auf jeder Szene-Soiree
    trifft, wo er mit beharrlichem Schielen nach einem
    Mäzen Ausschau hält; Scheich Alem, glühender
    Befürworter des Volksaufstands von 1992, der
    mächtig stolz auf seine sechs Monate Internie-
    rungslager ist und seinen subversiven Bart so wür-
    devoll wie ein Stachelschwein seine Stacheln zur
    Schau stellt. Und natürlich der unvermeidliche
    Kader Leuf, ein aufrechter Journalist, hellsichtig, unbestechlich und objektiv, dem alle Welt ein-stimmig so viel Charakter wie einem französischen
    Käse zuspricht.
    Wie Achtzigjährige, die in die Schlacht ziehen,
    schreiten wir die Front ab: hier ein Neureicher, dort eine vermögende alte Witwe. Ein Herr ist derart
    beschäftigt, sich die Würmer aus der Nase zu zie-
    hen, daß er nicht eine Sekunde für uns erübrigen
    kann. In der Tat: eine höchst bedeutungsvolle Ex-
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    pedition. Zwischen gestelzten Artigkeiten und
    flüchtigen Salamaleikums lavieren wir uns durch
    diesen Jahrmarkt, an dessen Ausgang uns die Gast-
    geberin uns selbst überläßt, um den nächsten Troß
    Neuankömmlinge unter ihre Fittiche zu nehmen.
    „Eine Wucht!“ jauchzt Dine, der Madame Rym
    mit den Augen verschlingt.
    „Ihr Reichtum?“
    „Sie selbst, na hör mal!“ schimpft er aufgebracht.
    Ich gestehe ihm mildernde Umstände zu und ha-
    ke das Thema ab.
    Mostéfa Haraj läßt seinen Archipel dienstbarer
    Geister im Stich und kommt zu mir herüber, um
    mir mit seinem Scotch on the Rocks unter der Nase
    herumzuscheppern. Haraj ist Bankier. Wir haben
    uns bei einem Verhör kennengelernt, das er mir bis
    heute nicht verziehen hat. Er ist untersetzt und bös-artig, hat eine Visage wie ein Galgenstrick und
    würde eher einen Kredit riskieren als einem Unbe-
    kannten zulächeln. Ein widerlicher Kerl!
    „Sehe ich Gespenster oder was?“ kläfft er mich
    an mit einer Stimme wie ein Abführmittel: „Bra-
    him Llob unter der Elite, wer hätte das gedacht?“
    „Ihr Enthusiasmus richtet mich auf.“
    Da legt sich sein großes Maul in Falten: „Liegt
    nicht in meiner Absicht, Sie aufzurichten. Wenn
    Sie wüßten, wie abscheulich ich Sie finde … Lei-
    der fehlen mir die Worte.“
    „Leider ist das nicht das einzige, was Ihnen
    fehlt!“

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    Sein Blick durchbohrt mich wie ein Degen.

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