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Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Titel: Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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hört einen deutlichen Widerhall … Eines Abends, als
    wir auf Patrouille waren, fing unser Panzer plötz-
    lich Feuer und rutschte in den Straßengraben. Und
    die Nacht fiel in den Graben ein. Schwer zu erklä-
    ren. Aber ich hab’s erlebt. Meine Kollegen sind
    auch gefallen. Einer nach dem anderen. Hatten
    keine Alternative. Entweder rauskommen und im
    Kugelhagel sterben, oder in den Flammen um-
    kommen. Sie haben beides erlebt … Alternative –
    ich weiß jetzt, was das wirklich heißt. Alles andere als eine Vergnügungsfahrt …“
    Die Krankenschwester kneift mich unauffällig,
    gibt mir zu verstehen, daß der Knabe nicht ganz
    dicht sei. Ich bin verunsichert. Ich wage weder
    meine Hand, die allmählich steif wird, zurückzu-
    ziehen, noch ein tröstendes Wort zu sagen. Der
    Polizist macht nicht den Eindruck, als erwarte er
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    Mitgefühl. Wie Malika Sobhi. Er will nur, daß man
    zuhört, solange er redet.
    „Jetzt achte ich mehr auf diese Dinge. Die Be-
    deutungsnuancen treten viel schärfer hervor. Die
    Worte haben einen tieferen Sinn …“
    „Ist gut, Wahab“, schaltet die Schwester sich ein.
    „Wir reden später weiter. Ehrenwort.“
    Der Verletzte nickt überzeugt. „Einverstanden.
    Wir reden später weiter. Ehrenwort?“
    „Du weißt doch, daß ich Wort halte.“
    „Stimmt, du hältst Wort.“
    Zögernd, Millimeter um Millimeter, gibt er mei-
    ne Hand frei.
    „Wahab aus Bir Mourad Raïs, Kommissar. An
    den wirst du dich noch erinnern …“
    „Und ob!“
    „Du wirst ihn in deinem nächsten Buch erwäh-
    nen, Kommissar. Wahab, ein Kerl wie Dynamit, so
    einer war das. Ein Haudegen.“
    Er weicht zur Seite, um uns vorbeizulassen. Ich
    höre, wie er in meinem Rücken lautstark mit sich
    zu schimpfen beginnt: „Hör auf mit dem Theater,
    Wahab! Am Ende wirst du noch richtig verrückt.
    Alles hat seine Grenzen, Wahab. Vorsicht … Hör
    auf, die Leute in Verlegenheit zu bringen. Mein
    Rat …“
    Die Schwester erklärt: „Er ist nicht immer in die-
    sem Zustand. Nur ab und zu. Er hat einen Schuld-
    komplex. Er ist der einzige Überlebende der gan-
    zen Patrouillenmannschaft.“

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    Wir gelangen in den Innenhof des Krankenhau-
    ses. Lino sitzt unter einer Platane im Schatten und blättert in einer Zeitschrift. Den Fuß hat er in Gips.
    „Ein prachtvoller Kerl!“ vertraut die Schwester
    mir an. „Und so witzig. Er hat eine eiserne Moral.“
    Ich bedanke mich bei ihr. Sie zerquetscht meine
    Finger in ihrer Faust und kehrt zu ihren Patienten
    zurück.
    Lino schlägt seine Lektüre zu, schiebt die Brille
    hoch und mustert ausgiebig meinen Krückstock.
    „Kriegsverletzung oder Hundescheiße?“
    „Krieg …“
    „Na, dann sind wir ja quitt. Seit wann bist du zu-
    rück?“
    „Seit gestern abend.“
    Er verzieht dramatisch das Gesicht, während er
    sein Bein bewegt. Er ist gut drauf. Man könnte
    meinen, er sei reifer geworden, oder vielleicht ist es auch nur der Ansatz eines Schnurrbartes, der ihn älter wirken läßt. Ich fahre ihm durchs Haar. Er
    weicht meiner verniedlichenden Geste aus. Ich
    weiß, wie sehr er es haßt, daß man seine Frisur
    berührt, die direkt aus der Haarpflegemittelwer-
    bung zu stammen scheint, aber ich hatte schon
    immer eine diebische Freude daran, ihn auf die
    Palme zu bringen.
    „Na, was macht die Verstauchung?“
    „Das ist keine Verstauchung!“
    „Ist es schlimm?“
    „Der Doktor denkt, da man einem Affen beibrin-
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    gen kann, Fahrrad zu fahren, dürfte sein Nach-
    komme mit Leichtigkeit lernen, wie man einen
    Rollstuhl bedient.“ Doch gleich beruhigt er mich:
    „Alles halb so wild. In ein paar Wochen werde ich
    problemlos einem parlamentarischen Dickhäuter in
    den Arsch treten können.“
    „Wenn du meinst, daß du ihn dadurch von sei-
    nem Sitz wegkriegst … Dafür braucht’s einiges
    mehr. – Ich habe dir Schweizer Schokolade mitge-
    bracht.“
    „Oh, vielen Dank.“
    Er legt die Tafel auf den Tisch. Seine Nase wirkt
    irgendwie schlaff. Er macht sich Sorgen. Ich setze
    mich vor ihn hin und studiere die Mädchennamen,
    die zwischen Zeichnungen und esoterischen For-
    meln in den Gips gekritzelt sind.
    „Deine Jagdtrophäen?“
    „Damit man mich nicht auch noch für lenden-
    lahm hält, wenn ich schon fußlahm bin.“
    Er macht sich mehr als nur Sorgen, der gute Li-
    no, er ist kreuzunglücklich. Ich kann mir denken,
    daß er dabei ist, Zeit zu schinden, um das unver-
    meidliche Ende hinauszuzögern. Seine Bemühun-
    gen sind absurd, das

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