Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
verpflichtet, zu gar nichts!«
Zadiras Handy vibrierte. Vielleicht Djamal, der ihr neue Erkenntnisse liefern konnte?
Sie nahm ab, ohne auf das Display zu sehen.
»Ja?«, fragte sie. »Was hast du für mich?«
»Verdammt, was machst du nur da oben!«
Gaspard!
Sie war so perplex, dass sie nicht gleich antworten konnte.
Chabrand ging weiter, sah sich nur einmal nach Zadira um und beschleunigte ihre Schritte. Zadira sah sie auf einen Altbau zustreben und einen fünfstelligen Code an der Tür eingeben.
Zadira ging schneller, das Handy ans Ohr gepresst.
Gaspard.
»Zadira, ich hab hier eine amtliche Beschwerde auf dem Tisch. Von einem Büro im Innenministerium, von dem ich vorher nie gehört habe und hoffentlich auch nie wieder etwas hören werde. Sie beschweren sich über dich, Zadira, und fordern deine Akte an. Und deine Akte … liest sich auf einmal irgendwie anders als früher. In welche Scheiße hast du dich da reingeritten?«
»Ich kann es dir nicht sagen, Javier.«
»Wieso nicht?«
Zadira rannte jetzt. Natalie hatte bereits die schwere Eingangstür aufgedrückt und war im Inneren des prächtigen Hauses verschwunden.
»Jetzt nicht!«
Zadira war klar, dass sich Natalie vor einer Stunde, als sie nicht mehr per Handy erreichbar gewesen war, bei ihren einflussreichen Freunden beschwert haben musste. Und César Alexandre hatte reagiert. Verdammt schnell.
Das machte sie so unglaublich wütend, dass sie hervorstieß:
»Dieser verfickte Scheißkerl Alexandre!«
Sie erreichte die Tür gerade noch rechtzeitig, stellte ihren Fuß in den Spalt und quetschte sich dabei schmerzhaft die Zehen. Sie hörte Javiers wütende Stimme. Hielt das Handy ein letztes Mal an Ohr und Mund und versuchte, den Schmerz zu ignorieren, keuchte trotzdem gepresst.
»Gib mir zwei Stunden. Wenn du mich nicht einfach nur gefickt hast, Javier, tu das für mich, und ich werde nie wieder etwas von dir verlangen.«
»Aber wer sagt denn, dass ich das …«
Sie beendete die Verbindung. Dann drückte sie die schwere Tür auf, hastete humpelnd durch einen Torbogen und auf das Haus im Hinterhof zu, in dem Natalie Chabrand wohnte.
Mit ihrem Dietrichset öffnete Zadira innerhalb von zehn Sekunden die Eingangstür, hörte eine Etage über sich das Klackern von Natalies Absätzen und eilte die Treppen hinauf, immer zwei Stufen auf einmal nehmend. Sie sah gerade noch, welche Tür Chabrand hinter sich zuzog.
Mein Gott! Die Panik, mit der diese Frau reagierte, war einfach nicht normal. Aber wer wusste schon, was die vier Natalie Chabrand eingeflüstert hatten, um sich ihrer Loyalität zu versichern? Mit was sie ihr gedroht hatten, sollte sie es wagen, sie zu kompromittieren?
Es gab nur einen Weg, diese unglaublich eingeschüchterte Frau aus dem Gefängnis ihrer Angst zu befreien.
Nur Angst tötet Angst.
Zadira wummerte mit der Faust an die Tür. Und klingelte.
Dann rief sie sehr laut: »Madame Chabrand! Sie werden wegen Beihilfe zum Mord, wegen Vertuschung und Komplizenschaft angezeigt, das schwör ich Ihnen! Und es werden sich Wege finden lassen, um der Presse die Nachricht zukommen zu lassen, dass die ehrenwerte Kunstkennerin Chabrand auf den Knien rumgerutscht ist und sich mit einer Reitgerte hat züchtigen lassen! Madame Chabrand mag das! Wer hat Sie alles gehabt, Madame? Wem verdanken Sie Ihre Boutique und diese Wohnung? Wollen Sie Ihr jetziges Leben behalten oder lieber gegen eine hübsche Zelle tauschen? Und das alles nur, um diese Leute zu schützen, die sich schon die nächste Frau nehmen, um mit ihr geile Sado-Parties zu veranstalten? Weil Sie mittlerweile zu alt dafür sind, Madame?«
»Mein Gott«, schrie Chabrand heiser, als sie die Wohnungstür aufriss, »seien Sie doch endlich still!«
Ihr Blick flog zu den geschlossenen beiden anderen Wohnungstüren auf der Etage. Tränen liefen ihr über die Wangen.
»Lassen Sie mich rein«, verlangte Zadira hart.
»Muss ich … muss ich denn wirklich …«
»Ins Gefängnis? Natürlich. Schließlich haben Sie indirekt den Tod eines halben Dutzends Frauen zu verantworten.«
Chabrand schlug die Hände vor ihr fein geschnittenes Gesicht.
Bin ich zu weit gegangen?
Natürlich. Viel zu weit. Aber es ging nicht anders, sie musste die Kette der Angst, in der diese Frau gefangen war, mit Drohungen und Gewalt zerschlagen. Es war die einzige Sprache, die Natalie Chabrand noch verstand.
Zadira trat ein und schloss leise die Tür hinter sich.
Die Wände waren mit teuren Gemälden geschmückt, das
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