Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
seltsamen Freunden.
Da hoben mit einem Mal Mazan und Atos synchron den Kopf und lauschten.
»… diese Dogge tatsächlich einen Tannenzapfen verschluckt und …«, erzählte Jules mit dem Rücken zu ihr.
Mazan sprang von ihrem Schoß, und auch Atos erhob sich. Beide Tiere eilten Richtung Tür. Dann aber blieb Mazan stehen, sah Atos an und gab einen kurzen Maunzer von sich. Der Hund schaute ihn mit schräggelegtem Kopf an, wedelte mit dem Schwanz und ließ sich dann auf sein Hinterteil nieder. So blieb er auch, als Mazan sich wieder in Bewegung setzte.
»Hab ich das gerade richtig gesehen?«, fragte Zadira. »Der Kater hat ›Platz‹ gemaunzt, und Atos hat gehorcht?«
»Schon wieder?«, antwortete Jules nur mäßig erstaunt. »Das macht der doch, seit sie sich kennen.«
»Wirklich, Doktor?«, gab Zadira lächelnd zurück und schaute dem Kater hinterher, der durch die Tür nach draußen lief.
»Du wirst mich doch nicht wieder allein lassen?«, rief sie ihm nach.
Ganz bestimmt nicht, Lieutenant. Nicht jetzt, nicht heute Nacht. Nicht bevor die Bestie gefasst ist.
Commissaire Mazan entdeckte Rocky am Fuß der Treppe. Mit schnellen Schritten eilte er hinunter. Louise und Manon hielten sich hinter der Hausecke verborgen.
»Ist dieser Köter etwa da oben?«, fragte Rocky.
»Ja, aber keine Sorge, er kommt nicht raus.«
Rocky schien nicht überzeugt. Louise hingegen kam näher. Ebenso wie Manon, auf deren Vertrauen er mittlerweile setzen konnte.
»Wie sieht es aus?«, fragte Mazan.
»Im Château ist alles ruhig«, berichtete Rocky.
»Wer passt dort auf?«
»Oscar hinten im Garten. Den Vordereingang bewachen Richelieu und Danton, die kennst du noch nicht. Sie sind nicht die Intelligentesten, wenn du mich fragst, aber ich löse sie später ab.«
»Wir übernehmen heute Nacht den Garten«, sagte Louise.
Mazan bedachte Manon mit einem besorgten Blick. Er wusste, wie sehr sie sich vor dem Flügelmann fürchtete.
»Ihr dürft ihm auf keinen Fall zu nahe kommen«, warnte er sie.
»Keine Sorge, mon Commissaire«, sagte Manon leise. »Er wird uns nicht kriegen.«
Sie hatte Hoffnung geschöpft. Ebenso wie Louise, Rocky und alle anderen. Die unsichtbare, tödliche Bedrohung, die die Stadt seit langem im Griff hielt, hatte nicht nur ein Gesicht bekommen. Einer der ihren, ein Kater, ein Tier, den die Menschen mit einem Fußtritt besiegen konnten, hatte nicht nur einer anderen Katze das Leben gerettet, sondern war auch selbst dem Flügelmann und dem sicheren Tod entkommen.
Mazan hatte nach seiner Flucht aus dem Château der Katzenversammlung im Hof des Museums alles über den Angriff und sein Entkommen erzählt. Erst heute aber war er imstande zu begreifen, was das für sie bedeutete: Er war ihr Held.
Helden sterben früh, hatte er einmal einen Menschen sagen hören.
»Was wirst du tun?«, fragte Louise.
»Ich muss hierbleiben«, gab er zurück. »Lieutenant Matéo ist in Gefahr. Ich bin sicher, dass der Flügelmann sie holen will.«
Mazan erinnerte sich, wie der Mann mit den zwei Stimmen gesagt hatte: »Er soll ein Geschenk für sie sein … ja, wie bei den anderen.« Wie bei den anderen Frauen. Die getötet worden waren.
»Was willst du denn tun, wenn er kommt?«, fragte Rocky. »Ihn anfauchen?«
Das war in der Tat ihr größtes Problem: Wie konnten sie die Polizistin warnen?
»Der Doktor wohnt auch hier. Er wird mich vielleicht nicht hören, wenn ich rufe, aber der Hund, Atos, hört es. Und der kann den Doktor wecken.«
»Ein Hund«, meinte Rocky verächtlich.
»Ja, ein Hund. Er sabbert, er stinkt, und er ist nicht besonders schlau. Aber er ist nicht böse. Und er ist groß. Ich glaube, dass dieser dumme, liebe Kerl noch eine Rolle in unserem Kampf spielen wird.«
»Hey, ich werde gleich eifersüchtig«, spottete Manon.
Mazan bedachte sie mit einem verwunderten Blick. Was sie sagte, hörte sich anders an als das, was ihr Körper sang. Er bemerkte das Glitzern in ihren Augen, ihre Bewegungen, ihren steten Wechsel zwischen Fauchen und Purren und wusste, dass Manon in ihre Zeit kam.
Mit geschärftem Blick betrachtete er daraufhin Louise und stellte fest, dass auch bei ihr die Phase der Fruchtbarkeit eingesetzt hatte. Und Rocky?
Der saß nur grimmig da und dachte über Hunde nach.
Er merkt es nicht mehr.
Erst jetzt ging Mazan auf, dass er möglicherweise der einzige Kater in der Stadt war, der auf die Signale der Kätzinnen reagieren konnte. Und dass die das genau wussten.
Himmel, auch das
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