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Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Bagnol
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    Ihr wurde heiß, sehr heiß.
    Brell nahm das letzte Hütchen vom Wagen und schaute sie erwartungsvoll an.
    … Lacoste!
    Besaß Élaine eigentlich eine Katze? Das hatte sie Madame de Noat gefragt.
    Ja. Und sie wurde ertränkt.
    Und jetzt fiel alles an seinen Platz. All die Leerstellen, die die Toten hinterließen, wurden ausgefüllt. Die ermordeten Mädchen, bis hin zu Julie Roscoff, waren für ihren Mörder alle der Ersatz für Élaine de Noat gewesen.
    »Ich weiß nicht, wer er ist. Aber ich kenne seinen Namen.«
    Brell, der das Hütchen gerade plazieren wollte, erstarrte mitten in der Bewegung.
    »Er heißt Mattia«, stieß sie hervor. »Und er hat eine sehr große Rechnung mit den Erben offen.«

    Immer wieder hob der Mistral einen dünnen, schmalen Teppich aus feinstem Sand vom Boden, trug ihn ein paar Meter mit sich fort und legte ihn seufzend wieder ab. Er schob ihn an der nordöstlichen Seite des Friedhofs entlang, an steinernen Sarkophagen und Familiengruften vorbei. Dann hatte er es geschafft und schubste den Sandteppich den Friedhofsaufgang hinab, direkt in den Trauerzug hinein.
    Neben Zadira ging Jules. Jeffrey in einer Army-Air-Corps-Uniform half Blandine Hoffmann, die auf schwarzen Pumps balancierte, fürsorglich über das alte Katzenkopfpflaster. Madame Roche ging hinter Zadira, mit Madame Blanche und André Ugo. Odile Matignon, die Bäckerin, Brunet, der Chorleiter, Eduard, der Klempner, Oberkellner Gustave, Chefkoch Frédéric, die Vietnamesen vom Imbiss, Jean-Luc. Fast ganz Mazan begleitete Julie Roscoff auf ihrem letzten Weg.
    Dédé trug mit fünf anderen Männern Julies Sarg. Seine Gesichtszüge hatten ihren knabenhaften Ausdruck verloren.
    Wieder einer, dachte Zadira bei Dédés erstarrtem Antlitz, den der Tod verändert. Der jeder rothaarigen Frau auf der Straße nachschauen wird. Der sich schuldig fühlen wird, wenn er das erste Mal wieder lacht.
    Als der alte Priester an Julies Grab seine Rede hielt, rollte Zadira eine Träne unter der Sonnenbrille hervor. Das war nicht nur der Wind, dachte sie.
    Da kamen zwei weitere Trauergäste die lange südöstliche Rampe des Friedhofs empor. Gäste, mit denen niemand gerechnet hatte.
    Ein Raunen und Zischen ging durch die Trauergemeinde. Victorine Hersant und César Alexandre blieben im Schatten einer Zypresse stehen, tauschten sich kurz aus. Dann kam die Frau allein zum Grab. In der Hand hielt sie einen kleinen, aber teuer aussehenden, traditionellen Kranz aus Christusdorn, Rosmarin und lachsfarbenen Rosen. Langsam und die offenkundige Feindseligkeit aushaltend, legte Victorine Hersant den Kranz an Julies Grab nieder. Zadira fiel auf, dass Victorine weder Schleier noch Sonnenbrille trug, nicht mal einen Hut. Sie wirkte geradezu unanständig entblößt, wie sie allen ihr tränennasses Gesicht zeigte. Auf eine etwas widerwillige Weise empfand Zadira Respekt für Victorines Mut.
    Hersants Leben war – vorerst – zerstört. Blandines Artikelserie, die seit gestern jede französische Zeitung dominierte, würden sie und Frankreichs »lüsterne Enarchie« sogar im Ausland zum Klatschthema Nummer eins machen. Es war immer besonders lustvoll, wenn Mitglieder der Oberschicht bei Fehltritten erwischt wurden.
    Victorine stand nach der Rede des Priesters zehn Sekunden vor Julies Grab. Bedauerte sie? Betete sie? Oder zählte sie nur von zehn an rückwärts?
    Dann hob Victorine mit einem Mal den Blick und sah Zadira direkt in die Augen. Ihr Nicken war kaum merklich, dann wandte sie sich ab und ging auf ihren halbhohen schwarzen Schuhen zur alten Kapelle des Friedhofs.
    Während die Trauernden begannen, Rosen ins Grab zu werfen, löste Zadira sich aus der Menge, um Victorine zu folgen. Sie fand sie in der Kapelle Notre-Dame de Pareloup. Still stand die elegante Frau vor der einfachen Jesusfigur aus weißem Stein. In der Ferne läutete die Totenglocke.
    Victorines Stimme klang dunkel in dem leeren Raum: »Ich bete nicht für mich, sondern für Julie. Wir haben sie nicht getötet, Lieutenant. Das versichere ich Ihnen.«
    »Warum sind Sie hier?«, fragte Zadira.
    »Aus zwei Gründen«, sagte Hersant. »Wir haben morgen einen Termin beim Immobilienmakler, um das Haus zu verkaufen.«
    »Dann übernachten Sie wohl wieder im Château?«
    Victorine lachte gespielt auf. »Um den Journalisten vor die Kameras zu laufen? Ganz sicher nicht. Wir haben eine Wohnung in der Nähe gemietet. Sie verzeihen, wenn ich Ihnen nicht sage, wo.« Sie warf Zadira einen kühlen Blick

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