Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
Ausatmen.
Dabei hatte er alles so gut vorbereitet. Wie immer. Das Dreckstück von Katze hatte sich gewehrt, aber natürlich nichts gegen seine Lederhandschuhe ausrichten können.
Die beste Art, diese kleinen Teufel zu töten, war, sie ins Wasser zu tauchen. Und ihnen dann, kurz bevor die satanische Kraft in ihrer fleischlichen Hülle begriff, dass sie erneut verloren hatte, noch einmal in die Augen zu schauen.
Aber erst hatte dieser drogensüchtige Teenager ihn um diesen Moment betrogen. Was hatte der um diese Zeit überhaupt noch auf der Straße zu suchen? Und dann das schwarze Biest. Eine Katze, die eine andere Katze rettete.
Nie zuvor hatte er sich so gedemütigt gefühlt. Was in dieser Nacht passiert war, widersprach allem, was er bisher über diese widerlichen Schleicher zu wissen geglaubt hatte. Widersprach allem, wofür er lebte. Und kämpfte. Und litt. Es war ein … Verrat!
Augenblicklich begannen die Flügel des schlafenden Engels zu zucken. Mattia zwang sich, seinen Atem zu kontrollieren. Ein. Aus. Ein! Aus!
Lysanne war die Erste gewesen. Damals, als er noch nichts von seinem schlafenden Engel wusste. Fast hätte er aufgelacht, als ihm der Gedanke kam, dass Lysanne den Engel womöglich erweckt hatte. Nein. Nicht Lysanne. War es nicht …
Als das Gesicht seiner ersten Geliebten aus den Tiefen seiner Erinnerung auftauchte, hätte das Beben, das die Bilder begleitete, beinah die Maske durchbrochen, die er der Welt zeigte.
Doch. Lysanne, das braun gestreifte Miststück, hatte sich zwischen ihn und seine Geliebte gedrängt. Wie sie ihn immer angeschaut hatte. So wissend. So tückisch. So abgründig schlecht.
Nein, es war nicht wegen seines Vaters gewesen, diesem religiösen Narren, dass Mattia Katzen hasste. Sie seien des Teufels, hatte der Alte zwischen seinen inbrünstigen Gebeten geschimpft. Und zwischen den Schlägen, die er dem Jungen verpasste. Die Seelen sündiger Frauen würden im Traum in die Körper der Tiere schlüpfen, um sich wollüstig mit dem Teufel zu paaren. Ha! Lächerlich. Aber es stimmte, dass Frauen Katzen verfielen. Katzen konnten die ganze Aufmerksamkeit einer Frau auf sich ziehen. Ihre Liebe rauben. Sie ihm wegnehmen.
Darum tötete er sie.
Aber das Miststück gestern Abend war aus der Regentonne entkommen. Mit Hilfe einer anderen Katze!
Mattia erbebte innerlich bei dem Gedanken, was das für ihn bedeuten könnte. Für ihn und den Engel.
Die Flügel zuckten. Augen bewegten sich unter geschlossenen Lidern.
Nein, es war kein schlechtes Omen. Dennoch gab es nur einen Weg, diesen Makel, diesen Bruch des Rituals zu beseitigen. Leider würde er sich der Katze, die er beinahe besiegt hätte, nicht mehr so leicht nähern können. Doch es gab ja noch die andere. Mager, hungrig und schwarz.
Die Farbe des Teufels.
Er musste sie finden.
6
H immel oder Hölle?
War er im Katzenparadies? Oder in einem riesengroßen Schlamassel?
Während der Wanderer nach einem unruhigen, viel zu kurzen Schlaf nun die düstere, von Efeu überwucherte Hauswand mit der Fenstertür vor sich musterte, dachte er daran, wie verheißungsvoll ihm diese Stadt gestern Abend noch vorgekommen war. Ein Refugium für Katzen. Ohne Hunde, ohne Autos, ohne geschlossene Türen. Ein Ort, den es eigentlich gar nicht geben konnte.
Nun hatte er zwar die unbekannte Kätzin gerettet, sich dafür aber ein übel zugerichtetes Ohr eingehandelt. Aber er hatte es tun müssen, ohne Rücksicht auf seine Erschöpfung.
Nach der Begegnung mit der Kätzin – er beschloss, es nicht mehr »Rettung« zu nennen – hatte er am vorherigen Abend zunächst den Häuserhügel erforscht. Auf wackeligen Beinen, mit seinen letzten Reserven. Er brauchte dringend einen sicheren Platz, an den er sich verkriechen konnte.
Überall zwischen den Häusern hatte er von Mauern oder Holzlatten umfriedete Höfe mit Gärten entdeckt. Sie alle waren markiert; jeder Innenhof trug den Geruchsstempel einer anderen Katze. In keinem würde er sich niederlassen können, ohne Ärger mit seinem jeweiligen »Besitzer« zu bekommen. Ohnehin rechnete der Wanderer mit Ärger. Es war vorhersehbar, dass er irgendwann dem stärksten Tier des Reviers gegenüberstehen würde; das war Gesetz, Pflicht und Versprechen in einem. Er hoffte allerdings inständig, dass es nicht schon diese Nacht der Fall wäre.
Er witterte. Es war Katzenzeit, die Sterne winkten. Wo waren sie denn alle? Das war mehr als seltsam. Manchmal fühlte er zwar eine blitzschnelle Bewegung, die seine
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