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Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Bagnol
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dass sie gar nicht bemerkt hatte, dass er in die Wäscherei gekommen war. Rasch schlüpfte sie an ihm vorbei, bevor er sie gegen das Becken drücken konnte.
    Julie verfluchte sich dafür, dass sie dieses eine, dumme Mal mit Gustave geschlafen hatte! Ein böser Fehler, den vermutlich viele junge Aushilfen in einem teuren Hotel begingen, um sich nach oben zu kämpfen. Gustave war ein geübter Oberkellner – aber ein lausiger Liebhaber. Jedenfalls hatte sie ihm danach ihre Gunst verweigert, was Gustave ihr seither nicht verzieh. Er nutzte jede Gelegenheit, um Julie zu beleidigen oder sie zu einer Wiederholung dieser Zusammenkunft zu bewegen. Zum Beispiel indem er, nur mit einem Handtuch um die Hüften, in die Personalduschen getrampelt kam, während Julie gerade unter der Dusche stand.
    Froh, Gustave auch dieses Mal wieder entkommen zu sein, eilte sie hinauf in das rot-weiß gekachelte Jugendstil-Foyer, wo sie André Ugo auf sich zukommen sah. Jetzt, dachte Julie. Jetzt wirft er mich raus!
    »Warum hast du so lang in den Gartensuiten gebraucht?«, herrschte sie der Manager leise an. »In einer halben Stunde trifft eine Delegation deutscher Gourmetjournalisten ein. Sieh zu, dass im ersten Stockwerk die Decken stramm liegen und keine Haare im Abfluss sind. Los, los jetzt. Und heute Abend hilfst du im Restaurant.«
    »Ja, Monsieur«, flüsterte sie brav, erleichtert, dass ihre Befürchtung nicht eingetreten war.
    »Hast du schon gegessen?«, fragte er und zupfte ungeduldig eine Fluse von ihrer gestärkten Hausmädchenuniform fort.
    Julie schüttelte den Kopf.
    »Lass dir was von Frédéric zurückstellen. Und dann mach die Zimmer für die Deutschen schön. Hol auch frische Blumen. Los jetzt!«
    Julie straffte sich, als sie an den Warmhaltetresen der Küche trat. Dort traf sie auf das nächste Problem in Gestalt von Dédé, dem Hilfskoch. Ihm fiel prompt das Messer aus der Hand, als er sie erblickte. Dann errötete er bis unter die hellblonden, stoppeligen Haare. Dédé Horloge errötete immer, wenn er sie sah.
    »Mensch, Semmel, das ist japanischer Stahl!«, herrschte Chefkoch Frédéric seinen jungen Azubi an. Sie waren bereits mit den Vorbereitungen für das Sieben-Gänge-Menü für die Gourmetjournalisten beschäftigt. Da war ein tollpatschiger, weil verliebter Hilfskoch das Letzte, was Frédéric gebrauchen konnte.
    Julie seufzte innerlich. Sie mochte Dédé. Aber sie würde niemals mit ihm schlafen. Weil er lächerlich aussah mit seiner schlaksigen Figur, der großen Nase und den abstehenden Ohren. Und weil er ein Nichts war, genau wie sie, ein Bauernlümmel aus den Lure-Bergen.
    »Ich … ich hab dir dein Lieblingsessen gemacht. Ratatouille, aber nur mit rotem Gemüse«, stammelte er.
    Woher er das nun wieder wusste? Sie konnte gelbe Paprika und grüne Zucchini tatsächlich nicht ausstehen.
    »Was? Das ist ja widerlich«, behauptete Julie trotzdem. Und genoss es auf eine merkwürdige Weise, dass Dédé sich bei ihren Worten krümmte, als würde er Prügel beziehen. Schon eine Sekunde später tat er ihr furchtbar leid. Vor allem als sie bemerkte, dass Frédéric sie mit einem missbilligenden Kopfschütteln bedachte.
    »Schon gut, Milchsemmel«, meinte sie sanfter. »War nur ein Witz.«
    »Dédé! Hast du die Melonen vorbereitet?«, rief der Chefkoch, als Julie davoneilte.
    Während sie die Zimmer im ersten und zweiten Stock mit routinierter Geschwindigkeit herrichtete, fand sie ihre Ruhe wieder. Sie war ein gutes Zimmermädchen, das wusste sie. Und es verschaffte ihr Befriedigung, die herrschaftlich eingerichteten Räume perfekt und harmonisch zurechtzumachen. Es war diese Arbeit, bei der ihre anfangs diffusen Träume eine bestimmte Richtung genommen hatten.
    Jedes der Zimmer im Château hatte seine eigene Note. Und alle entzündeten Julies Phantasien. Ein kleiner Schauer der Freude und Angst durchlief ihren Körper, als sie begriff, dass Monsieur Alexandre eine neue, nicht unwesentliche Rolle dabei spielte. Sie ahnte, dass er der Schlüssel zu jener verborgenen Tür in ihr war, durch die sie dringender denn je gehen wollte.
    Julie beschloss, ihm das Hemd eigenhändig zu bügeln. Und natürlich auch zu bringen.

5
    D er dunkle Engel war sehr zornig. Es kostete Mattia alle Kraft, ihn unter Kontrolle zu halten. Die große Inszenierung des Schmerzes und des Todes hatte einen Makel bekommen.
    Wellen maßloser Wut fluteten durch seine innere, verborgene Welt. Doch er durfte sich nichts anmerken lassen. Einatmen.

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