Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
bleiben, Kreise ziehen, kleine, feste Kreise …?
Jetzt trieb er sie mit Fragen vor sich her. »Wie viele Männer hatten Sie? Wie oft haben Sie ein Rendezvous mit Ihrer eigenen Hand? Haben Sie Lust, wo Sie wollen, mit wem Sie wollen?« Auf jede Beichte folgte eine Steigerung ihrer Lust, aber auch ihrer Ungeduld. Er verstärkte seine Liebkosung, nahm seine zweite Hand hinzu, blieb aber immer nur kurz an ihrem Sehnsuchtspunkt. Wenn sie glaubte, gleich von ihm erlöst zu werden, zog er sie jedoch wieder zurück. Peitschte Frage um Frage, und nur, wenn sie gehorsam war und die Wahrheit sagte, gab er ihr mehr. Mehr. Aber nie genug.
Irgendwann, als sie ihm schon mehr gestanden hatte als sich selbst und ihrem Beichtvater zusammen, als Julie es nicht einen Moment länger ertragen hätte, als sie nur noch hilflos gefangen war in all den ungekannten Gefühlen, war sie schließlich in César Alexandres Hand gekommen. Sie hatte die Eisenstäbe des Bettes umklammert, hatte sich wie rasend an seiner Hand gerieben und in das Kissen gebissen, als ihr Orgasmus in Wellen durch ihren Körper rollte. Ein Höhepunkt, der so breit, nass und heftig war, dass sie unmittelbar darauf in Tränen ausbrach. Wegen der Fülle an Emotionen und der jäh erwachenden Scham, dass sie sich diesem Mann kniend auf dem Bett hingegeben hatte.
Da passierte etwas noch viel Beängstigenderes.
Mit verschwommenem Blick nahm Julie wahr, wie César Alexandre seine schwarzen, ölig glänzenden Handschuhe auszog, und fühlte sich bei diesem Anblick noch mehr gedemütigt. Doch dann setzte er sich auf das Bett und zog sie an sich. Sie weinte hemmungslos im Schutz seiner Arme. Er sprach kein Wort, hielt sie nur fest, wiegte sie. Als sie ausgeweint hatte, hob César Alexandre Julies tränenfeuchtes Gesicht an, fuhr mit einem leichten Lächeln über ihre Wange, über die sich vermutlich eine Spur schwarzer, verlaufener Mascara zog.
»Wie schön Sie aussehen, wenn Sie ganz Sie selbst sind, Mademoiselle.«
Sie sehnte sich so sehr nach einem Kuss! Und sollte sie sich nicht revanchieren?
Als ihre Hand nach seinem Gürtel tastete, hielt er sie auf.
»Der Reiz liegt immer in dem, was man noch nicht hatte, Julie«, sagte er. »Wir werden alle Zeit der Welt haben, wenn Sie es wollen.« Er lächelte und flüsterte ihr dann ins Ohr:
»Und außerdem ist Ihre Lust auch meine Lust.«
Er biss sie sanft in den Hals, warm und voller Begehren.
Dann stand er auf und schenkte ihnen beiden aus der Minibar ein Glas Perrier ein. Sie wollte verlegen ihren Rock hinunterstreifen, doch er sagte beiläufig: »Nein. Lassen Sie ihn oben!«
Also schob sie ihn wieder hoch und entschied sich, als sie Césars aufmerksamen Blick bemerkte, auch die Beine nicht mehr zu schließen.
»Perfekt«, lobte er.
Während sie trank, fragte Alexandre Julie freundlich nach ihrer Familie.
»Sie sind bei einem Autounfall umgekommen, in Saumane. Ich habe keine Verwandten mehr.«
Dann nach dem Ort, aus dem sie kam. »Montbrun-les-Bains. Keine fünfhundert Einwohner, viele Schafe, Thermalbäder und eine Lavendelpresse. Es ist dort im Winter so einsam, dass man die Lure-Berge summen hört.«
Schließlich nach ihren Zukunftsplänen. »Ich wusste es mal«, sagte sie und schaute zu ihm auf. »Aber jetzt nicht mehr, Monsieur.«
Verstand er? Begriff er, um was sie ihn bat? Wusste sie überhaupt, was sie von ihm wollte? Eine Stimme in ihrem Inneren beantwortete die Frage mit einem schlichten: Mehr!
Monsieur Alexandre lächelte und machte ihr einen Vorschlag, der all die Fragen beantwortete, die Julie Roscoff, neunzehn Jahre alt, Aushilfskraft ohne Familie, an ihre Zukunft stellte.
Und da war sie nun, wieder zwischen zwei Schichten, und stand mit erhobener Hand vor einer Tür. Sie begriff, dass es kein Zurück mehr gab, und klopfte.
Victorine Hersant lächelte, als sie Julie öffnete.
»Ich habe Sie schon erwartet«, sagte sie und nahm das Mädchen bei der Hand.
Wenig später saßen die beiden Frauen nebeneinander auf einer mit hellen Polstern wattierten Liege, im Schatten des Sonnenschirms auf Madames Terrasse. Der Sonntagnachmittag war still, und die Hitze presste die Düfte aus den Bougainvilleen. Vor ihnen auf dem kleinen Tisch standen zwei Gläser mit eisgekühltem Champagner. Julie hatte noch nie zuvor Champagner getrunken.
»Julie – darf ich Julie und du sagen? –, es ist so: Es gibt die Tradition des Teilens in unseren Kreisen. Wir teilen mit jenen, die von Geburt an weniger besitzen, obgleich
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