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Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Bagnol
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undeutlich nahm er wahr, dass der große Kerl mit dem Geschrei aufhörte und auf ihn herabsah. Lange auf ihn herabsah. Wie lang, vermochte Commissaire Mazan nicht zu sagen, denn er hatte jegliches Zeitgefühl verloren.
    Als sich der Dicke endlich verzog, waren die anderen schon alle weg. Nur die Ingwerfarbene saß noch auf der Mauer und schenkte ihm das bittere Licht ihrer Sternenaugen. Schließlich verschwand auch sie. Er war allein.
    Drückend lag die Hitze über der Stadt, nur die unermüdlichen Grillen kratzten ihr Lied.
    Mühsam erhob er sich. Sofort knickte sein Bein unter ihm weg, und wieder glühte der Schmerz durch seinen Körper. Wenn er ganz vorsichtig auftrat, blieb es erträglich. Halb humpelte, halb schleppte er sich den restlichen Weg zum Kirchplatz hoch.
    Die Thunfischpasteten-Frau.
    Sie konnte ihm vielleicht helfen.
    Helfen? Ein Mensch?
    Aber, verdammt, er kannte hier doch sonst niemanden!
    Er schaffte es nicht über den Platz. Im Schatten eines knorrigen Baumes sank er erschöpft zusammen. Wenigstens hatte er von hier aus das Haus der Frau mit den Katzenaugen im Blick. Doch dort regte sich nichts. Er spürte, wie die Schwäche und der Schmerz ihn zu überwältigen drohten. Sein Blick verschwamm, die Konturen der Welt zerflossen. Doch er musste wach bleiben. Um es nicht zu verpassen, wenn die Frau kam. Er kniff die Augen zusammen, blinzelte. War da nicht eine Bewegung gewesen?
    Da bei ihrem Haus?
    Sie kommt.
    Ja, da kam jemand. Schnell. Sehr schnell.
    Wieder blinzelte er. Doch längst hatten seine anderen Sinne erfasst, was seine Augen nicht glauben wollten. Als er realisierte, dass das Riesenvieh, dem er schon am Tor seines Gartens begegnet war, japsend auf ihn zugerannt kam, sammelte sich die Verzweiflung mit dem Zorn des Gedemütigten in seinem Herzen. Er stemmte sich hoch, bereit, sein Leben teuer zu verkaufen. Doch vergebens. Kraftlos sackte er wieder zurück.
    Schon sah er das gewaltige Maul über sich, die langen gelben Reißer. Er legte die Ohren an, legte seine letzte Kraft in ein wütendes Fauchen, bevor …
    … eine riesengroße Zunge speicheltriefend über sein Gesicht leckte.

10
    S ie stand vor Suite 206 im Souterrain, die Hand, mit der sie leise an die Tür klopfen wollte, schon erhoben. Doch Julie zögerte, weil in diesem Moment Bilder des gestrigen Nachmittags in ihr aufstiegen. Und mit ihnen die unglaubliche Lust, die sie empfunden hatte. Und die abgrundtiefe Scham, die sie in den Stunden danach erfasst hatte.
    Am Samstagnachmittag hatte sie Monsieur Alexandre in ihrer Pause zwischen zwei Schichten sein Smokinghemd zurückgebracht. Als er es ihr mit einem kleinen Lächeln abnahm, hatte sie mit einem kleinen Augenaufschlag gefragt:
    »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Monsieur?«
    Die Art, wie er sie daraufhin mit seinem nachtschwarzen Blick anschaute, jagte ihr einen süßen Schrecken ein.
    »Wollen Sie das denn, Mademoiselle? Etwas für mich tun?«
    Sie nickte stumm, weil sie ihrer Stimme nicht mehr traute. Die Hände vor dem Körper verschränkt, versuchte sie, die wilden Gefühle, die in ihr aufstiegen, im Zaum zu halten. Was würde geschehen?
    Würde etwas geschehen?
    Monsieur wandte sich um, hängte das Hemd an den Schrank, streichelte kurz darüber – »hervorragend gebügelt, Julie, vielen Dank« – und suchte dann ihren Blick im Spiegel. Sie hatte auf seinen Rücken in dem glatten, schwarzen Poloshirt gestarrt. Als sie ihm nun im Spiegel in die Augen sah, fand sie dort etwas Kühles, Fragendes. Dann nickte er leicht, öffnete eine Schublade in dem mahagonifarben lackierten Schrank und zog zwei schwarze Lederhandschuhe hervor.
    » Bon. Wenn das so ist, Julie, tun Sie bitte, was ich Ihnen sage. Knien Sie sich auf das Bett. Beugen Sie sich nach vorn. Legen Sie eine Wange auf das Kissen. Schließen Sie die Augen, und vertrauen Sie mir. Es wird nichts geschehen, was Ihnen missfällt.«
    Ihr sackten fast die Knie weg. Er wollte sie nicht küssen, nicht erst streicheln, bevor er sie endgültig verführte. Er ging gleich tausend Schritte weiter. Benommen zögerte sie, zwei, drei Herzschläge lang. Dann nahm sie mit zittrigen Knien die Position ein, die er verlangte. Doch als sie sich vorbeugen wollte, wurde sie gewahr, dass ihr Rock dafür zu eng geschnitten war. Sie warf Monsieur Alexandre einen unsicheren Blick zu. Er zog leicht die Augenbraue hoch. Wird’s bald, schien er zu sagen.
    Sie richtete sich wieder auf und zog den Rocksaum über ihre Schenkel nach oben. Mit

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