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Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Bagnol
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Blick auf den Mont Ventoux. Und sehen Sie da unten? Wenn Sie da links abbiegen, kommen Sie zum U-Super und …«
    Während Madame Blanche ihm wortreich die nähere Umgebung von Mazan erklärte und Jules dabei auch gleich einige Details aus dem Leben seiner Einwohner lieferte, ließ er seinen Blick über die weite Landschaft schweifen, die sanften Hügel vor dem mächtigen Berg und den wilden Buschwald, maquis, der sie bedeckte. Zypressen, Weinhänge, Sonnenblumenfelder. Es war eine gute Landschaft für einen Neubeginn.
    Von hier aus konnte er auch den Absatz der Treppe einsehen, die außen an der Wand des Hauses in den oberen Stock hinaufführte. Dann fiel ihm die zweite Tür neben dem Eingang zu seiner neuen Wohnung wieder ein.
    »Und wer wohnt nebenan?«, unterbrach er Madame Blanches Redefluss.
    »Ach, unsere neue Polizistin.«
    »Eine Polizistin? Na, dann kann uns hier ja nichts mehr passieren«, sagte er schmunzelnd.
    »Sie sagen es, Monsieur Parceval. Und nun haben wir mit Ihnen also endlich wieder einen Tierarzt. Sagen Sie, woher wussten Sie denn, dass die Stelle in Mazan frei ist?«
    »So etwas erfährt man heute im Internet, Madame Blanche.«
    »Wirklich? Aber woher weiß denn das Internet, dass wir im kleinen Mazan einen Tierarzt brauchen?«
    »Die Anzeige war von einer Madame Roche aufgegeben.«
    » Naturellement, Éloise«, lachte Madame Blanche. »Sie ist unsere ehemalige Schuldirektorin. Die kennt sich mit so neuen Sachen aus. Aber was führt einen jungen Mann aus Paris in unser kleines Dorf? Vermissen Sie denn nicht die Aufregungen der Großstadt?«
    »Ganz bestimmt nicht, Madame Blanche«, grinste Jules. Das war wirklich das Letzte, was er vermissen würde. Er war all den Lärm, die Eitelkeiten, die Wichtigtuerei zuletzt so leid gewesen. Und natürlich die Enge der unsichtbaren Grenzen, die seine Herkunft ihm auferlegte. Jules hatte sich nicht nur gegen die Aufregungen der Großstadt entschieden, sondern auch – so sah er es zumindest – für die Freiheit in der unbekannten Provinz.
    Bevor Madame neugierig nachbohren konnte, fragte er: »Wann kann ich einziehen?«
    »Von mir aus sofort«, gab Madame Blanche zurück. »Wann kommen denn Ihre Möbel?«
    »Tja … meine Möbel, also ich habe nicht so viele Möbel, wissen Sie«, antwortete er verlegen. »Ich wollte die Gelegenheit nutzen, mich neu einzurichten.«
    »Soso«, machte Madame Blanche und musterte ihn mit einem Blick, den er von seinen Erbtanten kannte: misstrauisch prüfend. Jules konnte regelrecht sehen, wie es hinter Madame Blanches Stirn arbeitete: neue Möbel, ja, klar. Wahrscheinlich von einer Frau vor die Tür gesetzt worden, eine teure Scheidung, Anwälte, Klagen, Gericht, wenig Geld, Flucht aus Paris …
    »Und Sie haben auch nichts dagegen«, wechselte Jules rasch das Thema, »dass ich einen Hund habe?«
    »Aber nein«, beruhigte ihn Madame Blanche, »Atos ist so ein liebes Tier. Wo ist er eigentlich?« Sie schaute sich um.
    »Ich glaube, er erkundet die Wohnung.« Jules schaute ins Wohnzimmer. Nichts zu sehen. Als er auch im Schlafzimmer und in der Kleiderkammer keinen Atos entdeckte, stöhnte er auf. » Zut alors, jetzt ist dieser dumme Kerl schon wieder abgehauen.« Er eilte in den Flur. Die Tür zur Wohnung stand offen. Bereits im Rauslaufen rief er Madame Blanche zu: »Ich nehme die Wohnung, aber jetzt muss ich erst meinen Hund suchen.«
    »Das ist aber schlecht, wenn er frei herumläuft«, meinte seine neue Vermieterin besorgt. »Wir haben hier viele Katzen in der Stadt.«
    »Keine Sorge, Atos tut keiner Katze etwas zuleide.«
    Jules sprang schon die Stufen hinab, als Madame Blanche ihm nachrief: »Um die Katzen mache ich mir auch keine Sorgen!«
    Jules spähte die Gasse hinunter, die zur Hauptstraße führte. Hoffentlich war Atos nicht dorthin gelaufen. Dass Autos gefährlich sein konnten, hatte sein Hund nie kapiert. Überhaupt war Atos nicht gerade einer der Hellsten, aber Jules liebte ihn trotzdem.
    Schon erwartete er, Hupen und quietschende Reifen zu hören, und wollte sich gerade in Bewegung setzen, als er Atos’ typisches, freudiges Spiel-mit-mir-Gebell vom Kirchplatz her vernahm. Jules eilte um die Hausecke und entdeckte Atos unter dem knorrigen Baum auf der anderen Seite des Platzes. Dort führte er ein komisches Theater auf. Er lag flach und heftig schwanzwedelnd auf dem Bauch, die Schnauze vorgestreckt, und bellte auffordernd. Dann sprang er auf, hüpfte ein paarmal aufgeregt herum und wiederholte die

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