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Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Commissaire Mazan und die Erben des Marquis: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Bagnol
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Champagner. Sie betrachtete die Austernschalen auf der Silberplatte. Ein gediegenes Diner. Fünf Gedecke.
    In einer Ecke des Raumes entdeckte sie eine blutrote, teure Designerrobe, nachlässig hingeworfen. Julies Größe.
    Zadira hörte von draußen das Geräusch eines Wagens, der in der engen Gasse anhielt. Als sie durch die Doppeltür in den Garten trat, schritten gerade drei Männer und eine Frau nacheinander durch das Tor. In der Gasse, hinter einem zweiten, größeren Wagen, zogen sich die Kriminaltechniker gerade ihre weißen Overalls über. Diesem Team war sie noch nicht begegnet, aber die drei Typen kannte sie: Commissaire Minotte und seine beiden Gefühlskrüppel. Der Hagere mit der Unterlippe wie eine Teekannentülle, der so gern nackte Mädchenleichen fotografierte, und sein Kumpel mit dem roten Salaminacken.
    Ach ja, und die Staatsanwältin, Sophia Lafrage.
    Die Frau wirkte, als käme sie direkt aus einem klimatisierten Büro. Das weiße Haar zu einem perfekten Bananenknoten zusammengefasst, ein knielanger Bleistiftrock, hohe schwarze Pumps, eine weiße Seidenbluse und eine schmale schwarze Prada-Tasche unterm Arm. Sie hob den Blick in Richtung Zadira. Ein kurzes Nicken zur Begrüßung, mehr nicht.
    »Wer übernimmt?«, fragte Lafrage kühl.
    »Ich«, sagte Zadira bestimmt.
    Minotte zog seine gezupfte Augenbraue hoch. »Sie haben hier kein Team, Matéo«, wandte er ein.
    Das stimmt leider. Ich habe kein eigenes Team mehr.
    In diesem Moment wandte sich der Hagere, der in Aubignan das tote Mädchen fotografiert hatte, an Lucien Brell, der sich gerade etwas mühsam nach seiner Brechstange bückte.
    »Hey, Obelix«, rief er, »gibt es keinen weißen Spielanzug in deiner Größe?«
    Brell erstarrte mitten in der Bewegung.
    Die beiden von der Crim lachten. Brell wurde knallrot.
    Minotte, der mit keinem Wort auf die Bemerkungen seiner Männer einging, meinte: »Ich lasse Ihnen meine beiden besten Brigadiers als Verstärkung vor Ort, Matéo, und …«
    »Das ist nicht nötig«, unterbrach ihn Zadira. »Ich habe bereits einen Partner.«
    »Ach ja?« Minottes hübsches Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. »Und wen, bitte sehr?«
    »Sergeant Brell!«, rief Zadira.
    Mit hochrotem Gesicht kam der Gendarm näher.
    »Lieutenant Matéo?«
    Zadira wandte sich an Minotte. »Sergeant Brell ist mein Partner bei allem, was in Mazan passiert«, erklärte sie kühl. »Niemand kennt die Stadt und ihre Einwohner so gut wie er.« Nach einer kleinen Pause fügte sie hinzu: »Interdisziplinäre Ermittlungen sollten doch wohl kein Problem darstellen.«
    Minotte musterte sie nachdenklich.
    Na, überlegst du dir gerade, ob das deiner Karriere helfen oder schaden könnte?
    Sophia Lafrage war dieses Kompetenzgerangel anscheinend leid.
    »Gut, dann wäre das also geklärt«, erklärte sie kurzerhand. »Lieutenant Matéo übernimmt den Fall als leitende Ermittlerin vor Ort. Ich erwarte Sie heute Nachmittag in meinem Büro, Lieutenant, für den Erstbericht.«
    »Na super«, murmelte der Hagere. »Burka-Betty und Obelix. Was für ein Dream-Team.«
    Minotte zuckte nur mit den Achseln. Zadira war klar, dass ihn diese Entscheidung von allen kommenden Ermittlungsfehlern reinwaschen würde. Er zückte sein Telefon, wählte eine Nummer und verließ mit dem Handy am Ohr den Garten.
    Lafrage verabschiedete sich daraufhin wieder nur mit einem Nicken von Zadira und wandte sich zum Gehen. Kurz bevor sie durch das Tor schritt, blieb sie jedoch stehen und rief so laut über ihre Schulter zurück, dass es alle Polizisten und PTS-Techniker mitbekamen: »Ach, noch eins, Lieutenant, tragen Sie endlich mal Ihre Uniform.«
    Sprach’s und stöckelte im Stechschritt davon. Was einer Erste-Klasse-Ohrfeige gleichkam, nur ohne Hautkontakt.
    Zadira betrachtete Minottes feixende Handlanger von oben bis unten.
    »Wirklich erstaunlich«, sagte sie dann, »dass sich Dummheit so deutlich in Gesichtern abzeichnen kann.«
    Die beiden glotzten sie verständnislos an. Nur sehr langsam ging an ihrem beschränkten Horizont die Sonne auf.
    »Schönen Tag noch, Kollegen«, sagte sie. »Ihr habt die Erlaubnis, euch zu verpissen.«

    Die tote Julie wurde von allen Seiten fotografiert. Schon kamen die Techniker mit der Bahre. Gleich würde man sie vom Ort ihres Martyriums fortbringen.
    »Einen Moment«, sagte Zadira. »Ich will noch …«
    Sie holte das Beutelchen aus ihrer Hosentasche hervor, beugte sich zu Julies Ohr hinab und flüsterte: »Schəma jisrael adonai elohenu

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