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Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Titel: Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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erlöst. Commissario, Sie wissen das doch besser als ich: Wenn einem nicht auf die Sprünge geholfen wird, kommt man nie zu was.«
    Pino sprach nun in starkem sizilianischen Dialekt, wie um seinem Unmut endlich Luft zu machen. »Erkläre mir mal das Wichtigste: Warum hast du dieses Gespräch aufgeschrieben? Wolltest du es benutzen, um ihn zu erpressen?«
    »Wie denn? Mit Worten? Worte sind Luft, nichts anderes.«
    »Weswegen dann?«
    »Wenn Sie mir glauben wollen, dann glauben Sie mir, wenn nicht, ist es mir auch egal. Ich habe dieses Telefongespräch aufgeschrieben, weil ich es mir Wort für Wort durch den Kopf gehen lassen wollte. Es klang einfach nicht gut - jedenfalls nicht für das Ohr eines Theaterschauspielers.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Nehmen wir mal an, daß das, was hier geschrieben steht, aufgeführt werden soll, klar? Also, ich spiele den Pino, rufe, in dem Stück, früh morgens Rizzo an, um ihm zu sagen, daß ich den Mann tot aufgefunden habe, dessen Sekretär, ergebener Freund, Parteigenosse er ist. Ja, jemand, der mehr noch als ein Bruder für ihn ist. Und Rizzo bleibt in seiner Rolle kalt wie eine Hundeschnauze, regt sich nicht auf, fragt nicht, wo ich ihn gefunden habe, wie er gestorben ist, ob sie ihn erschossen haben, ob es ein Autounfall war. Nichts, rein gar nichts, er fragt lediglich, warum ich die Geschichte ausgerechnet ihm erzähle. Finden Sie etwa, das klingt gut?«
    »Nein. Sprich weiter!«
    »Er wundert sich nicht im geringsten, das ist es. Im Gegenteil, er versucht, zwischen sich und dem Toten eine gewisse Distanz zu schaffen, als handle es sich um eine Zufallsbekanntschaft. Er ermahnt uns, unsere Pflicht zu tun, soll heißen, die Polizei zu verständigen. Und legt wieder auf. Nein, Commissario, das ist ein völlig verqueres Stück, das Publikum würde sich totlachen, das klingt nicht gut.«
    Montalbano verabschiedete Pino, behielt aber das Blatt Papier. Als der Müllmann wegging, las er es noch einmal. Es klang gut, und wie. Es klang wunderbar, wenn in Pinos hypothetischem Theaterstück, das so hypothetisch gar nicht war, Rizzo bereits vor dem Telefonat wußte, wo und wie Luparello gestorben war, und darauf brannte, daß die Leiche möglichst bald entdeckt wurde.
    Jacomuzzi blickte Montalbano verdutzt an. Der Commissario stand herausgeputzt vor ihm, dunkelblauer Anzug, weißes Hemd, bordeauxfarbene Krawatte, schwarze, auf Hochglanz polierte Schuhe. »Jesus Maria! Heiratest du?«
    »Seid ihr mit Luparellos Wagen fertig? Was habt ihr gefunden?«
    »Innen nichts Wichtiges. Aber…«
    »… die Stoßdämpfer waren kaputt.«
    »Woher weißt du denn das?«
    »Das hat mir mein sechster Sinn verraten. Hör mal zu, Jacomuzzi.«
    Er zog die Halskette aus der Jackentasche, warf sie auf den Tisch. Jacomuzzi griff danach, betrachtete sie eingehend, machte ein erstauntes Gesicht. »Die ist ja echt! Die ist mehrere Dutzend Millionen Lire wert! Ist sie gestohlen?«
    »Nein, die hat einer an der Mànnara auf dem Boden gefunden und mir später übergeben.«
    »An der Mànnara? Und wer soll die Nutte sein, die sich ein solches Schmuckstück leisten kann? Willst du mich auf den Arm nehmen?«
    »Du müßtest es mal genau unter die Lupe nehmen, fotografieren, kurzum, deine übliche Arbeit verrichten. Schick mir die Ergebnisse, sobald du kannst.«
    Das Telefon läutete, Jacomuzzi nahm ab und reichte dann den Hörer an seinen Kollegen weiter. »Wer ist da?«
    »Fazio hier, Dottore, kommen Sie sofort in die Stadt zurück, hier ist die Hölle los.«
    »Erzähl.«
    »Der Lehrer Contino schießt wild um sich, und zwar auf Menschen.«
    »Was soll das heißen, schießt?«
    »Schießen, schießen. Er hat zwei Schüsse von seiner Terrasse abgefeuert, auf die Leute, die unten in der Bar saßen, und dabei Dinge gerufen, die niemand verstanden hat. Einen dritten Schuß hat er auf mich abgegeben, als ich gerade durch die Haustür treten wollte, um nachzusehen, was da vor sich geht.«
    »Hat er jemanden umgebracht?«
    »Nein, er hat nur einem gewissen De Francesco einen Streifschuß am Arm verpaßt.«
    »In Ordnung, ich komme sofort.«
    Während Montalbano in halsbrecherischem Tempo die zehn Kilometer zurücklegte, die er von Vigàta entfernt war, dachte er an den Lehrer Contino, den er nicht nur kannte, sondern mit dem ihn auch ein Geheimnis verband.
    Sechs Monate zuvor hatte der Commissario einen Spaziergang die östliche Mole entlang bis zum Leuchtturm gemacht, wie er es zwei- oder dreimal wöchentlich zu tun

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