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Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Titel: Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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wohlgeordnet und dicht aneinandergereiht in riesigen Regalen. Ein großer Schreibtisch in einer Ecke und in der gegenüberliegenden eine Polstergarnitur von schlichter Eleganz, ein Tischchen, zwei Sessel. An den Wänden hingen nur fünf Gemälde. Montalbano erkannte die Künstler auf den ersten Blick. Ein Bauer von Guttuso aus den vierziger Jahren, eine Landschaft aus Latium von Melli, eine Demolizione von Mafai, zwei Ruderer auf dem Tiber von Donghi, eine Badende von Fausto Pirandello - ein erlesener Geschmack, eine Auswahl, die von seltener Kennerschaft zeugte. Die Tür ging auf, und es erschien ein junger Mann um die Dreißig, schwarze Krawatte, sehr offener Gesichtsausdruck, eine elegante Erscheinung.
    »Ich bin derjenige, der Sie angerufen hat. Danke, daß Sie gekommen sind. Mama war es wirklich sehr wichtig, Sie zu treffen. Entschuldigen Sie bitte all die Unannehmlichkeiten, die ich Ihnen bereitet habe.«
    Er sprach ohne jeden Akzent.
    »Aber ich bitte Sie, das ist doch nicht der Rede wert. Mir ist nur nicht ganz klar, auf welche Weise ich Ihrer Mutter nützlich sein könnte.«
    »Das habe ich Mama auch schon gesagt, aber sie hat darauf bestanden. Und sie hat mir nichts über die Gründe verraten, derentwegen wir Sie herbemühen sollten.«
    Er betrachtete eingehend die Fingerspitzen seiner rechten Hand, als sähe er sie zum ersten Mal. Dann räusperte er sich leicht.
    »Haben Sie bitte Verständnis, Commissario.«
    »Ich verstehe nicht ganz.«
    »Haben Sie bitte Verständnis für Mama, sie hat sehr gelitten.«
    Er hatte sich schon zum Gehen gewandt, als er plötzlich stehenblieb.
    »Ach, Commissario, ich will es Ihnen vorneweg sagen, damit Sie nicht in eine peinliche Situation geraten. Mama weiß, wie und wo Papà gestorben ist. Wie sie das erfahren hat, ist mir allerdings ein Rätsel. Sie wußte es bereits zwei Stunden nachdem man ihn gefunden hatte. Bitte entschuldigen Sie mich.«
    Montalbano fühlte sich erleichtert. Wenn die Witwe bereits alles wußte, war er nicht gezwungen, ihr irgendwelche Märchen aufzutischen, um die schändlichen Todesumstände zu verbergen. Er ging zurück, um den Anblick der Gemälde zu genießen. Bei sich zu Hause in Vigàta hatte er nur Zeichnungen und Stiche von Carmassi, Attardi, Guida, Cordio und Angelo Canevari hängen. Er hatte sie sich hart von seinem kärglichen Gehalt abgespart, mehr war nicht drin, ein Ölbild von der Qualität dieser Bilder hier würde er sich niemals leisten können. »Gefallen sie Ihnen?«
    Mit einem Ruck drehte er sich um, er hatte die Signora nicht hereinkommen hören. Eine Frau mittlerer Größe, um die Fünfzig, entschlossene Miene. Die feinen Fältchen, die ihr Gesicht spinnennetzartig überzogen, konnten der Schönheit der Züge noch nichts anhaben, vielmehr hoben sie den Glanz ihrer stechend grünen Augen hervor.
    »Nehmen Sie doch bitte Platz.«
    Sie wandte sich zum Sofa und setzte sich, während der Commissario sich in einem Sessel niederließ. »Schöne Bilder, nicht wahr? Ich verstehe zwar nichts von Malerei, aber sie gefallen mir. Es müßten um die dreißig im ganzen Haus sein. Mein Mann hat sie gekauft, die Malerei ist mein heimliches Laster, pflegte er gerne zu sagen. Leider war es nicht das einzige.«
    Das fängt ja gut an, dachte Montalbano und fragte: »Fühlen Sie sich besser, Signora?«
    »Besser im Vergleich zu wann?«
    Der Commissario fing an zu stammeln, er hatte das Gefühl, einer Lehrerin gegenüberzustehen, die ihm Prüfungsfragen stellte.
    »Hm, ja… ich weiß nicht, im Vergleich zu heute morgen… Ich habe gehört, daß Sie in der Kathedrale von einem plötzlichen Unwohlsein befallen wurden.«
    »Unwohlsein? Mir ging es gut, soweit es die Umstände zuließen. Nein, mein Lieber, ich habe nur so getan, als wäre ich ohnmächtig geworden. Darin bin ich geschickt. In Wirklichkeit war mir ein Gedanke gekommen. Wenn nun ein Terrorist, dachte ich mir, die Kirche in die Luft sprengen würde, mit uns allen, dann würde mit uns wenigstens ein gutes Zehntel der über die Welt verteilten Heuchelei ausgelöscht. Und so habe ich mich hinaustragen lassen.«
    Montalbano wußte nicht, was er sagen sollte. Er war von der Ehrlichkeit der Frau beeindruckt und wartete, daß sie das Gespräch wieder aufnehmen würde. »Als mir jemand erklärte, wo mein Mann gefunden worden war, habe ich den Polizeipräsidenten angerufen und ihn gefragt, wer die Ermittlungen führe, beziehungsweise ob überhaupt Ermittlungen eingeleitet worden seien. Der

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