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Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Titel: Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Polizeipräsident hat mir Ihren Namen genannt und hinzugefügt, Sie seien ein anständiger Mensch. Ich war etwas skeptisch. Gibt es denn überhaupt noch anständige Menschen? Und deswegen habe ich Sie anrufen lassen.«
    »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll, Signora.«
    »Wir sind nicht hier, um Komplimente auszutauschen. Ich möchte Ihre Zeit nicht vergeuden. Sind Sie hundertprozentig sicher, daß es sich nicht um Mord handelt?«
    »Mehr als sicher.«
    »Ja, und worin besteht dann Ihre Unsicherheit?«
    »Unsicherheit?«
    »Ja, natürlich, mein Lieber, Sie müssen sich doch irgendwie unsicher sein. Sonst gäbe es doch keinen Grund für Ihre Weigerung, die Ermittlungen abzuschließen.«
    »Signora, ich will ehrlich zu Ihnen sein. Es handelt sich lediglich um ein Gefühl. Ein Gefühl, das ich mir eigentlich nicht erlauben dürfte. Meine Pflicht wäre, da es sich um einen natürlichen Tod handelt, in der Tat eine ganz andere. Wenn Sie mir nichts Neues sagen können, werde ich noch heute abend dem Staatsanwalt…«
    »Aber ich habe etwas Neues für Sie.«
    Montalbano verstummte.
    »Ich weiß nicht, welcherart Ihr Gefühl ist«, fuhr die Signora fort, »aber ich werde Ihnen meines schildern. Silvio war sicherlich ein umsichtiger und ehrgeiziger Mann. Wenn er über viele Jahre hinweg im Hintergrund stand, dann verfolgte er damit eine konkrete Absicht, nämlich im richtigen Moment auf der Bildfläche zu erscheinen und dort zu bleiben. Können Sie sich nun vorstellen, daß dieser Mann, nachdem er all die Zeit und Energie investiert hat und am Ende sein Ziel erreicht hat, sich eines schönen Abends in Begleitung einer Frau üblen Rufes an einen zwielichtigen Ort begibt, wo ihn jedermann erkennen und dann erpressen könnte?«
    »Signora, genau dies ist einer der Punkte, die mich so sehr verwundert haben.«
    »Möchten Sie sich noch weiter wundern? Ich habe »Frau von üblem Ruf« gesagt, damit aber weder eine Prostituierte gemeint noch eine Frau, die sich sonstwie gewerbemäßig zur Verfügung stellt. Mir fehlen die richtigen Worte. Ich sage Ihnen etwas: Kurz nach unserer Heirat vertraute Silvio mir an, daß er niemals in seinem Leben zu einer Prostituierten gegangen sei. Ja, er ist noch nicht einmal in einem Bordell gewesen, als es sie noch gab. Irgend etwas hemmte ihn. Folglich stellt sich doch die Frage, was für eine Frau es gewesen sein mag, die ihn zu jenem Abenteuer überredet hat, zumal an diesem fürchterlichen Ort.«
    Auch Montalbano war noch nie zu einer Hure gegangen. Er hoffte, daß die neuen Enthüllungen über Luparello nicht noch weitere Gemeinsamkeiten zwischen ihm und einem Mann aufdeckten, mit dem er nicht das Brot hätte teilen wollen.
    »Sehen Sie, mein Mann hat sich seinen Lastern sehr wohl hingegeben, aber niemals hat die Selbstzerstörung, die Begeisterung für das Niedrige, wie ein französischer Schriftsteller sagte, eine Versuchung für ihn dargestellt. Seine Liebschaften lebte er diskret in einer kleinen Villa aus, die er sich an der Spitze des Capo Massaria unter falschem Namen hat bauen lassen. Das habe ich, wie üblich, von einer wohlmeinenden Freundin erfahren.«
    Sie erhob sich, um zum Schreibtisch zu gehen, wo sie sich an einer Schublade zu schaffen machte. Mit einem großen gelben Couvert, einem Metallring, an dem zwei Schlüssel baumelten, und einer Lupe kehrte sie wieder an ihren Platz zurück. Sie reichte dem Commissario die Schlüssel.
    »Übrigens, was Schlüssel anbelangt, war er regelrecht besessen. Er hatte sie alle doppelt. Einen Schlüsselbund bewahrte er in dieser Schublade auf, den anderen trug er immer bei sich. Nun gut, letzteren hat man nicht gefunden.«
    »Waren die Schlüssel denn nicht in den Hosentaschen Ihres Mannes?«
    »Nein. Und auch nicht im Ingenieurbüro. Und ebensowenig hat man sie in seinem anderen Büro gefunden, dem, wie soll ich sagen, politischen. Verschwunden, in Luft aufgelöst.«
    »Möglicherweise hat er sie unterwegs verloren. Es ist nicht gesagt, daß sie ihm gestohlen wurden.«
    »Das halte ich für unwahrscheinlich. Sehen Sie, mein Mann hatte insgesamt sechs Schlüsselbunde. Einen für dieses Haus, einen für das Haus auf dem Land, einen fürs Büro, einen für die Firma, einen für die kleine Villa am Capo Massaria. Er bewahrte sie alle im Handschuhfach des Autos auf und nahm dann jeweils den Bund heraus, den er brauchte.«
    »Und im Auto sind sie nicht gefunden worden?«
    »Nein. Ich habe Anweisung gegeben, alle Türschlösser auszuwechseln.

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